Freiheit für Cyador
nachdenkt, dass die hohen Offiziere – Maran und nun Meylyd – ihn zwingen, zwischen seinem eigenen Leben und dem seiner Männer zu wählen. Würde er jedoch aufgeben oder sich töten lassen, würde sich auch nicht viel daran ändern.
Vielleicht nicht, aber trotz alledem ist er weiterhin entschlossen, seinen Träumen zu folgen.
Er schiebt diesen Gedanken beiseite und verdrängt auch den Wunsch, das Chaos-Glas zu benutzen, um Meylyd zu beobachten. Wenn Meylyd es spüren kann, wird das noch mehr Probleme mit sich bringen, und Lorn sieht keinen Nutzen darin, das Glas für solche Zwecke zu missbrauchen.
Im Augenblick wenigstens.
LIII
D er Frühling hat Einzug gehalten in Cyad und die grünweißen Markisen beschatten die Straßen südlich des Lichtpalastes unter dem klaren, grünblauen Himmel. Der Zweite Magier und der Hauptmann-Kommandant der Spiegellanzenkämpfer stehen auf einem der kleineren Westbalkone des Palastes.
Kharl blickt hinunter zum Hafen, wo Gerüste zwei weiße Feuerschiffe einkleiden, die an einer bewachten weißen Steinpier vertäut liegen.
Luss blickt auf die zwei Schiffe und dann zu Kharl. »Die Dinge stehen nicht allzu günstig für das Viertel in diesen Tagen.«
»Und für die Lanzenkämpfer auch nicht. Eure Verluste im Norden steigen, genauso bei den Kompanien, die entlang der Sperrenmauer am Verwunschenen Wald stationiert sind.« Kharls grüne Augen schimmern mit einem Hauch von Chaos-Gold. »Und … Maran ist tot.«
»Spiegellanzenkämpfer kommen nun einmal bei der Erfüllung ihrer Pflichten um«, meint Luss. »Wir glauben weiterhin an die Pflicht, was Euch auch bekannt ist.«
»Ihr wart derjenige, der Interesse an Major Maran bekundet hat, wenn ich mich recht entsinne.«
»Es soll mich kümmern, wenn ein abtrünniger Magier, der sich als Lanzenkämpfer aufgespielt hat, zu Tode kommt?«, fragt Luss.
»Vielleicht … wenn Ihr die Auswirkungen bedenkt«, antwortet Kharl.
Luss zieht die Augenbrauen hoch. »Vielleicht solltet Ihr mich aufklären, schlauer Magier?«
Kharl zuckt nur die Schultern. Nach einer Weile sagt er schließlich: »Das Glas zeigt nur die Sperrenmauer … und dahinter nichts – wie gewöhnlich.« Dann lächelt der Zweite Magier strahlend. »Ich glaube, er wollte sich einen bestimmten Hauptmann vornehmen. Es scheint, dass dieser Hauptmann über weit mehr Erfahrung verfügt, als so mancher angenommen hat.«
»Im direkten Kampf hat er viel Erfahrung«, räumt Luss ein. »Dir habt mir versichert, dass er nur geringe Fähigkeiten und Erfahrungen als Magier besitzt.«
»Vielleicht hat er ja nur seinen Säbel gebraucht«, gibt Kharl zu bedenken. »Ich schlage jedoch vor, Vorsicht walten zu lassen.«
»Und wie sollte Eurer Meinung nach diese Vorsicht aussehen, o weiser Zweiter Magier?«
»Es wäre am besten, wenn der Major-Kommandant von diesen Dingen nichts erfahren würde. Und auch der Kaiser nicht, denn wer weiß, was er von der Hand verlangen würde? Aber … das liegt bei Euch. Wäre ich der Hauptmann-Kommandant, würde ich Kommandant Meylyd mitteilen lassen, dass der Major-Kommandant es für das Beste hält, dass die Angelegenheit mit einer stillen Warnung an den Hauptmann beendet wird. Es sei denn, es gibt Beweise dafür, was dem Major genau widerfahren ist, Beweise, die auch den Kaiser überzeugen würden.«
»Ihr glaubt, das wäre klug?«
»Sehr klug … der Hauptmann wird ums Überleben kämpfen. Wenn ein weiterer Offizier auf ihn angesetzt wird, wie etwa Euer Oberst Hybyl, so wird am Ende auch dieser sterben, und dann wird Lorn fliehen … oder es vertuschen. Wie dem auch sei, der Major-Kommandant wird erfahren, was geschehen ist. Er wird einen Schuldigen suchen, vielleicht eine hochrangige Persönlichkeit am Hofe der Spiegellanzenkämpfer in Cyad … eine Person, die er nicht leiden kann. Es ist wirklich besser, wenn dies alles noch nicht ans Licht kommt … erst später, und dann wird es den Anschein haben, als hätte er angeordnet, alles zu vertuschen.«
»Meylyd wird versuchen, etwas herauszufinden«, sagt Luss.
»Das glaube ich auch. Wenn, dann ist das Problem gelöst. Wenn nicht, dann wird ein anderer Feldkommandant misstrauisch werden gegenüber dem Major-Kommandanten, einer, der bereit ist, dem Kaiser zu erzählen, dass der Major-Kommandant versucht hat, einen Mord zu vertuschen. Da der Mord nicht bewiesen werden kann, wird uns eben das Gerücht dienlich sein.«
Luss nickt langsam. »So verschlagen Ihr auch sein mögt, das ergibt Sinn.
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