Freiheit für Cyador
Listen, Kusyl, Olisenn. Ich werde mir jetzt die Kaserne ansehen.« Lorn nickt und geht vorbei am Untertruppenführer und hinaus in den kurzen Flur, der zum Hof führt.
Der heftige Schauer, der am Morgen fiel, ist von einem feinen, kalten Nieselregen abgelöst worden. Lorn rückt sich die Sommergarnisonskappe zurecht und macht sich auf den Weg zum Stall.
Der nebelverhüllte Hof bleibt menschenleer, während Lorn die feuchten Steine überquert, um zum Stall zu gelangen, wo er durch die schmale Öffnung, die die Schiebetür preisgibt, in die warme und trockene Luft schlüpft. Er wischt sich die Stirn ab und sieht sich um. Der Hauptgang ist sauber gefegt und jeder Stand mit frischem Stroh versehen. Bei einem Blick zur Decke entdeckt Lorn weder Spinnweben noch irgendwelche Anzeichen von Schmutz in den Ecken.
»Ser? Stimmt etwas nicht?« Ein schmalgesichtiger blonder Stalljunge kommt mit einem alten Besen in der rechten Hand aus einem Stand.
»Nicht im Geringsten.« Lorn wirft einen Blick in den Stand, wo der Wallach untergebracht ist. »Aber da ich neu hier bin, muss ich mir alles erst einmal ansehen. Wie ist dein Name?«
»Suforis, Ser.«
»Ich bin Hauptmann Lorn, Suforis. Wie lange bist du schon hier?«
»Ich habe hier mit zwölf Jahren angefangen, als Hauptmann Dymytri noch das Kommando führte … Winterwende. Die Männer sagen, der Hauptmann vor ihm sei auch gut gewesen, aber ich kannte ihn selbst nicht.«
»Gefällt es dir hier?«
»Ja, Ser. Solange ich den Stall sauber halte, die Pferde der Offiziere und die Ersatzrösser gut pflege und sie alle ordentlich füttere, lässt mich Clebyl in Ruhe und das ist gut für mich. Lesyna hat eingewilligt, nach der nächsten Winterwende meine Gemahlin zu werden, und Clebyl hat gesagt, dass ich Hilfsverwalter werden kann, wenn ich weiterhin gut arbeite. Hat seit zwei Jahren keinen Gehilfen mehr gehabt. Hilfsverwalter bekommen das Quartier neben der Küche.« Suforis grinst übers ganze Gesicht.
»Wie viele Stände gibt es im Stall?«
»Zwei Züge plus zwölf – genug für zwei Kompanien und einen halben Zug Ersatzpferde. Ist aber auch nicht sehr viel, weil Unteroffizier Juist nur einen Zug und einen halben für die örtlichen Patrouillen zur Verfügung hat. Er sagt zwar, er brauchte gar nicht so viele, aber das kann ich nicht beurteilen.«
»Dann begegnen ihm wohl nicht viele Schwierigkeiten auf seinen Patrouillen.«
»Fast nie. Die Orte nördlich von hier sind wirklich friedlich, Ser. Grund genug, um hier zu leben. Sie sagen, dass einige der Soldaten sich hier niederlassen, wenn sie durchkommen.«
»Wie geht es den Pferden?« Lorn zeigt auf den Wallach.
»Ihr habt ein gutes Pferd, Ser. Die meisten sind gut. Die Pferde für den großen Truppenführer müssen jedoch öfter gewechselt werden, auch wenn er immer das größte und stärkste bekommt …« Suforis schüttelt den Kopf. »Sonst käme der Hufschmied aus Jakaafra nicht so regelmäßig hier herauf … Man sagt: Sorge dich um dein Pferd, und dein Pferd sorgt sich um dich. Ich reite auch oft mit den Ersatzpferden aus … damit sie genügend Bewegung bekommen … ist ein gutes Leben hier …«
»Sehr gut.« Lorn lächelt. »Gibt es etwas, das ich noch wissen müsste?«
»Nun ja … Ser … nicht, dass ich viel darüber wüsste, aber ich habe gehört, dass man mindestens fünfzehn Ellen Abstand halten soll, wenn man einer Wasserechse begegnet. Katzen sind nicht so arg … müssen einem schon die Krallen in den Leib rammen, und wenn, dann …« Suforis zuckt die Schultern.
»Danke für deinen Rat, Suforis. Wenn ich dir einmal irgendwie behilflich sein kann … lass es mich wissen.«
»Danke, Ser.« Der junge Mann nickt eifrig.
»Danke.« Lorn dreht sich um und geht hinaus in den Nieselregen. Nach einem Blick gen Himmel macht er sich schleunigst auf den Weg in sein Quartier.
Er verriegelt die Tür hinter sich und öffnet den Schrank. Dort holt er das Spähglas heraus, das Jerial aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters gestohlen und Lorn mitgegeben hat. Vorsichtig stellt er es auf den Tisch und betrachtet es. Vermag auch er zu tun, was die Magi’i können? So wie sein Vater und die Oberlektoren?
Schließlich zieht er den Stuhl heran, setzt sich und konzentriert sich auf den runden Spiegel. Seine Gedanken wandern zum rätselhaften Haupttruppenführer Olisenn. An Maran will sich Lorn nicht heranwagen, bevor er nicht genügend Übung hat.
Das Glas füllt sich mit grauem Nebel, der langsam silbern wird und sich in
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