Freiheit für Cyador
nicht selbst in die Hand nehmen können. Irgendjemand wollte, dass der ruhigere Veljan in die Fußstapfen seines Vaters tritt, und darüber ist Bluoyal sehr besorgt.« Sie lächelt. »Und dann dieses Schweigen. Schweigen ist ein sicheres Zeichen dafür, dass ein möglicher Verschwörer noch am Leben ist. Für gewöhnlich wird doch darüber geredet, wenn ein solcher stirbt, und das Gerede ist lauter und beginnt umso früher, wenn ein unfähiger Verschwörer stirbt.«
»Was hast du noch auf dem Herzen?«
»Bluoyal hat mir erzählt …«
»Du triffst dich ohne mich mit meinen Beratern?«, Toziels Augen funkeln.
»Das ist zuweilen notwendig.« Sie zieht die Augenbrauen hoch. »Er berichtete mir von einem klanlosen Handelshaus, das vermögender und einflussreicher ist als viele der kleinen Klan-Handelshäuser.«
Toziel schweigt.
»Es nennt sich Haus Ryalor. Bluoyal hat es nur am Rande erwähnt, aber er tut so etwas niemals ohne Grund.«
»Der Kreis schließt sich langsam, meine Liebe«, meint Toziel grinsend. »Das Haus wird geführt von der Mätresse eines Lanzenkämpferhauptmanns, der Magier hätte werden können, und dieser Hauptmann ist der Sohn eines Magiers, der Oberlektor ist …« Er bricht seine Rede ab und sieht seine Gemahlin an.
Beide beginnen laut zu lachen.
Nach einer Weile schüttelt Toziel den Kopf. »Aber warum erzählt Bluoyal dir das? Er weiß doch, dass wir über alles sprechen.«
»Die Tochter von Kien’elth ist die Gemahlin von Kharls Sohn … und Bluoyal vertraut Kharl nicht.«
Toziel hebt hilflos die Hand. »Dann haben wir es also mit einem unbekannten Verschwörer zu tun, der sich gegen Liataphi und Kharl stellt. Zwei Männer, die sich so wenig leiden können, dass niemand sie zusammen in einem Raum haben will, außer vielleicht bei einem offiziellen Anlass.«
»Wer steckt dahinter?«
»Es kann jeder Oberlektor sein – Kien, Abram, Hyrist, sie sind die ältesten. Hyrist und Abram gelten als hochmütig und egozentrisch. Kien’elth genießt hohes Ansehen, ist aber genauso wie Chyenfel vom Chaos gezeichnet und kann deshalb dessen Amt nicht übernehmen; deshalb und aus dem Grund, den wir beide kennen. Kiens jüngster Sohn ist zwar verlässlich, aber nicht gut genug für das, was geschehen ist. Kharl würde Liataphi nicht unterstützen und Liataphi Kharl nicht. Luss ist Kharls Werkzeug und deshalb auf sich allein gestellt. Rynst können wir nicht auswechseln, auch wenn er sehr hochmütig geworden ist, denn Rynst weiß von Luss und duldet ihn deshalb als seinen Stellvertreter.«
»Da gibt es noch etwas«, meint Ryenyel.
»Ach, ja?«
»Die Händlerin aus dem Haus Ryalor … man kann ihr Vermögen nicht schätzen … aber sie hat mit Geschäften Gewinne gemacht, die nur mit Wissen aus dem Viertel der Magi’i möglich gewesen sein können. Und nun hat sie Cyad auf einem Küstenschiff Richtung Fyrad verlassen.«
»Sehr zu Bluoyals Erleichterung, nehme ich an.«
»Was ist mit Bluoyal?«, fragt die Kaiserin.
»Das ist die Frage. Wen würde er gern an Chyenfels Stelle sehen?«
»Jemanden, den wir nicht kennen – oder nicht ernennen können.« Sie lächelt. »Sonst würden wir schon wissen, wer es ist.«
»Nun … Liebste … wie soll ich entscheiden?«
»Stimme Chyenfels Plan zu. Sofort. Dann muss Rynst sich darauf konzentrieren, die Barbaren ohne die zusätzlichen Feuerlanzen aus dem Verwunschenen Wald zu besiegen. Wenn Chyenfel Recht hat und Cyador überleben soll, muss Rynst Erfolg haben, und in Dingen, die nur Magier wissen können, hat Chyenfel für gewöhnlich Recht.«
»Dann werden wir sehen, wer wen verrät und warum. Und wir werden Bluoyal beobachten. Und Kharl und die Erben Kiens.«
Die Kaiserin nickt.
XXXIX
D er Tag ist kalt und klar, als Lorn den Wallach vor Dustyns kleiner Veranda zügelt, und man meint, es ist wärmer als sonst, weil der Wind des vorigen Tages nun abgeklungen ist. Der Winter ist wie im Flug vergangen, so scheint es Lorn zumindest, denn man schreibt bereits den sechsten Tag des siebten Winterachttags; in zehn Tagen soll Ryalth eintreffen. Juist murrt bereits, weil er die Patrouillen für die Zweite Kompanie übernehmen muss, wenn diese für zwei Achttage in Urlaub geht.
Da Lorn am nächsten Tag wieder auf Patrouille reiten und vielleicht noch nicht zurück sein wird, wenn Ryalth in Jakaafra ankommt, muss er mit Dustyn sprechen. Er steigt ab und bindet den Wallach an den Bronzering, dann erklimmt er die Stufen und öffnet die Tür zum Laden.
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