Freiheit statt Kapitalismus
Finanzlobby bei den Rahmenbedingungen der Riester-Verträge auf ganzer Linie durchgesetzt hatte: Sie kann mit dem Geld der Riester-Sparer (fast) alles machen. Es gibt weder eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestverzinsung der Beiträge noch eine Obergrenze für Abschlusskosten und Provisionen der Anbieter noch generelle Einschränkungen, in welche Finanztitel das Geld der Riester-Sparer versenkt werden darf und in welche vielleicht besser nicht. Diese Nachlässigkeit des Gesetzgebers ist umso dreister, als es sich immerhin um ein vom Staat mit viel Geld gefördertes Projekt handelt und den Beschäftigten die elende Riesterei durch Zerstörung der gesetzlichen Rente faktisch aufgezwungen wird. Es gibt zwar keine Pflicht zum Abschluss eines Riester-Vertrags, aber angesichts eines gesetzlichen Rentenniveaus unter der Armutsgrenze kann von einer freiwilligen Entscheidung pro oder contra private Rentenvorsorge im Ernst nicht die Rede sein.
Beitragsschwund
Gesetzlich festgelegt ist für die Riester-Rente nur, dass die Anbieter den Erhalt des Kapitals garantieren müssen, das heißt: Der Nominalwert der eingezahlten Beiträge muss zu Beginn der Auszahlungsphase ohne Verlust in den Büchern des Anbieters stehen. Das gaukelt Sicherheitvor, bedeutet aber ganz und gar keine. Und zwar nicht nur dann nicht, wenn die von einigen immer wieder beschworenen hohen Inflationsraten irgendwann tatsächlich eintreten und die erhoffte Rente in Luft auflösen. Auch wenn die Preissteigerung in dem Rahmen verbleibt, den die meisten Ökonomen als vernünftig ansehen und den selbst die inflationsneurotische Europäische Zentralbank als Preisstabilität definiert, nämlich bei jährlichen Werten um die 2 Prozent, wäre bei einem über dreißig Jahre laufenden Vertrag am Ende real gerade noch gut die Hälfte des ursprünglich eingezahlten Geldes verfügbar. Sollte sich die Inflation bei 3 Prozent einpendeln, sind 60 Prozent futsch, bei einer durchschnittlichen Preissteigerungsrate von 5 Prozent sogar 80 Prozent. Sicherheit sieht anders aus.
Einer der Gründe, warum ein Großteil der Riester-Sparer nach Versicherungspolicen greift statt nach Bank- oder Fondssparplänen, liegt vermutlich darin, dass die Versicherer dem Anleger neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalerhalt immerhin noch einen Mindestzins auf sein Geld garantieren. Dieser liegt freilich seit Januar 2012 bei noch 1,75 Prozent, was kaum mehr ist als das, was Sparern derzeit auf Bankkonten geboten wird. Nimmt man dauerhaft eine Preissteigerung auf dem Niveau der letzten Jahre an, bliebe in diesem Falle noch nicht einmal die Kaufkraft des eingezahlten Geldes erhalten.
Wer indessen allein auf die Zinsen guckt, ist den Versicherern schon auf den Leim gegangen, denn diese lassen sich besagte Garantie so gut bezahlen, dass sie am Ende gar nichts mehr wert ist. Denn den garantierten Mindestzins gibt’s nicht etwa auf die gesamte Beitragssumme, sondern nur für den Teil des angesparten Geldes, der nach Abzug der Kosten und Provisionen der Versicherung übrig bleibt. Und Letztere sind so üppig, dass laut Stiftung Warentest der Sparer am Ende maximal eine Verzinsung von 1 Prozent erwarten kann. Die Wirtschaft muss also am Rande der Deflation dümpeln, damit der Riester-Rentner mit Versicherungspolice wenigstens die Kaufkraft wieder ausgezahlt bekommt, auf die er in der Einzahlungsphase verzichtet hat.
Anders als die Riester-Versicherungen garantieren die Riester-Banksparpläne gar nichts. Bei solchen Produkten variieren die Zinsen mit der Marktlage und sind damit aktuell vor allem eines: mickerig.Wenigstens aber fallen bei solchen Produkten in der Regel kaum zusätzliche Kosten und Gebühren an. Die fondsgebundenen Riester-Angebote wiederum versprechen viel, garantieren aber auch nichts und sind mit Blick auf Kosten und Provisionen teils noch teurer als die Versicherungspolicen. Völlig legal sind hier übrigens auch Angebote, bei denen die gesamten Ersparnisse des künftigen Riester-Rentners in Aktien angelegt werden.
Ob unter diesen Bedingungen der vorgeschriebene Werterhalt überhaupt gewährleistet werden kann, soll uns erst weiter unten interessieren. Besonders übel sieht es aber in jedem Fall für jene Sparer aus, die solche Riester-Verträge vorzeitig kündigen müssen oder einfach den Anbieter wechseln wollen. Hat der Betreffende einen fondsgebundenen Riester-Vertrag abgeschlossen und liegt der Aktienmarkt gerade darnieder, ist ein Großteil des Geldes eben weg. Denn bei
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