Freiheit statt Kapitalismus
vorfristigen Kündigungen gilt die gesetzliche Nominalwertgarantie nicht.
Abkassieren nach Belieben
Aber auch wer dachte, er sei mit einer Riester-Versicherungspolice auf der sicheren Seite, kann bei Kündigung vor Vertragsablauf sein blaues Wunder erleben. Versicherer wie Fondsanbieter dürfen nämlich ihre Provisionen auf die gesamte hypothetische Beitragssumme, die beispielsweise ein Vertrag von 30 Jahren einspielen würde, bereits in den ersten fünf Jahren in Rechnung stellen und von den Beiträgen abziehen. Trotz garantiertem Mindestzins kann so auch ein Riester-Versicherungsvertrag tief ins Minus rutschen. Bei vorzeitiger Auflösung ist dann ein Teil der eingezahlten Beiträge für den Sparer auf Nimmerwiedersehen verloren.
Wie wichtig den Anbietern die geballte Kostenerhebung in den ersten fünf Jahren ist, lässt sich daran ablesen, dass sie die Riester-Produkte überhaupt erst dann massiv zu vertreiben begannen, als ihnen diese gesetzlich erlaubt wurde. Am Anfang hatte Riester nämlich ins Gesetz geschrieben, dass die anfallenden Kosten über zehn Jahre gestreckt werden müssten. Das aber war den auf ihre Kurzfristrenditen schielenden Finanzkonzernen viel zu lang. Erst im Jahr 2005, als diese Frist auf fünf Jahre reduziert wurde, begann die große Zeit der Riester-Verträge.Seither wird – Finanzkrise hin oder her – zumindest in diesem Geschäft Kasse gemacht.
Im Schnitt gehen bei Fondssparplänen etwa 5 Prozent der Beitragssumme an den Anbieter, einige zocken aber noch mehr ab. Bei der Alten Leipziger etwa sind es 14,21 Prozent. Wer mehr einzahlt, als im Vertrag ursprünglich vereinbart, wird meist nochmals kräftig zur Kasse gebeten. Noch unverschämter sind die meisten Fondsgesellschaften bei den staatlichen Zulagen: Die Gothaer sahnt von jeder Zulage 13 Prozent ab, die Hamburg Mannheimer und die Victoria genehmigen sich sogar 16,5 Prozent. Dazu kommen in der Regel noch pauschale Kosten pro Jahr und sogenannte Verwaltungsgebühren.
Der Ökonom Prof. Andreas Oehler von der Uni Bamberg hat errechnet, dass bei 45-jährigen Riester-Sparern mehr als 75 Prozent und bei 30-jährigen sogar ganze 90 Prozent der staatlichen Zulagen allein durch die Kosten der Finanzanbieter aufgefressen werden. Daran wird sich so bald auch nichts ändern. Immerhin hat die Bundesregierung erst im Februar 2010 auf eine Anfrage der Linken hin klargestellt: »Auf die Kostenstrukturen der Anbieter von Altersvorsorgeprodukten hat die Bundesregierung … keine Einflussmöglichkeiten.« Ja, warum eigentlich nicht?
Tatsächlich könnte die Staatsknete also gut und gern auch gleich direkt an den betreffenden Versicherungskonzern oder die Bank überwiesen werden. Nun mögen einige argumentieren, dass der künftige Rentner so immerhin die entsprechenden Kosten nicht selbst aufbringen muss. Aber auch dieses Argument trägt nicht. Ganz abgesehen von der Frage, wozu man zur Sicherung eines ordentlichen Ruhestandsgeldes die Finanzhaie überhaupt braucht und weshalb die Gesellschaft ihnen irgendeinen müden Euro Provision zahlen sollte, belegen Vergleichsstudien – etwa des Magazins
ökotest
vom Dezember 2009 –, dass die Vertragskosten bei Riester-Renten in der Regel
höher
sind als bei ungeförderten Privatrenten. Vielfach böten Rentenversicherungen mit Riester-Förderung bei gleichen Beiträgen sogar trotz staatlicher Zulagen am Ende weniger Leistung als jene Rentenpolicen, die Besserverdienende und Selbständige schon immer auf eigene Rechnung abgeschlossen haben. Das mag einer der Gründe dafür sein, warum es relativ wenigewirklich wohlhabende Arbeitnehmer unter den Riester-Sparern gibt. Nur 8,1 Prozent hatten 2006 ein Jahreseinkommen von über 50 000 Euro; etwa 70 Prozent verdienten nicht mehr als 30 000 Euro.
Profitable Riester-Abbrecher
Dazu passt, dass gut 40 Prozent der riesternden Zulagenempfänger noch nicht einmal die volle Höhe der staatlichen Förderung erhalten. Oft dürfte es sich dabei um Niedrigverdiener handeln, die es nicht schaffen, tatsächlich die geforderten 4 Prozent ihres Einkommens zu sparen, weil sie es schlicht zum Leben brauchen. Fast immer handelt es sich in solchen Fällen um Verträge, die dem Sparer nie eine relevante Zusatzrente sichern werden. Für die Anbieter sind sie aber dessen ungeachtet ein gutes Geschäft, denn sie streichen ihre Gebühren und Provisionen ja trotzdem ein.
Zumal bei Geringverdienern die »Chance« besonders groß ist, dass solche Verträge vorzeitig
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