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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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die gesetzliche Grundlage entzogen wird.

3. Öffentliche Banken als Diener
der Realwirtschaft
    »Die wären alle weg, wenn wir sie nicht gerettet hätten …«
    Jean-Claude Trichet, EZB-Präsident, über die Banken
     
    Von »Privat vor Staat« wollten die Banken mit Ausbruch der Finanzkrise erst einmal nichts mehr wissen. Stattdessen war die öffentliche Hand mit ihren Finanzhilfen, Garantien und Kapitalstützen in den Finanzpalästen diesseits und jenseits des Atlantiks plötzlich ein gern gesehener Gast. Selbst Komplettverstaatlichungen waren kein Tabu mehr. Im Musterland des ungezügelten Kapitalismus gingen die Hypothekengiganten Fannie Mae und Freddie Mac sowie der Versicherungsriese AIG in Staatseigentum über. Ebenso erging es dem britischen Baufinanzierer Northern Rock, der nach einem Ansturm verängstigter Kunden nur noch durch Verstaatlichung vor dem Bankrott bewahrt werden konnte. Acht weitere britische Banken wurden teilverstaatlicht, ebenso die belgische Großbank Fortis und die großen irischen Banken, die den irischen Staat schließlich mit sich in den Abgrund rissen.
    »Positiv für die Anteilseigner«
    Auch in Deutschland hatte sich der Wind gedreht. Um die private Mittelstandsbank IKB zu retten, stockte die Kreditanstalt für Wiederaufbau ihren Anteil in Richtung Mehrheitsbeteiligung auf. Bei der Commerzbank stieg der deutsche Staat mit einem Aktienanteil von25 Prozent und einer Stillen Einlage von 16,4 Milliarden Euro ein. Die Finanzmüllhalde HypoRealEstate wurde gleich ganz verstaatlicht. Abgesehen von Widerständen des ehemaligen HRE-Aktionärs Christopher Flowers wurden diese staatlichen Engagements vom Finanzsektor ausdrücklich begrüßt.
     
    »Die wollten unbedingt verstaatlicht werden«, 132 plauderte der damalige Finanzminister Steinbrück über die heißen Tage bei der HRE aus.
     
    Ausdrücklich lobten Aktionärsschützer auch die Teilverstaatlichung der Commerzbank. »Dramatische Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen«, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker. Der Einstieg des Bundes bei der Commerzbank werde sich »stabilisierend und positiv für die übrigen Anteilseigner« auswirken. 133
    Die Gründe für die plötzliche Staatsbegeisterung waren leicht durchschaubar. Die robuste Aussage von EZB-Chef Trichet über die privaten Banken – »Die wären alle weg, wenn wir sie nicht gerettet hätten …« 134 – galt nicht nur für die Geldpolitik der Zentralbank, sondern auch für das Engagement der Staaten. Wenn der Steuerzahler sie in der schwierigsten Phase nicht gestützt und gehalten hätte, gäbe es die meisten Banken heute nicht mehr.
    Das betrifft nicht nur die direkten Empfänger von Staatshilfen, sondern auch die indirekten, etwa die Deutsche Bank, der durch die Rettung der IKB und der HRE, die staatliche Entlastung der Einlagensicherung, die Rettung der AIG und die Rettung Griechenlands ruinöse Abschreibungen erspart blieben. Steinbrück beziffert diese auf eine »Größenordnung von 20 Milliarden Euro, um die das Eigenkapital der Deutschen Bank sonst belastet worden wäre«. 135 Die Rettung Irlands und Portugals sowie die Aufstockung der Griechenlandhilfe kommen mittlerweile noch hinzu, so dass man heute von einer Begünstigung des Instituts durch die Staatshilfen in der Größenordnung von mindestens 30 Milliarden Euro ausgehen muss. Da Ackermanns Bank mit der glänzenden Fassade aktuell gerade mal über ein hartes Kernkapital in der Größenordnung von 32 Milliarden Euro verfügt, hätten 30 Milliarden Euro Abschreibungen es in einen ebenso hässlichen Bankrotthineingezwungen, wie ihn die HRE durchleiden musste. Und dann hätte auch ein verschämter Deutsche-Bank-Boss brav sein Hilfegesuch beim SoFFin abgeben müssen.
    Natürlich waren die staatlichen Rettungsschirme bei den Bankern deshalb so beliebt, weil sie sämtlich nach dem Motto funktionierten: Der Staat übernimmt die Verluste, sind indessen wieder Gewinne zu verteilen, stehen sie den Privatbankern und ihren Aktionären allein zu. So verdoppelte die Deutsche Bank im Frühjahr 2010 kühn die Dividende und schüttete 2,6 Milliarden Euro an Vergütungen für ihr Spitzenpersonal und ihre Investmentbanker aus. Eine Rückzahlung besagter 30 Milliarden Euro an den Staat steht nicht auf der Agenda. Die Commerzbank hat nach den Standards internationaler Rechnungslegung 2010 etwa 1 Milliarde Gewinn gemacht. Auf die Stille Einlage von

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