Freiheit statt Kapitalismus
16,4 Milliarden Euro, die dem Steuerzahler jährliche Kapitalkosten von 500 Millionen Euro verursacht, hat sie in einem Jahr dennoch keinen müden Cent an Zinsen gezahlt.
Dieser Zustand ist ebenso unhaltbar wie die Geschäftspolitik der privaten Großbanken, die wir uns im Kapitel über die Zockerbanken näher angesehen haben und deren Hochrisikowetten sich überhaupt nur rechnen, weil der Staat für mögliche Verluste haftet.
Zwei stabile Säulen
Wir haben auch gesehen, dass die Lage am Finanzplatz Deutschland noch wesentlich desolater wäre, wenn nicht wenigstens Sparkassen und Genossenschaftsbanken dabeigeblieben wären, Dinge zu tun, die Aufgabe einer Bank sind: Ersparnisse einsammeln und Kredite vergeben. Diese Institute haben denn auch – von wenigen schwarzen Schafen abgesehen – die Krise gut überstanden. Von ihnen kamen, anders als aus dem privaten Sektor, keine milliardenschweren Unterstützungsbegehren an den Staat. Einzige Ausnahme sind die ebenfalls zur öffentlich-rechtlichen Säule zählenden Landesbanken, auf deren Fehlentwicklung wir noch ausführlich eingehen werden. Aber ungeachtet dessen entstammten mit der IKB, der HRE und der Commerzbank/ Dresdner Bank die mit Abstand größten Milliardengräber für den Steuerzahler dem Sektor der Privatbanken.
Der arglose Beobachter könnte meinen, dass angesichts dieser Erfahrungen und Entwicklungen zumindest ein Thema, das in Deutschland seit Jahren als stiller Dauerbrenner vor sich hin loderte, vom Tisch sein sollte: die Privatisierung von Sparkassen und Landesbanken. Aber weit gefehlt. Aus dem jahrelangen Schwelbrand, der die Fundamente der öffentlich-rechtlichen Säule des bundesdeutschen Finanzsystems bereits erheblich beschädigt hat, droht gerade jetzt ein Großfeuer zu werden, das sie endgültig zum Einsturz bringen könnte.
Ackermanns Lobbyisten im Sachverständigenrat
Der sogenannte Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung hatte bereits im Juni 2008, damals noch unter Vorsitz des uns bereits als umtriebiger Finanzlobbyist bekannten Bert Rürup, einen als »Expertise im Auftrag der Bundesregierung« getarnten Werbeprospekt für die Effizienz eines rein privatwirtschaftlich organisierten Finanzsystems vorgelegt. Das 185 Seiten starke Pamphlet mit dem Titel »Das deutsche Finanzsystem: Effizienz steigern – Stabilität erhöhen«, das am 17. Juni 2008 Bundeskanzlerin Merkel übergeben wurde, liest sich, als hätte es der Bundesverband deutscher Banken (BdB), der die Ackermanns und Co. vertritt, höchstselbst verfasst.
Hatte dieser Bundesverband beispielsweise immer wieder öffentlich beklagt, dass das starke Gewicht des öffentlich-rechtlichen Bankensektors eine »optimale Marktstruktur« im deutschen Finanzsystem verhindere und dadurch im Einlagen- und Kreditgeschäft »Möglichkeiten einer dauerhaften Stabilisierung der Ertragssituation eher begrenzt« seien, repetieren Rürups Mannen eilfertig das Lamento vom allzu zersplitterten und daher »ertrags- und wachstumsschwachen« deutschen Bankensystem. Hatte der BdB undiplomatisch gepoltert: »Eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft von Kreditinstituten ist in einem modernen Bankensystem einfach nicht mehr zeitgemäß«, plädiert der Sachverständigenrat für eine »begrenzte Öffnung und Auflockerung der öffentlich-rechtlichen Säule«, was, ohne ein Gefühl von Peinlichkeit, sogar als Schlussfolgerung aus der Finanzmarktkrise präsentiert wird. Frei nach dem Motto: Wenn dein Haus eh zusammenfällt, hacke möglichst noch die letzte intakte Säule weg, dann geht es wenigstens schneller.
Konkret empfiehlt der Sachverständigenrat eine Privatisierung sämtlicher Landesbanken, bei denen die öffentlichen Anteile auf unter 25 Prozent reduziert werden sollen, sowie die Umwandlung der Sparkassen in Aktiengesellschaften, die in den Besitz kommunaler Stiftungen übertragen werden. Ihre Aktien sollen dann zunächst zu 49,9 Prozent an Privatinvestoren verkauft werden. Entscheidend sei, heißt es, »dass ein Prozess in Gang kommt, an dessen Ende die Geschäftspolitik dieser Institute dem politischen Einfluss entzogen ist und eine weitere Konsolidierung des Bankensystems über Marktkräfte ermöglicht wird«.
Störfaktor Wettbewerb
»Konsolidierung« ist das Zauberwort, das die deutsche Privatbankenlobby seit Jahren im Munde führt und das man getrost mit »Konzentration« übersetzen kann. Tatsächlich ist das aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken
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