Freiheit statt Kapitalismus
unwahrscheinlich nicht, zumal beim nächsten Crash nur noch die wenigsten Staaten in der Lage sein dürften, solche Pleiten mit derselben Großzügigkeit zu verhindern, wie sie es beim letzten getan haben. Und selbst Staatsanleihen, in denen ebenfalls ein beträchtlicher Teil der Versicherungsgelder investiert ist, werden irgendwann ausfallen. Zumindest teilweise. Wenn etwa ein Land wie Griechenland noch einmal auf die Beine kommen will,
muss
es die Bedienung seiner durch spekulative Extremzinsen hochgetriebenen Schulden aussetzen. Aber auch viele andere Länder sind überschuldet oder werden es bald sein, wie wir im letzten Kapitel gezeigt haben. Kurz: Die modernen Finanzmärkte sind nichts als Schaum und Blasen und es gibt keine Sicherheit. Nirgends.
Zu den Staaten, die vermutlich erst als Letzte pleitegehen werden, gehört die Bundesrepublik Deutschland. Aber wenn als einzige halbwegs verlässliche Anlageform für die Riester-Rentner am Ende deutsche Staatsanleihen übrig bleiben, wäre es wirklich sinnvoller (und billiger!),das Steuergeld, statt es für Zinsen zu verbraten, gleich als Zuschuss in ein Umlagesystem zu geben, das die Bezüge der Senioren finanziert.
Am Ende zahlt der Staat
Ohnehin wird der Staat am Ende nicht zusehen können, wie Millionen Riester-Sparer ihr Geld verlieren. Also wird er es sein, der die verzockten Renten kompensieren muss. Aber je früher das gespenstische Treiben beendet und zu einer soliden Umlagerente zurückgekehrt wird, desto weniger werden wir alle dabei draufzuzahlen haben.
Riester hatte schon recht, als er die nach ihm benannte Rente als »das größte Vermögensbildungsprojekt …, das jemals aufgelegt worden ist« bezeichnete. Er vergaß nur hinzuzufügen, für wen.
Die Rückkehr zu einer berechenbaren Rente jedenfalls ist nur über den Wiederaufbau einer soliden gesetzlichen Umlagerente möglich, bei der die Beschäftigten aus ihren Löhnen einen menschenwürdigen Lebensstandard für die Senioren finanzieren. Diese Rente ist armutsfest und demographieresistent, wenn die Löhne mit der Produktivität wachsen und nicht zugunsten immer höherer Profite von ihr abgekoppelt werden. Spätestens im Zuge einer Neuorganisation der Eigentumsordnung ist ein solches Lohnwachstum keine Illusion. Anders als der Riester-Spuk ist die Umlagerente dann tatsächlich
sicher
.
Fazit
Leider ist es einigen pseudoökonomischen und halbseidenen Meinungsführern gelungen, der Öffentlichkeit zu suggerieren, die demographische Entwicklung sei die Ursache für allerhand Schlimmes, so vor allem für den Zerfall unseres Rentensystems. Doch das Fazit jeder wirklich ökonomischen und im ernsten Sinne zukunftsorientierten Analyse lautet: Es gibt kein demographisches Rentenproblem. Die Veränderung in der Altersstruktur der Bevölkerung wird durch die steigende Produktivität der Arbeit mehr als ausgeglichen. Zudem kann die Zahl der Erwerbstätigen bei sinkender Arbeitslosigkeit in Zukunft auf ähnlichem Niveau liegen wie heute.
Die Umlagerente ist nicht verkümmert, sie wurde politisch zerschlagen. Von diesem Prozess profitierten drei Interessengruppen: dieBesserverdienenden, die sie schlicht nicht brauchen; die Unternehmen, die durch sinkende »Arbeitgeberbeiträge« Lohnkosten sparen; und die Finanzindustrie, die dem Geschäft mit der Riester-Rente Milliardenprofite verdankt. Deutlich mehr als früher zahlen hingegen die Beschäftigten: für Renten, die niedriger und unsicherer sind als je zuvor.
Die kapitalgedeckte Alterssicherung führt nur dann zu höheren Renten als das Umlagesystem, wenn der Kapitalmarktzins dauerhaft höher ist als die Wachstumsrate der Löhne, und zwar um so viel höher, dass er auch die deutlich höheren Kosten der Privatrente in Form der Gebühren und Provisionen der Finanzindustrie kompensiert. Ein solcher Zustand ist aber so krisenbehaftet, dass er immer nur über begrenzte Zeiträume existieren kann. In Wahrheit fließen die Riester-Gelder heute in das schwarze Loch einer gigantischen Vermögens- und Schuldenblase, die in absehbarer Zeit platzen und ihren Wert verlieren wird.
Eine solide armutsfeste und den Lebensstandard sichernde Rente ist nicht in Abhängigkeit von den Launen der Finanzmärkte, sondern nur in einem wiederhergestellten Umlagesystem mit ausreichenden Beitragssätzen zu gewährleisten. Notwendig ist allerdings auch, dass der Durchschnittslohn wieder mit der Produktivität steigt, Arbeitslosigkeit aktiv bekämpft und Hungerlöhnen und Billigjobs
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