Freiheit statt Kapitalismus
gerettet werden. Im dritten großen Stück, dem
Profitstück
, befindet sich alles, was mit ausgeschütteten oder nichtausgeschütteten Gewinnen gekauft wird. Zum einen all jene Luxusgüter, mit denen die Oberschicht ihr Leben versüßt, zum anderen die Investitionsgüter.
Der Kuchen ist natürlich nicht statisch. Er kann wachsen oder schrumpfen. Wenn er wächst, können alle drei Teile mitwachsen, es können sich aber auch die Proportionen verschieben. Ob und wie stark der Kuchen wächst, hängt von zwei Faktoren ab. Erstens von den Investitionen, die darüber entscheiden, wie viel Teig in einem Jahr aufs Backblech kommt und wie viel Kuchen also maximal gegessen werden kann. Zum anderen aber haben sich am Jahresende nur die Teile des Kuchens tatsächlich in Einkommen verwandelt, die auch wirklich von irgendwem gegessen wurden. Bleibt etwas übrig, ist die Summe von
Lohnstück
,
Profitstück
und
Staatsstück
kleiner als der gebackene Kuchen, und im nächsten Jahr wird dann wahrscheinlich auch weniger Teig aufs Blech gepackt.
Warum sollte der mühsam gebackene Kuchen nicht aufgegessen werden? Bei dem
Lohnstück
und dem
Staatsstück
bleibt normalerweise kein Krümel übrig. Ein durchschnittlich verdienender Beschäftigter hat viel zu wenig Geld, um üppige Ersparnisse anzulegen. Die Mehrheit der Menschen gibt ihr Einkommen aus und würde gern noch mehr ausgeben, wenn sie es hätte. Ähnlich sieht es beim
Staatsstück
aus. Es gibt auf dieser Welt kaum einen Staat, der mehr einnimmt, als er ausgibt, in der Regel ist es umgekehrt. Das
Staatsstück
und das
Lohnstück
werden also aufgegessen und würden dies auch, wenn sie deutlich größer wären.
Anders sieht es beim
Profitstück
aus. Sind die Investitionen hoch wie im 19. Jahrhundert oder in den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, wird das Profitstück schon allein durch diese weitgehend aufgezehrt. Es bleibt noch ein Rest für den Luxuskonsum der Reichsten, und dann ist alles weg. Was aber, wenn die Investitionen niedrig sind? Was dann tun mit den endlosen Milliarden, die den Firmeneignern, den Aktionären und Geldvermögensbesitzern so unbarmherzig aufs Konto gepackt werden?
Wohin mit dem vielen Geld?
Um zu verstehen, wie groß das Problem ist, muss man sich die Relationen vergegenwärtigen. In Deutschland hat das
Profitstück
derzeit ein Volumen von gut 600 Milliarden Euro, das ist etwa ein Drittel des Volkseinkommens. Zugriff auf dieses Drittel haben aber nur relativ wenige Leute, wie wir im letzten Kapitel gesehen haben. Der größte Batzen davon fließt an etwa ein Prozent der Bevölkerung, also an rund 800 000 Multimillionäre. Unter diesen 800 000 gibt es noch einmal eine kleine Minderheit von etwa 7500, die die ganz großen Vermögen ihr Eigen nennen: die großen Familienkonzerne und die dicksten Geldvermögen. 79 Millionen von 80 Millionen Menschen in Deutschland haben also so gut wie keinen Zugriff auf immerhin ein Drittel des Volkseinkommens. (Von den Micker-Zinsen auf Sparbuch oder Lebensversicherung oder der Dividende auf drei Telekom-Aktien reden wir hier nicht.)
Wie soll nun aber diese Handvoll Leute, denen ein Drittel der Wirtschaftsleistung zu Füßen gelegt wird, dieses ganze viele Geld ausgeben? Zumal sie großenteils längst Villen und Schlösser, Wälder und Seen, Yachten und Maseratis, Nerze und Diamantenkolliers in ausreichender Zahl ihr Eigen nennen. Was sollen diese armen Seelen denn noch kaufen?
Das wissen sie auch nicht, und deshalb geben sie einen Großteil ihres Geldes auch nicht aus, sondern sparen es. Das heißt aber: Die vielen schönen Güter im
Profitstück
werden von ihnen gar nicht gekauft, sondern nur ein kleiner Teil davon. Was passiert mit dem Rest? Eine Lösung besteht darin, dass die Beschäftigten, zumal bei schlechter Lohnentwicklung, sich das viele Geld, das die Superreichen so fleißig sparen, ausleihen und es für ihren Konsum verwenden. Das ist das Modell USA, das aber auch in vielen europäischen Ländern praktiziert wurde. Eine andere Variante ist, dass der Staat sich verschuldet und seinerseits die Nachfrage nach Gütern aus dem
Profitstück
erhöht. Das ist seit Jahren weltweit üblich.
Die Besitzer des
Profitstücks
essen den ihnen zustehenden Kuchen also nicht selbst auf, sondern die anderen helfen ihnen dabei. Dafür können ihnen die Profitbezieher sehr dankbar sein, denn, wie gesagt, nur was aufgegessen wurde, ist am Ende auch erneut Einkommen.Bliebe das
Profitstück
einfach liegen, wären
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