Freiheit statt Kapitalismus
Unternehmen vor der Krise. Dann begann das Spiel von neuem.
Auf Märkten, auf denen keiner groß genug ist, um die Preise oder den Umfang des Angebots zu bestimmen, und jederzeit neue Anbieter mit besseren Technologien auftauchen können, kann ein Unternehmen nur durch überlegene Leistung bestehen. Wer hohe Profite machen will, muss investieren, innovieren, kreativ sein. Und er braucht seinen Gewinn zum großen Teil dafür. Solange diese Marktform dominiert, treibt der Kapitalismus die technologische Entwicklung wahrscheinlich schneller voran, als jede andere Ordnung es könnte. Im 19. Jahrhundert funktionierten große Teile der Wirtschaft nach dieser Logik. Die harte Konkurrenz erzwang ständige Leistungssteigerung, und die wiederkehrende Entwertung bereits investierten Kapitals trug zusätzlich dazu bei, die Investitionen auf hohem Niveau zu halten.
Bei aller Begeisterung für die »kreative Zerstörung« im damaligen Kapitalismus sollte man allerdings nie vergessen: Die hohen Investitionen setzten jene hohen Profite voraus, die beim damaligen Stand der Technik ohne das Elend und die brutale Ausbeutung der Arbeitenden nicht erzielbar gewesen wären. Das Los der großen Mehrheit der Bevölkerung hatte sich mit der Industrialisierung zunächst durchaus nicht verbessert, sondern gravierend verschlechtert, wie auch Adam Smith einräumen musste.
Ein Kuchen mit drei Stücken
Das hohe Investitionsniveau setzte die hohen Profite allerdings nicht nur voraus. Es ermöglichte sie auch. Dieser Zusammenhang wird oft vergessen. Um ihn zu verstehen, muss man die betriebliche Ebene verlassen und die Volkswirtschaft als Ganzes betrachten. An dieser Stelle wird daher ein kleiner volkswirtschaftlicher Exkurs eingeschoben, der für das Verständnis der tieferen Gründe der nachlassenden Investitions- und Innovationsdynamik im Kapitalismus wichtig ist. Wir machen es so kurz und einfach wie möglich.
Also: Im einzelnen Unternehmen entstehen Profite durch den Verkauf der Produkte, sofern der Verkaufspreis höher als die Kosten ist.Wer der Käufer ist, ist egal. Volkswirtschaftlich dagegen entstehen keine Profite, wenn Beschäftigte mit ihren Löhnen einkaufen gehen. Es entstehen auch keine Profite, wenn der Staat mit seinen Steuereinnahmen Produkte nachfragt, zumindest wenn es sich um Steuern handelt, die zuvor direkt (Unternehmenssteuern) oder indirekt (Lohnsteuer, Mehrwertsteuer) bei den Firmen als Kosten zu Buche geschlagen waren.
Das versteht man, wenn man sich die Volkswirtschaft wie einen großen Kuchen vorstellt. Dieser Kuchen besteht zunächst aus zwei großen Hälften, den Einkommen aus Löhnen und Gehältern auf der einen Seite, also dem Geld, von dem die übergroße Mehrheit der Menschen ihren Lebensunterhalt bestreitet, und den Einkommen aus Profit und Vermögen auf der anderen Seite, also den Bezügen jener Minderheit, die Produktivvermögen oder große Geldvermögen besitzt und von Dividenden, Zinsen und ausgeschütteten Gewinnen lebt. (Natürlich beziehen neben Gewinnausschüttungen viele auch noch ein Gehalt als Chef der betreffenden Firma, aber wir wollen es hier bewusst einfach halten.) Von den beiden Hälften schneidet sich jetzt der Staat seinerseits ein kräftiges Stück ab, weit mehr natürlich von den Löhnen als von den Gewinnen. Von dem Staatsstück leben keineswegs nur die Staatsdiener und Politiker, sondern auch die Rentner und die Bezieher sozialer Leistungen. Außerdem kauft der Staat natürlich auch Dinge am Markt und gibt dafür Geld aus. Am Ende hat der Kuchen, der das Volkseinkommen ausmacht, also drei große Teile, die wir der Einfachheit halber das
Lohnstück
, das
Staatsstück
und das
Profitstück
nennen wollen.
Da die Einkommen wertlos wären, wenn ihnen nicht entsprechende Güter und Leistungen gegenüberstünden, kann man sich die drei Kuchenstücke auch als Bündel solcher Güter und Leistungen vorstellen. In dem
Lohnstück
befindet sich also alles, wofür der Normalbürger im Jahresverlauf sein Geld ausgibt, von der Aldi-Milch bis zum H&M-Pulli, von der Stromrechnung bis zu den Bankgebühren. In dem zweiten Stück, dem
Staatsstück
, befindet sich alles, wofür der Staat seine Einnahmen verwendet: Da finden wir also teilweise die gleichen Gebrauchsgüter wie im Lohnstück, nämlich das, was Lehrer, Rentner oder Arbeitslosengeldempfänger kaufen. Außerdem befinden sich darin Straßen- und Kanalbauten, Panzer und Satelliten und manchmalauch marode Banken, sofern sie gerade vom Staat
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