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Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Titel: Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Grüter
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nun eine Einordnung der erdachten Verschwörungen:
    Ein
Verschwörungsglauben
ist die unbestimmte, nicht näher definierte Vorstellung, eine Gruppe habe sich verabredet, böse oder verbrecherische Taten zu vollbringen. Juden, Illuminaten, Kommunisten, Kapitalisten, das FBI oder der Verfassungsschutz sind Beispiele für Gruppen, denen solche Absichten und geheime Aktionen unterstellt werden. Grundlage des Verschwörungsglaubens ist das Misstrauen gegen alles Fremde.
    Eine
Verschwörungslegende
ist die Umdeutung eines tatsächlichen Ereignisses im Sinne eines Verschwörungsglaubens. Das Ereignis kann dabei mehr oder weniger ausgeschmückt sein, um die Glaubwürdigkeit der Legende zu erhöhen.
    Eine
Verschwörungstheorie
schafft eine zusammenhängende Begründung für eine oder mehrere Verschwörungslegenden im Sinne eines Verschwörungsglaubens. Die Verschwörungstheorie behauptet, dass geheime Organisationen über längere Zeiträume die Geschicke der Welt beeinflussen und zugleich imstande sind, die Öffentlichkeit darüber im Unklaren zu halten. Damit erklärt sie entweder eine einzelne Verschwörungslegende oder verbindet mehrere davon zu einer logischen Einheit. Sie schafft ein intellektuelles, pseudowissenschaftliches Gedankengebäude, auf das sich wiederum der zugrunde liegende Verschwörungsglauben beruft.
    Klassisches Beispiel sind die Hexenjagden der Frühen Neuzeit. Die Existenz von Hexen war im Volksglauben fest verankert. Auf der Grundlage dieses Glaubens und der daraus abgeleiteten Schauermärchen verfassten damalige Gelehrte ihre pseudowissenschaftlichen Schriften zum Thema Hexerei. Diese Werke begründeten wiederum die Hexenprozesse, welche den Hexenglauben in der Bevölkerung weiter vertieften.
     
    Die Dreiteilung des bisher viel zu diffusen Begriffs
Verschwörungstheorie
macht die Mechanismen der Entstehung dieses Phänomens unmittelbar deutlich. Zwei Beispiele:
    Die vielen Spekulationen zum Tod von Lady Diana sind in erster Linie
Verschwörungslegenden
. Sie verknüpfen ein bestimmtes Ereignis mit einer Verschwörung. Zum Beispiel behaupten sie, der britische Geheimdienst MI 6 habe Lady Diana ermorden lassen. Darauf baut die
Theorie
auf, der MI 6 habe Lady Diana umgebracht, weil ihre Liaison mit dem Moslem Dodi al Fayed für das Königshaus unerträglich war. Diese Theorie fand besonders in Dodis Heimatland Ägypten viele Anhänger, weil sie mit dem Weltbild vieler Ägypter gut vereinbar ist.
     
    In England glaubten viele Menschen die Behauptungen des Betrüger Titus Oates, dass Katholiken im Jahre 1678 einen Massenmord an der protestantischen Bevölkerung planten. Große Teile der Bevölkerung
trauten den Katholiken damals jedes Verbrechen zu. Auf der Grundlage dieses
Verschwörungsglaubens
konnte Oates eine
Verschwörungslegende
aufbauen, die er frei erfunden hatte. Er deutete nicht etwa ein bestehendes Ereignis um, sondern erfand gleich die gesamte Geschichte. Die
Verschwörungstheorie
dazu besagte, dass die Jesuiten heimlich in England tätig waren, um auf Befehl des Papstes Böses zu tun. Der zugrunde liegende Verschwörungsglauben war für lange Zeit unausrottbar und machte es den englischen Regierungen bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein unmöglich, die restriktiven Katholikengesetze aufzuheben.
     
    Die hier vorgestellte Definition behebt die Schwächen der bisherigen Definitionsversuche. Sie erklärt, warum sich ein Verschwörungsthema ohne äußere Bestätigung, allein durch die Wechselwirkung der drei Erscheinungsformen, weiterentwickeln und ausbreiten kann: Der Verschwörungsglauben begünstigt die Entstehung von Verschwörungslegenden, die wiederum als Anschauungs- und Beweismaterial für pseudogelehrte Verschwörungstheorien dienen. Die scheinbare wissenschaftliche Bestätigung verfestigt wiederum den Verschwörungsglauben und bewirkt, dass weitere Legenden entstehen. Diese Klassifikation des Verschwörungsdenkens ist rein formeller Natur, sie erlaubt keine Aussage über den Wahrheitsgehalt eines Verschwörungsglaubens, einer Verschwörungslegende oder einer Verschwörungstheorie.
    Vollkommen unbegründet war zum Beispiel die im England des siebzehnten Jahrhunderts weit verbreitete Furcht, die Katholiken planten Massaker an der englischen Bevölkerung. Der aktuelle Verschwörungsglauben, dass islamische Terrorkommandos Anschläge auf die Zivilbevölkerung in Europa und Amerika vorbereiten, hat sich dagegen als wahr erwiesen.
    Der Wahrheitsgehalt einer Verschwörungslegende ist oft

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