Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer
weil er nicht nach Recht und Gesetz geführt worden war. Ferner erklärte er die Ermächtigung des Inquisitors für das Bistum Brixen für erloschen. Kramer hätte damit nicht nur den Prozess verloren, sondern auch die Prozesskosten tragen müssen. Wohl hauptsächlich deshalb sträubte er sich dagegen, seine Ermächtigungsurkunde abzugeben und das Urteil anzuerkennen. Kurzerhand übernahm Erzherzog Sigmund die Kosten und verhalf dem Prozess damit zu einem schnellen Ende.
Obwohl man den fanatischen Inquisitor möglichst schnell loswerden
wollte, dachte der nicht daran, Innsbruck zu verlassen, sondern verlangte die Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Bischof forderte ihn im November nachdrücklich auf, das Bistum zu verlassen. Kramer blieb, ja mehr noch: Anfang 1486 trat er vor den Bischof und trug ihm seine Ideen zur Fortsetzung der Hexenverfolgungen vor. Da riss dem Bischof endgültig der Geduldsfaden. Er beauftragte brieflich einen Freund, Kramer zum Verlassen der Diözese zu bewegen. Der Brief ist erhalten und wirft ein bemerkenswertes Licht auf den Inquisitor. Der Bischof schreibt, Kramer benehme sich für sein Alter reichlich kindisch. »Mihi delirare videtur« [ich halte ihn für verrückt], setzt er hinzu und fährt fort, Kramer solle in sein Kloster zurückkehren und aufhören, andere Menschen zu belästigen.
Der Bischof ließ Kramer weiterhin ausrichten, dass ihn niemand mehr vor den Angriffen der Verwandten der zu Unrecht beschuldigten Frauen schützen werde, wenn er nicht sofort abreise. Erst jetzt verließ Kramer das Bistum tatsächlich.
Diese demütigende Niederlage muss wohl als Anstoß für sein wenige Monate später erscheinendes Buch
Malleus Maleficarum
betrachtet werden, das unter den zahlreichen Zeugnissen gelehrten Schwachsinns selbst heute noch einen unehrenhaften Spitzenplatz einnimmt. Es richtete sich praktisch ausschließlich gegen Frauen. Nach Kramers Auffassung waren sie schwach im Glauben und deshalb viel anfälliger für die Einflüsterungen des Teufels. In seinem Buch versucht er zunächst nachzuweisen, dass Hexerei real sei. Viele Rechtsgelehrte und Theologen seiner Zeit bezweifelten das. Sie hielten Hexerei für eine heidnische Irrlehre und Wetter- oder Schadenszauber für Aberglauben. Heinrich Kramer behauptete, dass es Häresie sei, nicht an die Realität der Hexerei zu glauben. Die Macht (der fast ausschließlich weiblichen) Hexen käme vom Teufel. Sie hätten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, denn nur er könne die Macht zum Schadenszaubern verleihen. Die Rituale der Hexen baten den Teufel lediglich um seine Mithilfe, direkte Wirkung hatten sie nicht. Natürlich musste Gott das erlaubt haben,
denn ohne die Erlaubnis des allmächtigen Gottes könnte auch der Teufel keine Untaten wirken.
Einen Teufelspakt sah Kramer bereits geschlossen, wenn jemand mit magischen Hilfsmitteln etwas bewirken wollte. Eine Hexe wusste, so lautete seine Argumentation, dass Magie nur mit Hilfe des Teufels bewirkt werden könne. Also reiche schon der Wille zum Einsatz von Magie aus, um mit dem Teufel einen Pakt zu schließen. Kramer berief sich dabei auf die anerkannten Religionsphilosophen Augustinus und Thomas von Aquin. Breiten Raum nimmt im
Malleus
der Impotenzzauber ein. Dass Kramer gerade auf diesem Gebiet den Hexen außerordentliche Leistungen zutraute, ist aus psychologischer Sicht sicherlich bemerkenswert.
Gegen alle Arten der Zauberei lässt Kramer nur die Mittel der Kirche gelten. Wer magische Amulette, Gegenzauber, Zauberzettel oder Ähnliches verwende, habe bereits selbst einen Teufelspakt geschlossen. Kramer garnierte sein Buch mit rund 250 Beispielen, darunter viele aus seiner eigenen Erfahrung. Dabei verdrehte er die tatsächlichen Ereignisse oft bis zur Unkenntlichkeit in seinem Sinne. Als Strafe für überführte Hexen empfahl Kramer grundsätzlich den Tod durch Verbrennen. Es war zu seiner Zeit keineswegs üblich, überführte Hexen gleich auf den Scheiterhaufen zu bringen. Aber Kramer wollte die Feinde des Glaubens nicht bekehren, sondern ausrotten. Im Aufkommen von Häretikern und der Zunahme des Hexenwesens (man sprach damals durchaus von einer Hexensekte) sah er Anzeichen einer unmittelbar bevorstehenden Endzeit. Möglicherweise glaubte er sich sogar selbst in einen apokalyptischen Kampf mit den Mächten des Bösen verstrickt.
Damit sein Buch auch ausreichende Resonanz fand, nahm Kramer, ohne zu fragen, seinen Ordensbruder Jakob Sprenger als Zweitautor mit auf den Titel.
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