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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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Packung und schnäuzte hinein.
    »Anke …«
    Sie winkte ab. »Bemüh dich nicht.«
    Eine Weile blieb es still.
    »Du wirst sicher wieder etwas finden. Du bist gut.« Er versuchte ein Lächeln. »Und bis dahin kann ich dir helfen.«
    »Brauchst du nicht.«
    »Ich weiß.«
    Sie blickte auf und plötzlich mussten beide lachen, Anke durch ihre Tränen. Conrad setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. Sie roch nach einem Rest Parfüm und nach sich selbst.
    »Vielleicht ist es ganz gut so für Sammy«, sagte sie.
    »Ich komme, sooft ich kann.«
    »Na, das wird was werden.«
    Dann löste er sich von ihr. »Jedenfalls, wenn dein Rein-dingsbums dich nicht zu sehr in Anspruch nimmt.«
    Sie neigte den Kopf nach rechts. »Eifersüchtig?«
    Ja, hätte er sagen müssen, schon irgendwie, obwohl er kein Recht dazu hatte. Schließlich war Conrad ausgezogen, weil die Frau vor Lilly auf der Bildfläche erschienen war. Es war nichts Besonderes gewesen, ein bisschen Sex, dann Langeweile und Single Malt. Dann kam Lilly.
    »Reinhard mochte Sammy nicht. Er hat es nicht gesagt, aber er mochte ihn nicht. Deshalb gibt’s ihn nicht mehr.«
    Conrad hätte beinahe aufgeatmet, doch er beherrschte sich, stattdessen fragte er: »Wann kommt Sammy wieder?«
    »Wenn du ihn holst und herbringst, jetzt.«
    Für einen Moment kam ein Gefühl auf, wie er es oft am Küchentisch seiner Großmutter gespürt hatte, ein Gefühl von Vorfreude und Geborgenheit. Er wusste, dass es eine Illusion war. Es gab kein Zurück, und er wollte auch keins.
    Er erhob sich. »Dann mache ich mich mal auf den Weg.«
    Anke nickte und steckte den Korken auf die Flasche. »Ich geh rasch duschen und …«, sie blickte an sich hinab, »was anderes anziehen.«
    Bevor Conrad die Tür erreichte, drehte er sich noch einmal um. »Wir kriegen das schon hin«, sagte er. Ihrem Blick entnahm er, dass sie das auch gern glaubte.
    »Nimm den Müll mit runter!«
    Alles beim Alten. Er lächelte. Sie würden es schaffen, sicher.

Claire
    Hitze stand zwischen den Kiefern. Das Gehen im Sand fiel mir schwer mit der Prothese. Es war zu früh für solche Wege, aber ich hatte zu viel versäumt. Ich konnte nicht warten. Nie. Wir nahmen den Pfad zur Düne hinauf. Tom ging voraus. Das Meer aus meinen Träumen war blau und weiß und weit. Die Wirklichkeit verschmolz die See bleigrau mit dem Himmel.
    »Was fällt Ihnen ein? Machen Sie, dass Sie wegkommen.« Die Luft trug die Stimme kaum. Wir entdeckten eine Alte, die hinter dem Sanddorngebüsch hervorlugte, das einen kleinen Hof befriedete. Bis auf ein Häuschen mit hellem Putz waren die Gebäude zu Ruinen verkommen. Der Hof lag so verborgen, dass man ihn nur von der Düne aus sehen konnte.
    Ich hielt inne, Tom wollte mich weiterziehen. Doch ich konnte nicht, ließ mich in den Sand sinken und umklammerte meinen Stumpf. Der Unfall lag erst wenige Wochen zurück. Er hatte mir nur das linke Bein genommen, nur das.
    »Gut«, sagte er. »Ruh dich aus.«
    Tom war mir gefolgt. Durch die Alleen Brandenburgs, durch die Klinikflure bis an den Rand der See. Er hatte mir den Schweiß von der Stirn getupft, und ich hatte ihm einen Teil meiner Schmerzmittel zugesteckt.
    »Verschwinden Sie von meinem Hof.« Wie Strandhafer im Wind wankte die Alte. In sicherem Abstand blieb sie stehen. Ihr Gesicht war von den Jahren zerfurcht.
    »Wir haben nicht vor, Ihren Hof zu betreten«, sagte Tom und setzte sich neben mich. Schweiß glänzte auf seiner Schläfe, er hätte seiner »kleinen Dosis« bedurft. Ich schob ihm meine 30mg Tablette in die Hand. Das Morphin würde einige Zeit brauchen, bis es ihn befreite.
    Die Alte starrte uns an und rührte sich nicht. »Nicht«, sagte sie. Ihr Zorn bröckelte.
    Eine Minute verging, in der nur das träge Geräusch der Wellen zu hören war. Der Schmerz wütete in meinem Bein.
    »Ja, dann …«, sie stand unschlüssig herum, »… sind Sie wohl jemand anderes.« Jede Sekunde ließ sie altern. Ich hatte das Gefühl, wenn ich nichts Freundliches sagte, würde sie vor unseren Augen zu Staub zerfallen.
    »Wohnen Sie hier schon lange?«, fragte ich, um der Stille Einhalt zu gebieten.
    »Ich wohne hier nicht, ich lebe hier.« Sie schien feine Unterschiede zu machen. »Ja. Seit unserer Hochzeit.«
    »Ein gutes Haus und ein interessanter Garten«, warf Tom ein. Plötzlich strahlte sie, als hätte jemand ganz innen das Licht angeknipst.
    »Der Hof ist mein Ein und Alles.« Sie blickte zärtlich auf das helle Gebäude. »Ich liebe ihn, seit ich ihn

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