Freitags Tod
sie hätten. Aber Beweise gegen einen oder eine von ihnen haben wir nicht.«
»Lass uns doch noch mal überlegen. Eck ist definitiv raus. Was ist mit Henry?«
»Mann, Conrad, das haben wir so oft durchgekaut, dass ich es nicht mehr hören kann.« Sven ging zu der Magnettafel, an der Fotos und Dokumente hefteten. Die Fotos von der Leiche lagerten mit Rücksicht auf Julia in einem Ordner daneben. Er knallte den Handrücken auf Henry Freitags Bild.
»Henry. Kein Alibi. Das Messer: keine Anhaftungen von menschlichem Blut, dafür von Kuhblut. Es ist ein simples Küchenmesser, das im Messerblock in der Freitagschen Küche fehlt. Damit ist niemand erstochen worden. Dennoch behauptet er es steif und fest.« Er knallte seine Hand auf das zweite Bild. »Sophie. Will zunächst geschlafen haben in der fraglichen Nacht. Ihre Mutter bezeugt, dass sie Sophie am Abend so gegen acht in ihrem Zimmer besucht hat. Sie habe wieder Migräne gehabt und sei in dem Zustand nicht in der Lage gewesen aufzustehen. Sophie sagt, sie sei durch einen Alptraum erwacht und habe sich auf den Weg gemacht, ihren Vater zu ermorden, der an allem schuld sei. Das Messer, das bei ihr gefunden wurde, ist nicht die Tatwaffe. Es wurde Blut von Sophie daran gefunden, die Gründe dafür kennen wir. Kein Opferblut. Sophie ist schwanger. Über den Vater des Kindes schweigt sie. Aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Schwangerschaft eine Folge von Missbrauch ist. Sie hatte also ein starkes Motiv. Zum Tathergang bleibt sie vage, könne sich nicht richtig erinnern.« Sven trat einen Schritt zurück, hob wieder die Hand.
»Sophie hat es wohl am härtesten getroffen. Ihr würde ich den Mord am ehesten zutrauen«, unterbrach Conrad.
»Ich auch«, schloss sich Julia an, aber Sven ließ sich nicht beirren. Seine Hand knallte auf Hedwig Freitags Foto nieder.
»Hedwig. Die Glück hat sie tatsächlich mit einem Messer gesehen, aber da war sie in der Küche beim Fleischschneiden. Das ist alles andere als ein Beweis. Zum Verbleib der Tatwaffe macht sie widersprüchliche Angaben. Mal hat sie sie in die Mülltonne gesteckt, mal in die Berkel geschmissen, wo genau, weiß sie nicht mehr, weil sie mit Tabletten zugedröhnt gewesen sein will, was Henry allerdings bestätigt. Auch sie hat ein Motiv, besonders, wenn sie von der Schwangerschaft der Tochter und dem Missbrauch gewusst hat.« Er machte eine Pause und setzte sich wieder.
»Die labortechnischen Ergebnisse bringen uns auch nicht weiter. Faserspuren der ganzen Familie an der Kleidung des Opfers, Fingerabdrücke von Hedwig im Büro, die nichts besagen, als dass sie da war. Warum auch nicht? Er war ihr Ehemann. Sie bestätigt, dass sie ihn besucht hat. Irina Glück hat sie auch mitunter dort gesehen.« Er knallte die flache Hand rhythmisch auf die Tischplatte. »Wir haben nichts, nichts, nichts!« Dem hatte niemand etwas hinzuzufügen.
Nach einer ganzen Weile fragte Julia: »Und was machen wir jetzt?«
»Wir gehen nach Hause«, sagte Conrad und erhob sich steif.
»Und was wird mit den Freitags?« Julia schob ihre Papiere zusammen, sammelte die Tassen ein und zog ihre Jacke über.
»Die gehen auch nach Hause. Der junge Typ, der die Staatsanwältin vertritt, wie hieß er noch mal?«
»Johannes von Braun«, half Sven aus.
»Danke, … wird die Haftentlassung von Eck, Henry und Sophie anordnen.«
»Hedwig?«, warf Julia hin.
»Ist immer noch stationär untergebracht, freiwillig, soweit ich weiß. Da sollen sich die Psychofritzen drum kümmern«, gab Conrad zurück.
»Ja, dann …« Sven hob die Hand. »Dann kümmere ich mich mal wieder um meine Internetkriminellen.« An der Tür fiel ihm noch was ein. »Hast du Lust auf ein Bier heute Abend?«
»Und mich fragt keiner«, protestierte Julia. »Aber macht mal. Ich hab eh schon was vor.«
»Heute ist schlecht. Was ist mit Morgen?« Conrad dachte daran, was er noch alles zu erledigen hatte.
»Meinetwegen.« Damit war Sven aus der Tür. Conrad trat an die Magnettafel und musterte die Bilder. Drei Täter, die keine waren. Also musste alles von vorn beginnen.
Der Klang der Klingel verhallte hinter der Wohnungstür. Mit dem Finger strich er über das Namensschild, »Anke, Conrad & Samuel Böse«, ein Zittern in der Brust. Conrad fuhr sich übers Kinn. Eine halbe Stunde hatte er im Bad verbracht, geduscht, sich rasiert, den Duft aufgelegt, den Anke mochte. Doch die Bräune in seinem Gesicht täuschte nicht über die Unsicherheit hinweg, die sein Spiegelbild ihm
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