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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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zeigte. Während er in Jeans und T-Shirt geschlüpft war, dachte er, dass es eine Lösung geben musste, so konnte es nicht weitergehen, für niemanden. Er drückte wieder die Klingel, in dem Moment öffnete sich die Tür. Anke im Jogginganzug, das Haar stand ihr vom Kopf ab. Sonst war es meist zu einem Knoten aufgesteckt, glänzte in Kastanie, heute nicht. »Komm rein.«
    Müllbeutel lagen im Flur, das Wohnzimmer musste gelüftet werden.
    »Wo ist Sammy?«
    »Bei meiner Mutter.« Anke ließ sich aufs Sofa fallen und zog die Knie unters Kinn. Sie sah ihn nicht an, ihre Haut hatte die Farbe von Vanillepudding. So hatte Conrad sie noch nie gesehen. Wo war die Frau im Businesskostüm mit dem kristallklaren Blick? Er setzte sich in den Sessel.
    »Alles okay mit dir?« Ein wenig unheimlich kam Conrad die Situation vor. Keine Vorwürfe, keine Drohungen, dass er Sammy nie wiedersehen würde, nichts, wie er es sich ausgemalt hatte.
    »Ja, klar.« Sie schenkte sich Weißwein ein und drehte das Glas zwischen den Fingern.
    »Sieht aber nicht so aus.« Vorsicht. Das Eis, auf dem er stand, hatte Risse.
    »Bist du gekommen, um dich nach meinem Befinden zu erkundigen?«
    »Auch. Ja.«
    »Du siehst ja, wie es mir geht. Reicht das? Können wir jetzt über Sammy reden?« Sie nippte an ihrem Glas. Eine Träne tropfte hinein.
    »Was, in aller Welt, ist denn passiert, Anke?« Conrad sprang auf und riss das Fenster auf, Frühsommerluft flutete ins Zimmer.
    »Nichts Besonderes. Das Geschäft in der Schweiz ist geplatzt, und ich bin früher zurückgekommen.« In einem Zug trank sie das Glas leer und stellte es ab. »Ich hätte allerdings nicht erwartet, dass du Sammy allein lässt.« Ihre Augen blitzten. Das war die Frau, die Conrad kannte, jedenfalls ein Stück von ihr.
    »Ich habe ihn nicht allein gelassen. Er war bei Sven. Die zwei verstehen sich prima. Sven hat ein Computerspiel …« Und schon verteidigte er sich. Das hatte er immer getan. Anke brauchte nichts zu sagen, musste ihn nur ansehen. »Dieser Fall. Er nimmt mich mehr in Anspruch, als … Ich musste weg.«
    »Jeder Fall nimmt dich in Anspruch, mehr als du es willst. Ich weiß. Ich habe es jahrelang erlebt. Aber Sammy ist nun mal da. Wir haben ihn gewollt. Beide. Erinnerst du dich?«
    Und ob er sich erinnerte! Nichts hatten sie sich sehnlicher gewünscht als ein Kind, eines das leben durfte. Conrad hatte Anke auf einer Geburtstagsparty kennengelernt, Lichterketten, Bier und Sommerwind. Sie waren neunzehn und hatten ihre Abiturzeugnisse in den Händen, sonst nichts. Es gab also Gründe, warum Anke abtrieb. Mit ihren Eltern hatte sie nicht darüber gesprochen, das ging nicht, nicht unter dem Kruzifix im Wohnzimmer. Sie war das älteste von vier Mädchen, und die Mutter hatte sie ermutigt zu studieren, Landwirtschaft wenn möglich, damit sie den Hof übernehmen und ihn endlich mit Gewinn führen könnte. Anke und Conrad hatten keiner Menschenseele irgendetwas davon gesagt, noch nicht einmal einander gestanden sie ein, wie sehr sie litten. Ich lasse es wegmachen, hatte Anke gesagt, und Conrad hatte genickt. Ein Jahr später heirateten sie. Es war nicht die Liebe ihres Lebens. Sie mochten sich irgendwie, hatten Freunde, gingen aus, beendeten ihre Studien. Anke wählte BWL, und der Hof kam unter den Hammer, die Schwestern wollten ihn ebenso wenig.
    Irgendwann richteten sie eine Wohnung ein, die ein Zimmer zu viel hatte. Ich will ein Kind, sagte Anke, und der Schleier über ihrer beider Leben schien sich zu heben. Aber es kam keines. Sie liefen zu Ärzten und ließen sich untersuchen. Bei Conrad war alles in Ordnung, bei Anke auch, schwanger wurde sie aber dennoch nicht. Sie hielten es beieinander aus, bis Jahre später Sammy kam. Er war die Erlösung, doch von da an gab es Streit um die Wäsche, um den Einkauf und um die Nächte. Irgendwann war es vorüber.
     
    Conrad war im Zimmer umhergegangen, nun setzte er sich wieder. »Lass uns nicht mehr streiten, Anke. Es hat keinen Sinn. Du weißt, dass ich Sammy lieb habe. Und mir ist auch klar, wie wichtig dir deine Arbeit ist. Aber …«
    Sie lachte auf. »War, Conrad, war. Ab heute gibt es keine Arbeit mehr.« Sie füllte das Glas auf.
    Conrad sagte nichts. Was hätte er auch sagen sollen? Dass es ihm leid tue für sie? Das tat es. Aber er konnte es nicht aussprechen.
    »Jetzt kannst du deinen Verbrechern nachjagen und brauchst dich nicht mehr um Sammys Unterbringung zu kümmern. Ich bin ja zu Hause.« Sie nahm ein Taschentuch aus der

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