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Freiwild

Freiwild

Titel: Freiwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Belle
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Mundwinkel zuckten, aber im gleichen Tonfall antwortete er: „Nein, wieso?“. „Können wir reden?“. Er nickte. Wir würden reden müssen. Da gab es so viel Ungeklärtes zwischen uns.
    Ralf hatte ein Sixpack Bier organisiert und wir saßen im Schneidersitz auf meinem Bett, uns gegenüber. Ralf achtete peinlich darauf, mir nicht zu nahe zu kommen. Er beobachtete mich sorgfältig und wartete gespannt auf das, was nun wohl kommen mochte.
    Ich trank die erste Dose Bier fast in einem Zug aus. Ich brauchte Mut, denn ich hatte vor, einen Seelenstriptease hinzulegen und meine verletzliche Seite zu offenbaren. Ich musste Ralf in meine Pläne einweihen und sehen, ob er mitspielen würde. Dafür musste ich aber auch wissen, was er für mich empfand. Es konnte nicht alles, was er für mich getan hatte, mit seinem Job zusammenhängen. Ich hatte lange über sein Verhalten gegrübelt und war zu dem Schluss gekommen, dass da mehr sein musste als reine Pflichterfüllung.
    „ Ich fand das sehr lieb von dir, wie du dich um mich gekümmert hast.“ Ralf hob eine Augenbraue und wartete skeptisch, was ich sonst noch sagen wollte. Aber jetzt wurde es kompliziert. Wie könnte ich ihn bitten, mich anzufassen? Konnte ich es überhaupt solange ich mir nicht sicher war, wie es in ihm aussah? Was wäre, wenn er es als Aufforderung ansah, mir ebenso weh zu tun, wie es der Vergewaltiger getan hatte? Ich wusste eigentlich nichts über diesen Mann; nur, dass er aufopferungsvoll für mich dagewesen war als ich ihn gebraucht hatte. Konnte ich ihn überhaupt um mehr bitten? Hatte er nicht behauptet, es wäre sein Job, auf mich aufzupassen? Seine Stellung beinhaltete mit Sicherheit keinen Körperkontakt.
    „ Ich will nicht über das sprechen, was passiert ist. Es ist vorbei und geschehen. Darüber zu reden macht es für mich nur noch lebendiger“, setzte ich an, um gleich von vorneherein klar zu stellen, dass es mir nicht darum ging. „Es tut mir leid, dass ich dich auf dem Hof so angeschrien habe. Entschuldige.“ Ich senkte den Kopf und trank noch einen Schluck Bier. „Ich versuche ja, mich normal zu verhalten. Ich versuche wirklich mein Bestes.“ Ich stockte. Das war so schwer, auf den Punkt zu kommen. Ich nahm allen Mut zusammen: „Ralf, magst du mich eigentlich? Oder war das alles einfach nur Pflicht von dir?“ Wie Oberst Breitenbacher gesagt hatte: manchmal ist es das Beste, einfach ins kalte Wasser zu springen anstatt um den heißen Brei herum zu reden.
    Gequält schaute Ralf mich an. Seine Stirn lag in Sorgenfalten. Er sah mir direkt in die Augen. Ruhig und bedacht fing er an zu reden: „Anne, natürlich mag ich dich. Mehr sogar als du glaubst. Ich mochte dich in dem Augenblick, als ich dich im Flugzeug sah. Ich dachte, das hättest du gemerkt.“ Ralf stockte. „Du hast so furchtbar gelitten. Es tat mir entsetzlich weh, dich so zu sehen“.
    Ich nickte. Ja, das hatte ich bemerkt. Es war durch die Lethargie zu mir gedrungen, dass er litt. Alle Gefühle, die ich nicht zulassen wollte, hatte er für mich durchlebt; das hatte man ihm ansehen können.
    „ Kann ich dich um noch einen Gefallen bitten?“ Ohne seine Antwort abzuwarten, sprach ich weiter: „Ich muss wieder lernen, mich berühren zu lassen. Ich kann nicht ewig jedem Händedruck aus dem Weg gehen. Es kann nicht sein, dass du mir den Arm um die Schultern legen willst und ich anfange zu kreischen. Das geht auf die Dauer nicht gut.“
    „ Sagtest du 'Dauer'?“, unterbrach mich Ralf. Ohne darüber nachzudenken, hatte ich einfach vor mich hin geplappert. Ich hatte mir keine Gedanken gemacht um die 'Dauer' und wollte es jetzt auch nicht tun. Ich hatte ein Problem und er sollte mir helfen es zu lösen. Ohne mich berühren lassen zu können, stellte sich für mich die Frage nach einer 'Dauer' erst gar nicht. Musste er mir jedes Wort einzeln im Mund umdrehen?
    Ich lächelte schief, ließ seine Frage aber unbeantwortet. „Also, ich vertraue dir und möchte, dass du mir wieder zeigst, dass Berührungen nichts Schlimmes sind. Ich hoffe, du fällst nicht gleich über mich her...“ Fragend schaute ich ihn an, aber er schüttelte den Kopf: „Du solltest wissen, das ich dir nichts tue.“ „Kannst du mich bitte mal anfassen?“. Mein Herz klopfte. Gleich würde ich wieder dieses Gefühl von glühendem Eisen auf meiner Haut spüren und wappnete mich. Ich würde losbrüllen müssen und die ganze SFOR käme in mein Zimmer gestürmt und es wäre alles entsetzlich peinlich. Ich hielt

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