Fremd fischen
gesprochen), aber trotzdem ist mir ein bisschen seltsam zumute, als ich Dex zur Begrüßung einen Kuss gebe. Nicht richtig schuldbewusst – eher zurückhaltend.
« Du hast mir so sehr gefehlt», sagt Dex kopfschüttelnd.« Ich hab immer gehofft, du würdest nach Dallas kommen und mich überraschen.»
Ich muss lachen, weil ich daran tatsächlich gedacht habe.«Du hast mir auch gefehlt», sage ich und merke, wie ich mich entspanne.
Wir stehen an der Ecke und grinsen uns dämlich an, bevor wir in den Bagel-Shop gehen. Der Laden ist rappelvoll, und das gibt uns einen Vorwand, uns zu berühren – seine Finger streifen meine, unsere Beine schieben sich aneinander, seine Hand liegt in meinem Kreuz, als wir uns in der Warteschlange voranbewegen. Ich sonne mich in dem Gefühl, in seiner Nähe zu sein, und bin so abgelenkt, dass ich nichts bestellen kann. Wir lassen drei Leute vor, ehe wir uns für Eiersalat-Sandwiches zum Mitnehmen entscheiden. Wir bezahlen die Bagels und zwei Eistee mit Zitrone und gehen dann geradewegs zu mir nach Hause. Ich ermahne mich, mich nicht allzu sehr von meinen Gefühlen hinreißen zu lassen, wenn wir endlich allein sind. Ich muss wirklich mit ihm über Darcy reden, bevor der Junggesellinnenabschied losgeht. Ich muss es beim Eiersalat tun. Es sei denn natürlich, er fängt zuerst davon an.
Als wir gerade auf das Gebäude zugehen, sehe ich, dass Claire uns entgegenkommt. Sie ist nur einen halben Block weit entfernt. Ich höre Dex leise fluchen und sehe den Ausdruck von Verwirrung auf Claires Gesicht. Ich habe keine Zeit mehr, mich mit Dex zu beraten
und eine Geschichte auf die Beine zu bringen. Noch fünf Schritte, und sie steht vor uns. Sie hat uns kalt erwischt.
« Hi, Claire!», sagt Dex forsch.
« Was macht ihr beide denn hier?»Sie wechselt die senffarbene Prada-Tasche von einer Schulter auf die andere und lächelt verblüfft.
Ich lache nervös.«Was machst du hier?», frage ich – der klägliche Versuch, ein paar Sekunden Zeit zu schinden. Ich stehe schrecklich unter Druck. Eine absolute Katastrophe. Ich sollte nicht als Prozessanwältin arbeiten – zumindest nicht als eine, die vielleicht mal das Licht des Gerichtssaals erblicken wird. Bei meinen großen Aktenkisten in einem überklimatisierten Konferenzzimmer bin ich besser aufgehoben.
« Ich hab heute früher Feierabend gemacht, um mich auf die Party morgen vorzubereiten … Ich war gerade in Kate’s Paperie und hab Geschenkpapier und eine Karte für Darcy gekauft.»Sie wirft einen Blick auf unsere braunen Papiertüten. Ich habe unseren Eistee, Dex die Sandwiches.«Ihr wollt essen?»
« Nein», sagt Dexter. Er ist völlig gefasst.«Das heißt, ja, wir haben gerade Lunch gekauft. Aber ich bin auf dem Weg zu meinem Wagen – ich fahre jetzt in die Hamptons.»
« Oh», sagt sie, aber zufrieden ist sie noch nicht. Zum Glück sieht sie weiter Dex an. Ich habe mehr Vertrauen zu ihm als zu mir selbst.
« Ich musste Rachel etwas für Darcy geben», sagt Dex.
Sie legt den Kopf schräg.«Was denn?»
Ich glaube nicht, dass sie misstrauisch ist; sie kommt einfach nicht auf die Idee, dass unsere Angelegenheiten sie vielleicht nichts angehen könnten. In ihren Augen
gehört sie zum inneren Darcy-Kreis, und alles, was ihre Freundin betrifft, geht auch sie etwas an. Und was Dex und ich tun, betrifft Darcy unter allen Umständen.
« Einen Brief», sagt Dex.«Eine Kleinigkeit, die sie vor ihrem wilden und verrückten Zug durch die Gemeinde bekommen soll.»
« Oh.»Claire lächelt und fragt sich offenbar nicht, warum Dex einen solchen Brief nicht in der gemeinsamen Wohnung lassen konnte – warum er mich als Botin beauftragen muss.«Tja, wild und verrückt wird es werden, darauf kannst du dich verlassen.»
« Ich kann’s mir wahrscheinlich nur annähernd vorstellen … », sagt Dex.
« Und du, Rachel – nimmst du dir den Nachmittag frei?»
Ich stammle und stottere und sage:«Ja, nein, ich weiß noch nicht, vielleicht.»
« Ach, scheiß doch auf die Arbeit. Komm mit und hilf mir bei den letzten Besorgungen für die Party. Ich wollte gerade zur Lingerie in der Lexington Avenue, um ein paar Extras zu holen», sagt sie. Wir haben den Junggesellinnenabschied morgen Abend als Dessous-Party geplant.«Komm mit. Bitte.»
« Na gut. Einverstanden. Ich muss nur rasch in die Wohnung, mich umziehen und einen Anruf erledigen. Treffen wir uns in einer Viertelstunde?»
« Super!», sagt Claire.
Ich warte darauf, dass sie als Erste geht, und
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