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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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mal Urlaub von Les.»
    « Aber ich brauch dich hier», winselt sie. Anscheinend sind ihre zehn Sekunden Mitgefühl abgelaufen.
    « Claire ist auch noch da.»
    « Das ist nicht dasselbe. Du bist meine Ehrenjungfer. »
    « Darcy. Ich brauche Urlaub. Okay?»
    « Dann muss es wohl so sein.»Ich sehe ihren Schmollmund vor mir.«Oder?», fügt sie in hoffnungsvollem Ton hinzu.
    « Genau.»
    Sie seufzt laut und versucht es mit einer anderen Taktik.«Kannst du nicht in der Woche fliegen, in der ich auf Hawaii in den Flitterwochen bin?»
    « Könnte ich.»Ich sehe Darcy in ihren neuen Dessous vor mir.«Wenn meine Welt sich um dich drehen würde … aber bedauernswerterweise tut sie das nicht.»
    So was habe ich noch nie zu Darcy gesagt. Aber die Dinge haben sich geändert.
    « Okay. Schön. Aber morgen Mittag treffen wir uns im Bridal Party, um dein Ehrenjungfernkleid abzuholen … Es sei denn, du hast vor, morgen nach Venedig zu fliegen oder so was.»

    « Sehr komisch», sage ich und lege auf.
    Jetzt wird Dex erfahren, dass ich nach London fliege. Ich bin gespannt, wie er es aufnehmen wird, wenn er davon hört. Vielleicht wird er sich dann schneller entscheiden. Mir noch etwas Gutes sagen, bevor ich weit wegfliege.
    Ich warte und warte, und jede Stunde, die vergeht, bringt größere Qualen. Kein Wort von ihm. Kein Anruf. Keine E-Mail. Immer wieder schaue ich, ob das rote Lämpchen blinkt, das mir eine Nachricht meldet. Nichts. Unzählige Male fange ich an, seine Telefonnummer zu wählen, und ich verfasse lange E-Mails, die ich nicht abschicke. Irgendwie bleibe ich standhaft.
    Am Abend vor meinem Abflug summt José mich an.« Dex ist hier und möchte zu Ihnen.»
    Eine Welle von Emotionen bricht über mich hinweg. Die Hochzeit ist abgesagt! Einmal im Leben bekomme ich das Sahneschnittchen! Einen Augenblick lang legen sich dunkle Wolken über mein Glücksgefühl, denn ich muss an Darcy denken – was wird aus unserer Freundschaft werden? Weiß sie, was ich mit alldem zu tun habe? Aber ich schiebe den Gedanken an sie beiseite und konzentriere mich auf meine Gefühle für Dex. Er ist jetzt wichtiger.
    Aber als ich die Tür aufmache, macht er den falschen Gesichtsausdruck.
    « Können wir uns unterhalten?», fragt er.
    « Ja.»Meine Stimme ist ein Flüstern.
    Steif sitze ich da, als müsse ich jetzt vernehmen, dass jemand, der mir sehr nah steht, gestorben sei. Als wäre er ein Polizist, der mit der Mütze in der Hand vor meiner Tür steht.
    Er setzt sich zu mir, und dann kommen die Worte. Es war eine sehr schwere Entscheidung … Ich liebe
dich wirklich … Ich kann bloß nicht … Ich habe viel darüber nachgedacht … fühle mich schuldig … wollte dich nicht an der Nase herumführen … unsere Freundschaft … unglaublich schwierig … Mir liegt zu viel an Darcy … kann ihr das nicht antun … bin es ihrer Familie schuldig … fünf Jahre … der Sommer war sehr leidenschaftlich … ehrlich gemeint, was ich gesagt habe … es tut mir Leid … Leid … wirklich Leid … werde dich immer, immer lieben …
    Dex bedeckt sein Gesicht mit den Händen, und ich habe plötzlich einen Flashback: Ich sehe meinen Geburtstag vor mir und denke daran, wie sehr ich seine Hände bewundert habe, als wir mit dem Taxi die First Avenue hinauffuhren. Kurz bevor er mich geküsst hat. Und jetzt … jetzt sind wir hier. Am Ende. Und ich werde ihn nie wieder küssen.
    « Sag was », bittet Dex. Seine Augen sind glasig, seine Wimpern nass und kohlrabenschwarz. «Bitte sag was. »
    Ich höre mich sagen, dass ich es verstehe und dass ich damit leben kann. Ich weine nicht. Stattdessen konzentriere ich mich aufs Atmen. Ein und aus. Ein und aus. Schweigen. Es gibt nichts mehr zu sagen.
    « Du solltest jetzt gehen», sage ich.
    Als Dexter aufsteht und zur Tür geht, überlege ich, ob ich schreien, ihn anflehen soll: Geh nicht! Bitte! Ich liebe dich! Überleg’s dir! Sie betrügt dich! Aber stattdessen sehe ich zu, wie er geht, ohne zu zögern oder sich noch einmal umzudrehen und mich ein letztes Mal anzusehen.
    Lange starre ich die Tür an und lausche dem Aufschrei der Stille. Ich möchte weinen, damit irgendetwas diese Furcht erregende Leere ausfüllt, aber ich kann es nicht. Die Stille macht sich immer mehr vernehmbar,
während ich mir überlege, was ich jetzt tun soll. Packen? Schlafen gehen? Ethan anrufen? Hillary? Eine irrationale Sekunde lang kommen mir jene Gedanken, die niemand je zugibt – ich schlucke ein Dutzend Schlaftabletten und spüle sie

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