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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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teilweise.
    « Wir sollten das nicht tun.»Es ist ein verwässerter Protest, aber es ist wenigstens etwas.
    Darcy ärgert mich manchmal, sie ist herrschsüchtig, und manchmal geht sie mir auf die Nerven. Aber sie ist meine Freundin. Ich bin eine gute Freundin. Ein guter Mensch. Das hier bin ich nicht. Ich muss aufhören. Ich werde mich selbst nicht mehr kennen, wenn ich nicht aufhöre.

    Aber ich rücke nicht ab. Stattdessen warte ich darauf, dass er mich überzeugt, hoffe, dass er mich überredet. Und richtig …
    « Doch. Wir sollten», sagt er. Er sagt es fest, ohne Bedenken, Zweifel, Sorgen. Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und schaut mir eindringlich in die Augen.« Wir müssen.»
    Seine Worte sind nicht zum Einschmeicheln gedacht, sie sind aufrichtig. Er beugt sich vor und küsst mich noch einmal, zart, aber mit absoluter Entschlossenheit.
    Aber es ist falsch , protestiere ich lautlos, aber ich weiß, dass es zu spät ist. Ich habe bereits kapituliert. Wir haben eine weitere Grenze überschritten. Wir haben zwar schon einmal miteinander geschlafen, aber das zählt eigentlich nicht. Wir waren betrunken, unbedacht. Im Grunde ist bis zu diesem Kuss heute nichts passiert. Nichts, was man nicht in einer Truhe versenken, vielleicht mit einem Traum verwechseln könnte. Oder sogar vergessen.
    Das ist jetzt anders geworden. Ganz gleich, wie es weitergeht.

Unter der Dusche habe ich immer am besten nachdenken können. In der Nacht kann ich mir Sorgen machen, grübeln, analysieren. Aber morgens, unter dem heißen Wasser, sehe ich klar. Und während ich mir das Haar einschäume und den Grapefruitduft des Shampoos einatme, reduziere ich alles auf die nackte, grundlegende Wahrheit: Was Dex und ich tun, ist falsch.

    Wir haben uns gestern Abend lange geküsst, und dann hat er mich noch länger im Arm gehalten. Wir haben nur wenig miteinander gesprochen. Mein Herz pochte gegen seines, während ich mir einredete, dass wir eine Art Sieg errungen haben, weil wir den körperlichen Teil nicht weiter eskalieren lassen. Aber heute Morgen weiß ich, dass es trotzdem falsch war. Schlicht und einfach falsch. Ich muss aufhören. Ich werde aufhören. Und zwar sofort.
    Als ich klein war, habe ich immer im Kopf bis drei gezählt, wenn ich mir einen Neuanfang ermöglichen wollte. Ich erwischte mich beim Nägelkauen, riss mir die Finger aus dem Mund und zählte: Eins. Zwei. Drei. Los. Dann hatte ich wieder eine reine Weste. Von diesem Augenblick an war ich keine Nagelkauerin mehr. Mit diesem Trick habe ich viele schlechte Angewohnheiten erledigt. Also werde ich jetzt bis drei zählen und mir Dex abgewöhnen. Ich werde eine gute Freundin sein. Ich werde alles ausradieren, alles in Ordnung bringen. Ich zähle langsam bis drei, und dann wende ich die Visualisierungstechnik an, die Brandon, wie er mir mal erzählt hat, beim Baseball verwendet. Er sagte, er stelle sich vor, wie sein Schläger den Ball treffe, er höre im Geiste den Knall und sehe die Staubwolke, mit der er sicher das Home Base erreiche. Er konzentriere sich nur auf seine guten Spiele, nicht auf die Schläge, die er versemmelt habe.
    Also versuche ich das jetzt auch. Ich konzentriere mich auf meine Freundschaft mit Darcy, nicht auf meine Gefühle für Dex. Ich lasse im Kopf ein Video ablaufen, lauter Szenen von Darcy und mir. Ich sehe uns zusammen in ihrem Bett kauern, als ich während der Grundschule bei ihr übernachtete. Wir sprechen über unsere Zukunftspläne – wie viele Kinder wir haben
werden und wie sie heißen sollen. Ich sehe Darcy als Zehnjährige, auf die Ellenbogen gestützt, die kleinen Finger im Mund, wie sie uns erklärt, dass das mittlere von drei Kindern, die man habe, immer ein anderes Geschlecht haben müsse als die beiden anderen, damit jedes etwas Besonderes sei. Als ob man so was beeinflussen könnte.
    Ich sehe uns auf dem Flur in Naperville High, wie wir zwischen den Unterrichtsstunden Briefchen austauschen. Ihre Briefe, zu verschlungenen Origami-Formen gefaltet, waren viel unterhaltsamer als die von Annalise, in denen immer bloß stand, wie langweilig ihr im Unterricht sei. Darcys waren voll gestopft mit interessanten Bemerkungen über Klassenkameraden und boshaften Kommentaren über Lehrer. Und mit kleinen Spielchen für mich. Sie schrieb Zitate auf die linke Seite des Blattes und Namen von Leuten auf die rechte, und ich musste beides miteinander verbinden. Ich lachte mich kaputt, wenn ich zum Beispiel einen Strich zwischen«Schöne Scheinwerfer,

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