Fremd fischen

verspielte Liebespaar. Er sollte brütend auf seinem Laken liegen, dösen oder einen Roman lesen – irgendetwas Düsteres tun, damit ich den Eindruck habe, er sei ratlos, fassungslos, zerrissen. Aber stattdessen spritzt er sie nass und grinst dabei.
    Marcus legt die Hände um den Mund und ruft ihnen zu:«Wie kalt ist es?»
    « Arschkalt!», verkündet Darcy und streicht Dex mit der Hand über den Rücken, und er meldet mannhaft:« Ach was, es ist prima. Komm runter!»
    Wut mischt sich mit Kränkung. Zum ersten Mal bereue ich total, dass ich mit Dex geschlafen habe. Ich komme mir albern vor und bin plötzlich sicher, dass es ihm gar nichts bedeutet hat. Tränen brennen mir in den Augen. Ich zwinge mich dazu, mich abzuwenden, und setze meinen Kopfhörer auf.
    Bevor ich die Play-Taste drücken kann, will Marcus wissen, was ich da höre. Ich habe Marcus seit unserem Date erst einmal wiedergesehen, und da auch nur zu einem kurzen Werktagslunch in einem Deli in der Nähe meines Büros, aber wir haben ein paar Mal telefoniert, einmal sogar über eine Stunde lang. Dass Date Nummer zwei noch nicht stattgefunden hat, liegt, soweit er weiß, nur an den Umständen. Er hat zu tun, ich habe zu tun. Irre viel Arbeit. Und so weiter. Diese Tür steht also noch weit offen, und darüber bin ich froh. Ich muss mich mehr auf ihn konzentrieren. Vielleicht entsteht ein Gefühl für ihn, wenn ich Dex erst hinter mir gelassen habe. Ich lächle ihn an.«Tracy Chapman», sage ich.«’ne gute CD. Willst du reinhören?»
    Ich reiche ihm meinen Kopfhörer, als Dex und Darcy auf uns zukommen. Marcus lauscht ein paar Sekunden.
« Schön.»Er gibt mir den Kopfhörer zurück und fischt eine Coke aus unserer Kühltasche.
    « Willst du einen Schluck?», fragt er, als Darcy und Dex bei uns angekommen sind.
    Ich sage Ja, nehme die Dose und wische den Rand mit einer Ecke meines Badelakens ab, nachdem ich getrunken habe.
    Er wirft mir einen viel sagenden, bekloppten Blick zu, der besagt:«Ich hab nichts gegen deine Bazillen. Wenn du verstehst.»
    Ich lache und schüttle den Kopf, als wolle ich sagen: Marcus, du verrückte Nuss, du.
    Marcus zwinkert mir zu. Ich lache wieder.
    Ein perfektes Timing. Dex kriegt alles mit. Ich sehe ihn nicht an. Ich will es nicht.«Kommt noch jemand mit rein?», fragt er.
    Claire gibt ihm ihre Standardantwort.«Noch nicht. Mir ist noch nicht heiß genug.»
    Marcus sagt, er findet Schwimmen grässlich, besonders in eiskaltem Wasser.«Bitte zeig mir, was daran Spaß macht.»
    Darcy kichert.«Es macht keinen Spaß. Es ist Folter! »
    Ich sage gar nichts, sondern drücke auf die Play-Taste an meinem Discman.
    « Was ist mit dir, Rachel?»Dex steht immer noch vor mir.
    Ich ignoriere ihn und tue so, als wäre die Musik zu laut, um ihn zu hören.
    Er und Darcy kehren zu ihren Handtüchern auf der anderen Seite von Claire zurück. Darcy streicht sich den Sand von Füßen und Knöcheln, und Dex sitzt im Schneidersitz da und schaut auf das Meer hinaus. Aus dem Augenwinkel sehe ich seine Schulter und seinen
Rücken. Ich versuche nicht daran zu denken, wie seine glatte Haut sich an mir anfühlt. Ich werde es nicht noch einmal fühlen. Ich sage mir, dass das nicht das Ende der Welt ist. Dass es so am besten ist.

    Als ich mich am Abend zum Essen anziehe, kommt Darcy zu mir ins Zimmer und fragt, ob ich einen Wimperncurler mitgebracht habe. Ich sage ihr, dass ich keinen Wimperncurler besitze. Vielleicht hat Hillary einen, aber sie ist unter der Dusche. Darcy setzt sich auf mein Bett und seufzt, und ihre Züge fügen sich zu einem verträumten Ausdruck.
    « Ich hatte gerade den besten Sex der Welt», sagt sie.
    Ich habe Mühe, die Fassung zu bewahren.«Ach, wirklich?»Ich weiß, dass ich die Tür für weitere Vertraulichkeiten öffne, aber ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Mein Gesicht glüht. Hoffentlich sieht Darcy nicht, wie rot ich bin.
    « Ja, es war phänomenal. Hast du uns gehört?»Es ist typisch für Darcy, dass sie über solche Details redet. Bei ihren Sexualreports nimmt sie nie ein Blatt vor den Mund. Sie erzählt dir sogar, welche Worte beim Orgasmus gewechselt wurden. Ich habe immer zugehört und meistens gelacht, und gelegentlich haben mir ihre Geschichten sogar Spaß gemacht. Aber damit ist es längst vorbei.
    « Nein. Ich war wohl unter der Dusche», sage ich.
    « Ja, wir waren auch unter der Dusche.»Sie fährt sich mit den Fingern durch die nassen Haare und schüttelt dann den Kopf hin und her.«Wow. Solchen Sex