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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hier?«
    »Ich wollte mit dem kleinen Mädchen sprechen.«
    »Jip. Sie ist wahrscheinlich hinten. Die Tante war eben hier.«
    Melrose betätigte die Klingel auf dem Ladentisch.
    »Was ist aus Ihrem Mantel geworden? Oder sollte ich das nicht fragen?«
    »Den habe ich verschenkt. Da ist Jip.«
    Jury sah, wie ein kleines Mädchen den Perlenvorhang auseinanderschob. Sie war sehr hübsch, sogar schön, mit rosiger Haut, die im Licht der Tiffanylampe wie Perlmutt schimmerte. Sie hatte rötlichbraunes Haar. Hinter ihr klingelte der Vorhang wie eine Äolsharfe. »Kann ich Ihnen -oh, hallo!« Sie lächelte Melrose an. »Ich hab Sie gar nicht erkannt.«
    »Nein, aber deine Tante findet, ich sehe ziemlich elegant aus. Ich glaube, ich nehme es.« Melrose schielte auf das Preisschild. »Es kostet fünfundsiebzig Dollar. Was mein Freund möchte, weiß ich nicht.« Melrose begab sich zu seinem Karren, den er zwischen die Kleiderständer geschoben hatte.
    »Ein Geschenk«, sagte Jury und lächelte Jip an. »Für eine Freundin, eine junge Dame.«
    Jip sagte nichts und nickte nur.
    »Etwas richtig Buntes. Aber ich weiß nicht, was. Kleider? Schmuck?« Er beugte sich über die Glasvitrine und schaute sich die Ringe und Halsketten aus Halbedelsteinen lange an. Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Hast du eine Idee?« Auf einem Regal hinter ihr thronte eine Reihe Puppen, die alle ein bißchen abgenudelt und staubig aussahen, ein recht internationales Grüppchen, sie steckten in aufwendigen Trachten. »Die Puppen sind schön.«
    Jip kratzte sich am Ellenbogen und schaute mit ihm zusammen hoch. Sie hatte eine Idee. »Mag sie Puppen?«
    »Ich glaube schon.« Das Mädchen war so eifrig bei der Sache, daß er um nichts in der Welt gesagt hätte, nein, sie ist zu alt.
    »Ich bin nur daraufgekommen, weil ich eine Barbie habe, die ich echt billig verkaufen würde. Und die ist echt amerikanisch. Und ich will sie verkaufen, weil ich für eine neue spare.«
    »Okay, laß mal sehen.«
    Im Nu war sie durch den Vorhang gehuscht und in weniger als einer Minute wieder zurück mit der Puppe. Die hatte kupferrotes Haar und trug Western-Outfit - riesigen Stetson, besticktes Hemd, sogar ein Lasso.
    »Die neuen können ganz viele Sachen. Ich will entweder die Rock-Star-Barbie oder die Mermaid-Barbie. Das Haar von der Mermaid-Barbie kriegt eine andere Farbe, wenn man es naß macht.«
    »Unglaublich. Aber die hier sitzt einfach nur so da.«
    Ihre traurige Miene verriet, daß sie dem nur zustimmen konnte. »Aber sie ist in einwandfreiem Zustand.«
    Jury lächelte. Die Wendung hatte sie bestimmt von ihrer Tante im Geschäft gelernt. »Wieviel willst du dafür?«
    »Sind fünf Dollar zuviel?« fragte sie vorsichtig.
    »Das glaube ich nicht. Paß auf, wenn du noch andere Kleider für sie hast, gebe ich dir zehn.«
    Traurig schüttelte sie den Kopf, das Leuchten in ihren Augen erlosch. War der Handel schon geplatzt?
    »Keine Bange«, sagte Jury und ließ seinen Blick über die Puppen auf dem Regal schweifen. Er entdeckte eine männliche Puppe, die offenbar einem arabischen Prinzen ähneln sollte, denn sie trug Pluderhosen und eine scharlachrote Weste und schwang ein Krummschwert. »Siehst du den da? Hol ihn doch mal runter.«
    Nebeneinander sahen die Puppen fast gleich groß aus. »Meinst du, seine Klamotten passen ihr?«
    Begeistert und nicht im geringsten verlegen streifte Jip Barbie das bestickte Hemd vom Busen und tauschte die Jeans gegen die glänzenden Hosen. »Abgemacht.«
    Sie schauten die neu ausstaffierten Puppen an. Jury gefiel der Araber mit der olivfarbenen Haut und dem kecken Schnurrbart im Wildwestkostüm sogar. Die blauäugige Barbie mit der roten Mähne war wie Carole-anne in einwandfreiem Zustand. »Jetzt braucht sie aber noch was auf den Kopf.« Er zog die Schachtel mit den Taschentüchern, Halstüchern und Haarbändern heran und nahm einen Goldlamekragen heraus, der wohl einmal ein schickes Abendkleid geziert hatte. »Wenn wir den hier ein bißchen abschneiden würden - Moment mal.« Er ging durch den Raum, wo Melrose inmitten des Plunders aus seinem Einkaufswagen saß und eine braune Anzugjacke mit glänzenden Aufschlägen inspizierte. Auf dem Boden lagen eine alte Armeedecke, noch eine Decke mit einem indischen Muster, ein Paar Nadelstreifenhosen (die aber nicht zu der Jacke gehörten), etliche T-Shirts, Bücher, Schuhe ohne Absätze.
    Jury hob den juwelengeschmückten Turban von dem Hutständer und sagte: »Wenn Sie den mal eine

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