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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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einer Handbewegung dort stumm begrüßt. Vor dem Haus hingen jede Menge Leute herum - schwarz, weiß, möglicherweise Puertoricaner (auch Melrose lebte ja auf einer Insel) -, die Hände in den Hosentaschen vergraben; Atem stieg wie Nebelschwaden in die Luft. Als er mit seiner Last Lumpen und Bücher unschlüssig stehenblieb, unterbrachen zwei Männer ihr Gespräch und schenkten ihm ein, wie er es interpretierte, Willkommenslächeln. Zum Kuckuck, warum denn auch nicht?
    Er stieg die Treppe hoch, und da er nicht den Eindruck erwecken wollte, daß er nicht wußte, wie man sich hier verhielt, schob er unter erheblichen Schwierigkeiten seinen Drahtkarren einfach ein paar Stufen hinauf, hielt an, um ihn vorne hochzuheben, schob, hielt an und so immer weiter, bis einer der beiden sich bequemte und das Heben übernahm. Als sie oben angekommen waren, bedankte sich Melrose höflich und stieß die große Tür auf.
    Er betrat einen langen Flur. Gleich am Anfang befand sich ein Empfangstisch, der mit Gattern wie für eine Viehauktion versehen war. Eine kräftige Frau mit groben Gesichtszügen und herunterhängenden Mundwinkeln schaute ihn demonstrativ gleichgültig an, als kümmere sie sich schon zu lange um Obdachlose und sei dabei immer weniger menschenfreundlich geworden. Vielleicht eine freiwillige Hilfskraft, unbesoldet oder sehr schlecht, aber sie hätten doch wirklich jemanden mit etwas mehr Pepp anheuern können, der Leute wie ihn aufmunterte. Völlig erledigt trug er sich in das Gästebuch ein, und als sie ihn um zwei Dollar bat, fragte er sich, wie zum Teufel er unauffällig zwei Scheine aus seiner prallgefüllten Geldbörse ziehen sollte.
    Er murmelte etwas absichtlich Unverständliches und fing an, in seinem Abfallhaufen zu wühlen. Er brummelte und grummelte, bis sie die Geduld verlor und sich wieder ihrem Arbeitsplatz zuwandte. Da endlich gelang es ihm, zwei Scheine hervorzukramen, in der Hoffnung, daß es sich um zwei Ein-Dollar-Scheine und nicht zwei Hunderter handelte, und den Rest zurück in die Taschen seines Kaschmirmantels zu stopfen. Das Geld in diesem Land war wirklich eine teuflische Angelegenheit; alle Scheine gleich groß. Lächelnd wartete er darauf, daß die Frau sich ihm wieder widmete, und dachte daran, was Alex Holdsworth alles anstellen mußte, um seine Pokerfreunde zu betrügen, denn zu dem Trick waren gleich große Geldscheine erforderlich. Er kicherte. Dieser Junge hatte ihm wahrlich Spaß gemacht. Er fragte sich, ob er ihn noch einmal sehen würde, da Lady Cray - ». den ganzen Tag!«
    Er kapierte, daß er mit einem dümmlichen Lächeln im Gesicht dastand, und händigte ihr unverzüglich die zwei Dollar aus. Sie wies ihm den Weg zu einem Zimmer und erklärte ihm, daß er es nicht vor sieben Uhr abends benutzen könne. Melrose setzte seinen Karren in Bewegung, blieb noch einmal stehen und fragte: »Verzeihung, aber kennen Sie hier jemanden, der Wes heißt?«
    »Ich bin kein Auskunftsbüro.«
    »Nein. Entschuldigung.« Er schob los.
    Vier Betten mit dünner, aber pieksauberer Bettwäsche und grauer, am Fußende aufgerollter Decke. Auf einem saß ein älterer, ausgemergelter Mann und starrte an die Wand. Seine Lippen waren ständig in Bewegung. Vielleicht betete er, dachte Melrose.
    Ein sehr viel jüngerer Mann saß auf dem Nachbarbett, eine Gitarre an der Brust. Sein Haar war schulterlang, sehr dunkel und glänzte wie Mahagoni; er hatte einen dichten Schnurrbart und humorvolle Augen. Er nickte Melrose zu und klampfte weiter, keine richtige Melodie, sondern nur ein paar sanfte Töne.
    Melrose schaute sich um und überlegte, was hier angesagt war. Den Karren konnte er nicht unbeaufsichtigt lassen.
    »Du kannst nehmen, welches du willst. Hau dich ruhig hin. Kümmer dich nicht darum, was sie dir draußen erzählen, von wegen, den Raum nicht vor abends benutzen. Jerry heiß ich.« Er hob zwei Finger an die Stirn, als ob er salutierte.
    »Aha. Mel. Angenehm.« Melrose ging zu Jerrys Bett und bot ihm die Hand. Der Bursche hatte einen angenehmen, weichen Südstaatenakzent, und Melrose beschloß, ihn in ein Gespräch zu ziehen. »Du bist aber nicht aus der Gegend hier. Nach Baltimore klingst du nicht. Wo kommst du her?«
    »Baton Rouge.« Die schwarzen Augen nahmen Melrose ins Visier. »Und du?«
    Melrose atmete tief durch. »Ich bin Engländer.« Er klang zu steif, fand er. »Na ja, Brite.«
    »Im Ernst?« Ausdruckslose Stimme, der Unterton gelinder Überraschung war nicht echt. Jerry konnte gerade noch

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