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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ein Lächeln unterdrücken. »Hättest mich ja auch verarschen können, Mel.«
    »Ja. Hmm. Also, da lief einfach nichts mehr -«
    »Bei so einem Akzent glaub ich dir das auf Anhieb.«
    Wie bitte? Melrose hatte seinen Akzent immer für ganz passabel gehalten. Was meinte dieser Jerry? Er lag da, hielt die Gitarre im Arm wie ein Baby und blies Melrose Rauch ins Gesicht.
    »Aus Newcastle komm ich. Nordengland.« Er bezweifelte, daß Jerry allzu vertraut mit den lokalen Akzenten war. »Da oben wird’s immer schlimmer. Da gibt’s die meisten Probleme mit der Arbeitslosigkeit in ganz England. Die Arbeitsämter sind ein Witz.« Melrose begann, sich für sein Thema zu erwärmen und ärgerte sich sogar ein bißchen, als Jerry ihn unterbrach.
    »Rauchst du?« Jerry hielt ihm die Schachtel entgegen und schlug ein paar Marlboros heraus.
    »Oh, danke.« Melroses silbernes Zigarettenetui lag neben der Geldbörse friedlich in der Tasche seines Kaschmirmantels. »Vielen Dank«, fügte er, so rauh und herzlich er konnte, hinzu.
    »Alles klar.« Um Haaresbreite hätte Jerry wieder gezwinkert.
    Ach, du lieber Himmel, wie hatte er erwarten können, daß ihm die Posse einer abnahm? Zuerst hatte er sich gegenüber der schwergewichtigen Lady am Eingang verhalten, als sei sie die Empfangsdame im Dorchester, und jetzt versuchte er diesem Menschen zu verkaufen, er käme aus den Kohlegruben vom Tyne und Wear.
    Jerry fragte: »Bist du Schauspieler oder so was?«
    Damit hatte Melrose nun nicht gerechnet. »Schauspieler?«
    »Ja. Beim Rollenstudium. Tust so, als wärst du ein Penner.«
    Melrose konzentrierte sich auf die Glut seiner Zigarette und erwog die ungeahnten Möglichkeiten, die sich hier ergaben.
    Jerry fuhr fort: »Wie heißt der Streifen? Obdachlos aber glücklich ?« Er nahm es von der scherzhaften Seite und grinste.
    Melrose lachte. »Du blickst ja voll durch. Womit habe ich mich verraten?«
    »Ach, Scheiße .« Jerry verlor das Wort mehr oder weniger in Spuckespritzern und wischte sich mit der Hand über den Mund. »Um ehrlich zu sein, Mel, durchblicken tu ich absolut nicht. Ganz im Gegenteil, ich bin ziemlich dämlich, sonst wäre ich nicht hier. Ich will dich ja nicht beleidigen, aber warum haben sie keinen echten Engländer für die Rolle genommen? Wie zum Beispiel Michael Caine?«
    »Um dir die Wahrheit zu sagen, Caine hat nicht den richtigen Akzent. Er spricht so, als käme er aus London, aus dem East End.«
    »He, astrein. Er hat nicht den richtigen Akzent, aber du?«
    »Ich sehe so aus, wie die Rolle es erfordert.«
    »Und wie geht die Geschichte? Die Filmgeschichte?«
    »Hm ... Sie handelt von so einem Engländer, der versucht, den Mord an einem Obdachlosen aufzuklären.«
    Jerry ließ sich auf sein Kissen fallen und legte den Arm übers Gesicht. »Schwachsinn, Mann. Echt schwachsinnig. Aber das ist Hollywood.«
    Melrose verbiß sich ein Lachen. »Du sagst es.«
    »Den Akzent kannst du dir schenken, Kumpel.«
    »Lieber nicht. Es ist eine gute Übung.«
    »Und wer macht ihn?«
    »Was?«
    »Den Streifen, Mann - den Film.«
    Melrose rollte die Zigarette im Mund hin und her. »Barry Levinson.«
    Jerry kratzte sich an der Brust und betrachtete die Zimmerdecke. »Kommt mir bekannt vor, der Name.«
    »Du hast bestimmt Diner gesehen, was? Da spielt Mickey Rourke mit.«
    Jerry schnipste mit den Fingern. »Scheiße, ja. Toller Film. Und wer spielt in dem mit, in dem du spielst?«
    Melrose zupfte an einem lockeren schwarzen Knopf des alten Mantels und sagte: »Annette Bening.«
    Jerry setzte sich mit einem Ruck auf. »Wahnsinn! Was hast du für ein verdammtes Schwein, Mann. Die Frau ist irre.«
    Diese Annette Bening mußte ja eine echte Wucht sein. Grinsend sagte Melrose: »In La-La-Land sind alle irre.«
    »Stimmt.«
    »Wie lange bist du schon hier? In Baltimore, meine ich.«
    Jerry zuckte mit den Schultern und klampfte wieder auf der Gitarre: »Sechs, sieben Monate.«
    Melrose hielt es für nicht sehr angebracht, zu fragen, ob es ihm gefiel. Jerry erzählte weiter:
    »Ich hatte einen hübschen kleinen Laden. Eine Werkstatt, Auspuffreparaturen und so. Aber dann wurde die Situation beschissen, wie überall. Keine Arbeit mehr ... Dann ist mir die Frau abgehauen.« Wieder zuckte er mit den Schultern. Die alte Geschichte.
    »Tut mir leid.«
    Darauf erwiderte Jerry nichts. Er saß da und schaute in den Einkaufswagen. »Und wo hast du den Krempel her? Requisiten?«
    »Der gehörte einem Obdachlosen namens John-Joy.« Er wartete darauf,

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