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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hieß Wes, hinten in der Unterkunft Cloudcover auf der Fayette. Kann ja sein, daß er da noch mehr Freunde hatte. Wenn John-Joy Geld hatte, hat er da übernachtet.«
    »Gut, vielen Dank. Vielleicht komme ich noch mal wieder auf einen Plausch, wenn ihr nichts dagegen habt.«
    Hatten sie nicht, woher denn auch.
    Melrose war quer durch Harborplace gepilgert und zog seinen Stadtführer heraus. Sein Cider-Alley-Hilfstrupp hatte behauptet, sehr weit sei es nicht entfernt, und er hoffte nur, daß ihre Wegbeschreibung nicht war wie die der Briten: Ach, gehen Sie einfach nur die Straße bis zum Ende, Wertester, dann ein bißchen weiter, und nach einer kleinen Weile sehen Sie Acacia Cottage (oder was auch immer man suchte und wahrscheinlich nie finden würde), und dann tigerte man die Straße hoch und immer weiter (tagelang) ... Und ehe man sich versah, war man in Edinburgh.
    Er zockelte nun schon mehrere Blocks mit seinem Karren entlang und bereute zutiefst, daß er Hughie weggeschickt hatte. Andererseits wollte er nicht mit seinem Einkaufswagen in ein fremdes Taxi springen und darum bitten, in ein Obdachlosenheim gefahren zu werden.
    Dafür war er nämlich nicht angezogen.
    Er warf einen skeptischen Blick auf seinen Kaschmirmantel und den Seidenschal und zog die Stirn in Falten. Auf dem Haufen in dem Wagen lag ein schwerer alter Mantel aus graumelierter Wolle mit großen schwarzen Knöpfen, der ihm natürlich nicht passen würde, aber das war ja wohl nicht das Entscheidende. Er entledigte sich seines Mantels, faltete ihn zusammen und zog den dunkelgrauen an. Die Ärmel waren zu kurz, die Schultern hingen über, und er fragte sich, für was für einen Gorilla er ursprünglich geschneidert worden war.
    Er zog auch seine Kalbslederhandschuhe aus und wühlte nach den dunkelbraunen Fausthandschuhen und einer Mütze mit Ohrenklappen, die er zuvor gesehen hatte. Dann inspizierte er das Innere einer wie eine Mickymaus geformten Plastiktasse. Hinter der Mülltonne aus Blech, auf der er seinen Stadtführer abgelegt hatte, leckten zwei Kinder Eis und starrten ihn an.
    Die Mutter war einfach ohne sie weitergegangen, als brauche sie sie nicht mehr (»Ach, wissen Sie, zu Hause hab ich noch genug ...«), bemerkte ihren Irrtum, lief zurück und schob sie, die Hände auf ihre Schultern gelegt, mit sich fort. Dann sah sie, wen die Kinder angestarrt hatten (Melrose Plant), und fing an, in einer Tasche zu wühlen, die sie vor dem Bauch hängen hatte.
    Sie kam und legte ihm zwei Quarter in die MickymausTasse.
    Dabei sah sie gar nicht so viel anders aus als er, fand er. Mit ihrer übergroßen urwaldgrünen Jacke, etlichen Pullovern, dicken Handschuhen und kilometerlangem Schal, den sie sich ein paarmal um den Hals und dann über den Mund geschlungen hatte, wirkte sie selbst wie ein Grottenolm.
    Trotzdem bedankte er sich, und die kleine Familie zog weiter. Das Mädchen ließ es sich allerdings nicht nehmen, zurückzuschauen und ihm die Zunge herauszustrecken.
    Melrose seufzte und konsultierte den Stadtführer. Er konnte nicht einmal Fells Point finden. Unseligerweise hatten sich die Gasts für ein Mittagessen in Little Italy entschieden und wollten dann zurück nach Harborplace, was ihm ja nun überhaupt nicht weiterhalf.
    Er überquerte die Farragut, spazierte mit seinem Karren an dampfenden Kanaldeckeln vorbei, aus denen feine Nebelschwaden in die Luft wehten und sich zerteilten. Er mußte an das viktorianische London denken, warum, wußte er nicht - vielleicht wegen des Bodennebels und des Dunstes. Er wanderte weiter und wünschte, er hätte einen detaillierteren Stadtplan gekauft, als er noch die Möglich-keit dazu gehabt hatte. Er bog um eine Ecke, die ihm bekannt vorkam, schob vier Straßen weiter und merkte endlich, daß sie ihm keineswegs bekannt war. Sein Ortssinn war verheerend. Wenn man ihn anwies, nach Osten oder Süden zu gehen, konnte man ihn genausogut anweisen, schnurstracks in den Himmel zu marschieren. Hier waren die Häuser eine Idee schäbiger, an den Ecken waren TanteEmma-Läden, die bis in die Puppen aufhatten, Juweliergeschäfte hinter wehrhaften schwarzen Gittern und Billig-Billig-Läden: Billig-Billig-Schuhe, Billig-Billig-Eisenwaren, Billig-Billig-Drogerien, Reisen, Matratzen.
    Und dann blieb er stehen.
    Da war’s, ein riesiges altes Gebäude mit einem kleinen Messingschild, C loudcover H ouse.

Kapitel 26
    Melrose wurde auf der Treppe zwar nicht mit lautem Hallo empfangen, aber geprüft und mit einem Kopfnicken hier,

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