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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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fetten Mannes im Poncho. Estes schüttelte den Kopf. »Nicht das kleinste bißchen.«
    »Hm. Wo ist er denn gefunden worden?« Melrose schaute die Gasse entlang.
    »Am andern Ende«, sagte Estes. »Soll ich’s Ihnen zeigen?«
    Da wurden die anderen aber hellhörig. In der Hoffnung, daß noch mehr Bares den Besitzer wechseln würde, fingen sie an, mit Easy zu schimpfen, sie wüßten genausoviel über John-Joy wie er und hätten auch noch ein Wörtchen mitzureden. Gemeinsam trotteten sie zum anderen Ende der Gasse.
    In lebhaften Farben beschrieb Estes die Szene, wie er sie vor seinem inneren Auge sah. Da klapperte John-Joy mit seinem Karren entlang, eine Gestalt kroch aus dem Schatten, und dann - Estes kreuzte die Hände vor dem Hals und machte eine Ziehbewegung.
    Die Frau wurde so wütend, daß sie dazwischenschrie: »Verdammt, du weißt auch nicht mehr darüber als ich. Du warst ja gar nicht dabei - du spinnst dir das alles nur aus.« Sie wußte es besser und wandte sich an Melrose. »Fragen Sie Milos - Milos sagt, er hat ihn gefunden.«
    »Das ist absolut hirnrissig, Twyla. Milos ist blind und taub, wie kann er was mitgekriegt haben?«
    »Milos?« Melrose tat, als sei er völlig unbeleckt.
    »Der is blind, der hängt immer in der Howard Street vor einem Laden rum, der heißt ... Ich weiß nicht mehr genau.« Estes drehte sich zu Twyla um und fuhr fort: »Die Bullen haben die Leiche gefunden.«
    Twyla war sauer und fing an zu keifen, aber sie konnte nicht leugnen, daß das stimmte.
    Melrose streute noch eine Runde Scheine unters Volk, und alle miteinander trollten sie sich zurück zum Ölfaß. Melrose wollte den Einkaufswagen.
    In einem heftigen Anflug von Kameraderie wärmte auch er sich die Hände über dem Faß. »Wem gehört der Kram jetzt - allen?« Er sah von einem zum anderen, sah ihre nackten oder in fingerlosen Handschuhen steckenden Hände; die Wangen der Frau waren im Schein der Flammen sogar rosig.
    Estes schaute sich auch in der Runde um. Zu Melroses Verblüffung erhob keiner Anspruch auf den Kram. Er hatte angenommen, sie würden sich um den Karren streiten. Aber vielleicht sagte ihnen ihr Instinkt, daß dieser Typ ganz in Ordnung war. Er hatte sich ihnen gegenüber sehr anständig verhalten und würde sie mit seinen gediegenen britischen Manieren und natürlich seinem Bargeld vielleicht aus dem Dilemma befreien, sich um den rechtmäßigen Besitzer des Karrens Gedanken machen zu müssen.
    In dieser Rolle hätte Melrose sich jedenfalls gern gesehen. »Würdet ihr den Karren verkaufen?« Er deutete mit dem Kopf darauf. »Für, sagen wir, hundert Dollar?«
    Sie sperrten Mund und Nase auf.
    Da sie nicht sofort auf sein Angebot eingingen, erhöhte er wohl besser die Summe. Er hatte den Wagen schließlich noch nicht mal bis auf den Boden durchwühlt. Vielleicht war noch ein Baby drin. »Zweihundert?«
    Da wurde Estes mißtrauisch. »Verdammt, wofür wolln Sie den Mist? Is da vielleicht was Wertvolles drin?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Wenn ihr wollt, könnt ihr ihn durchsuchen, bevor ich ihn mitnehme. Das heißt, natürlich nur, wenn ihr ihn alle verkaufen wollt. Ich sage euch, warum ich ihn haben will: Unter Umständen enthält er einen Hinweis darauf, warum der Mann ermordet worden ist, deshalb.«
    »Zweihundert? Hm, zweihundert?« Der Dicke war emsig bemüht, ein Problem der höheren Mathematik zu lösen, das ihn augenscheinlich überforderte. Vor lauter Anstrengung kratzte er seinen grauen Schopf und zog an seinem zerfransten Ohr.
    »Für jeden fünfzig«, eilte Melrose zu Hilfe.
    Der Handel wurde beschlossen, und zu ihrem Entzücken blätterte Melrose vier Fünfziger hin, damit auch ja kein Streit entstand, wer das Geld in Verwahrung nehmen und die Scheine wechseln sollte.
    »Noch eines: Hatte John-Joy irgendwelche speziellen Freunde - ich meine, außer diesem Milos und euch -, denen er vielleicht etwas anvertraut hätte?«
    »Was denn anvertraut? John-Joy lief die ganze Zeit nur rum und jubilierte, Mister. Der lief nur durch die Gegend und jubilierte schlimmer als ein Haufen Demokraten mit ihren überzogenen Kongreßbankschecks. Er tönte immer rum, eines Tages war er reich, wirklich reich, er müßte sich nur einen Anwalt besorgen. >Ich hab den Kram! Ich hab den Kram!< Herrgott, der Mann konnte einem auf’n Geist gehn.«
    »Hat er denn nie erklärt, was er damit meinte?«
    Estes gab Melrose einen Tip: »Passen Sie auf, Mann. Er hat mal gesagt, er hätt in der Obdachlosenunterkunft einen Freund, der

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