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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nicht aber auf diese ruhmreiche Stätte setzte, verschlug Hughie die Sprache - und das wollte etwas heißen. Das Taxi brauste los, aber erst nach Melroses Versprechen, daß die Tour später fortgesetzt würde. Die Cider Alley war, wie ihr Name andeutete, eine kurze, enge Gasse, kaum mehr als ein Durchgang, der Eutaw und Paca Street verband. Geschäfte gab es hier keine, Melrose sah nur, wie aus einer Bar oder einem Club Leute durch eine Glastür kamen und gingen.
    Ein paar dunkle Eingänge weiter unten stand eine Gruppe Menschen, bei denen es sich offenbar um Anwohner handelte. Drei Männer rauchten und hielten sich Flaschen in braunen Tüten an die Lippen, ein vierter wärmte sich die Hände über den niedrigen Flammen eines Ölfasses. Als Melrose auf sie zuging, rief er einen Durst auf milde Gaben hervor, der dem Durst auf harte Drinks in nichts nachstand. Einer wie der andere baten sie um ein Scherflein, vom obligatorischen Quarter bis zum Dollar, denn nachdem sie Gelegenheit gehabt hatten, seine Kleidung zu inspizieren, meinten sie, den Einsatz erhöhen zu müssen. Melrose zeigte sich mit Freuden erkenntlich und bot im Austausch gegen Informationen sogar mehr. Wie oft hatte er feststellen müssen, daß Geld Münder, Augen und bisweilen sogar Herzen öffnete.
    »Ey, Ma-ann!« pöbelte ihn der Schwarze mit der verspiegelten Sonnenbrille an. »Schmiere sind Sie aber nicht, oder? Von den Scheißbullen ham wir die Schnauze gestrichen voll.«
    »Soweit ich weiß, wird man von der Polizei für Informationen nicht bezahlt, sondern gleich erschossen.«
    Rundum dreckiges Gelächter, und ein fetter Typ sagte: »Sie sind wegen John-Joy hier, stimmt’s oder hab ich recht? Die ganze Zeit tanzen sie hier an, jetzt wo John-Joy sich eins hat überbraten lassen.«
    »Ja. Aber es geht um etwas Persönliches und nicht um eine Polizeiangelegenheit.«
    »Wohl Familje, was? Er hat immer gesagt, er hätt Famil-je«, sagte das Lumpenbündel an dem Ölfaß, das Melrose für einen Mann gehalten hatte und das sich nun als weiblich entpuppte. Sicher war sich Melrose aber nicht.
    »Und, hatte er?« Hatte nicht jeder Familie, mehr oder weniger?
    »John-Joy, der hat in einer Tour über seine Leute gelabert«, sagte ein anderer Schwarzer, der an der Mauer lehnte. »>Ich hab den Kram!< hat John-Joy immer rumposaunt. >Ich hab den Kram!<« Dabei schlug er sich auf die Herzgegend.
    Melrose runzelte die Stirn. »Den Kram? Und was glauben Sie, hat er damit gemeint?«
    Der Schwarze zuckte die Achseln, hob seine Bierflasche, sah, daß der Pegel gefährlich niedrig war, und schüttelte sie ein wenig, damit es auch dem Besucher nicht entging. Melrose sagte, mit Vergnügen spendiere er ihm noch ein Bier, und drückte ihm einen Geldschein in die Hand. »Das da«, sagte der Mann und zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf etwas, das aussah wie ein Einkaufswagen. Die karrte man wohl durch die riesigen Supermärkte dieses Landes, die alle das Ausmaß von Kleinstädten hatten, dachte Melrose. In dem Wagen türmte sich der Müll des Lebens auf der Straße.
    Der Schwarze nickte und sagte: »Das ist der Kram, nehmen wir jedenfalls an.« Er grinste breit.
    Der »Kram« bestand aus ein paar Decken, einem Bündel alter Kleider, Einkaufstüten voll vermutlich aus Mülltonnen gehamsterter Sachen. Bücher waren auch dabei, was Melrose angesichts der Lebensumstände des Mannes reichlich merkwürdig fand. Und Papiere. »Warum hat die Polizei die Sachen nicht mitgenommen?«
    »Hatten doch keinen blassen Dunst, Ma-nn. Wäre denen auch egal gewesen, wenn sie gewußt hätten, was es ist. John-Joy war ’n Typ auf Trebe, Mann.«
    »Aber verhört haben sie euch, was?« Melrose nahm ein schmuddeliges, mit Stockflecken übersätes Buch heraus -ein Bericht über den Bürgerkrieg. Weiter gab es Broschüren, Notizbücher, alte Verzeichnisse, eins sah aus wie ein altes Gästebuch vom St. James Hotel.
    Der Schwarze schnaubte verächtlich. »Wir sind denen doch scheißegal, Mann. Ham uns gefragt, ob wir was ge-sehn oder gehört hätten. Sag ich: >Ja, Mann, den Mond sehn wir, den Regen hörn wir.<«
    Melrose lächelte. »Gute Antwort. Wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Dürfen Sie. Estes. Easy werde ich genannt. Ich bin aus Jamaika, Mann.«
    »Und, außer dem Mond und dem Regen, haben Sie was gesehn, Estes? Oder einer von den anderen?«
    »Nur ich und Carl warn hier. Twyla war nich da.« Er nickte in Richtung der Frau. »Bernard auch nich.« Ein Nicken in Richtung des

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