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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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daß Jerry auf den Namen reagierte, aber der runzelte die Stirn über einem Buch, das er herausgenommen hatte. Melrose schob nach: »Soweit ich weiß, ist er früher oft hier gewesen.«
    »Früher?«
    »Er ist tot.«
    Jerry schaute von dem Buch hoch, guckte in die Luft. »John-Joy. Ja, warte mal - ich glaube, ich hab ihn hier einoder zweimal mitgekriegt. War’n bißchen abgedreht.«
    »Er hatte einen Freund hier, der Wes heißt. Kennst du einen Wes?«
    Offenbar gab es so wenig Abwechslung im Heim, daß Jerry gar nicht auf die Idee kam, Melrose zu fragen, warum er so an John-Joy interessiert war. »Scheiße, Wes kennt hier jeder. Er arbeitet jetzt hier. Komm, ich weiß, wo er normalerweise zu finden ist.«
    »Das war mal das Haus von irgendso einem Industriemagnaten«, sagte Jerry, als sie durch den Eingangsflur gingen; Melrose schob den quietschenden Karren vor sich her. Das eine Rad stellte sich dauernd quer, und er mußte immer dagegentreten.
    »Der wohnte hier«, sagte Jerry. »So um die Jahrhundertwende. Hier unten war ein Ballsaal. Vielleicht steht ja in einem von den Büchern in dem Wagen was darüber.« Er lachte.
    Der Raum am Ende des Flurs war riesig. Wie Jerry gesagt hatte: so groß wie ein Ballsaal. Ein paar Männer lungerten herum, lehnten an der Wand und beobachteten einen Schwarzen in der Mitte des Raumes. Er tippte, das heißt, er versuchte, einen abgenutzten Basketball über den viel zu unebenen Boden zu tippen.
    »Wes«, sagte Jerry und deutete auf den Schwarzen, »Wes war Profi. Vor zehn, fünfzehn Jahren. Dann hat er mit Drogen angefangen - Kokain, Crack, diese ganze Scheiße. Mit dem Mist hab ich nie angefangen, das kann ich dir sagen. Wes war ein toller Spieler. Er hat immer noch alle Tricks drauf.«
    Ja, dachte Melrose, hat er. Von der Mitte des Zimmers aus bewegte er sich mit dem Ball vor, zurück, Hand, Boden, zur gegenüberliegenden Wand - an der ein alter Papierkorb mit ausgeschnittenem Boden an einem Brett angebracht war. Wes’ Arm schoß hoch, dünkte den Ball hinein, der verfing sich einen Moment lang in dem ausgefransten Boden und fiel wieder in die Hände des Schwarzen. Dann traten ein paar Männer wie bewegliche Hindernisse aus dem Dunkel in sein Spielfeld, sie taten, als wollten sie ihm den Ball wegschlagen. Wes tänzelte um sie herum. Als ob er auf einem Magnetfeld spielte; der Ball schien sich von seinen Händen gar nicht trennen zu wollen. Die Hand schoß vor, rief den Ball zurück. Fingerspitzen wie ein Magier.
    »He, Wes!« rief Jerry. Mit einem Täuschungsmanöver zog der Schwarze links an den beiden vorbei und tippte den Ball weiter. Ohne jede Anstrengung.
    »Jer«, sagte er. »Neuen Freund? Tolle Mütze, Mann.«
    »Das ist Mel. Er möchte mit dir reden.«
    »Über einen Freund«, sagte Melrose. »John-Joy.«
    Wes runzelte die Stirn. »Scheiße, wo bist du her, Mann?«
    Jerry lachte. »Von der Westküste. Hörst du das nicht?«
    »Klingt nach keiner Westküste, an der ich mal gewesen bin.«
    »Scheiße, Wes, er ist Schauspieler!«
    »Aber ja doch. Und ich bin Scheiß-Kevin Costner.«
    »Ach, leck mich, Wes.« Jerry mißfiel es gewaltig, daß seine Neuerrungenschaft nicht mit offenen Armen aufgenommen wurde.
    »Leck dich selbst, Mann. Verdammte Scheiße, warum will er was über John-Joy wissen, wenn er kein Cop ist?«
    »Scheiße, Mann, er kennt Annette Bening!«
    Melrose wartete geduldig auf das Ende des verbalen Schlagabtauschs, um dann zur Sache zu kommen. Sie versetzten sich noch ein paar spielerische Boxhiebe, ließen dann voneinander ab und drehten sich zu Melrose um. Also, was wollte er?
    Melrose schaute von einem zum andern und sagte endlich: »Hört mal, ich bin kein Cop; ich bin auch kein Schauspieler. Tut mir leid«, sagte er zu Jerry. »Ich kenne Miss Be-ning nicht. Ich habe nur die Rolle gespielt, die du mir auf den Leib geschrieben hast, weil du ja nicht glauben wolltest, daß ich bin, wer ich bin. Ich bin Engländer, wie ich gesagt habe.«
    »Der Akzent ist echt?«
    Melrose war sich nicht sicher, ob ihm der erstaunte Blick behagte, aber er sagte: »Ja, waschecht. Die Schwachsinnsgeschichte, die ich dir erzählt habe, auch. Ich bin hier, um einen Mord aufzuklären. Und die Geschichte stimmt wirklich. Ich weiß, wenn es ein Film wäre, würde es mir niemand abnehmen, aber ein Freund von mir ist bei Scotland Yard. Ich bin mit ihm hierhergekommen. Die Geschichte«, Melrose legte die Hand aufs Herz, »ist verdammt und zugenäht wahr. Wirklich.«
    »Hi-hi«, sagte

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