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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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als stelle man den Ton im Fernseher ab und schaue den flattrigen Bewegungen der Lippen zu, ohne die idiotischen Dialoge hören zu müssen. Agatha gab auf und überquerte die Straße.
    »Der Verband ist ab«, sagte Melrose zu Trueblood, der mit den vollen Gläsern zurückkam. »Heißt das, der Knöchel ist nicht einmal gebrochen? Ich dachte, sie hätte ihn röntgen lassen. Herr im Himmel, hat sie einen Arzt, der keine Röntgenbilder interpretieren kann? Was wird dann aus ihrer Klage? Ich begreife immer noch nicht, warum dieser Pink auch nur einen Augenblick erwägt, einen solchen Fall zu übernehmen. Der Mann muß wahnsinnig sein.« Melrose ärgerte sich zu Tode, daß man eine so offensichtlich abgekartete Sache überhaupt vor Gericht zuließ.
    »Pink-Bryce oder Bryce-Pink«, sagte Trueblood und nahm eine smaragdgrüne Sobranie aus der schwarzen Schachtel, die er auch Melrose anbot. Der lehnte dankend ab und zog seine eigenen Zigaretten heraus. Geschickt entzündete Trueblood ein Streichholz, indem er es an seinem Daumennagel rieb. Den Trick hatte er sich erst kürzlich beigebracht und liebte ihn heiß und innig. Er inhalierte tief und stieß eine Reihe kleiner Rauchringe aus. »Also, wissen Sie, Ihr Idealismus ist ja richtig beunruhigend. Offenbar glauben Sie, daß Recht und Gesetz mit der Wahrheit eine zarte Verbindung eingegangen sind.«
    »Zugegeben, das glaube ich.« Nun sah er, wie Agatha auf der anderen Straßenseite mit Theo Wrenn Browne debattierte. Sie sprachen bestimmt ihre infernalischen Stories ab.
    »Und genau da irren Sie sich, alter Kämpe. Ein Prozeß hat mit der Wahrheit nichts, mit Argumentation alles zu tun. Wenn Sokrates Anwalt gewesen wäre, hätte er jeden Rechtsstreit gewonnen.
    >Und du Apollinaros, glaubst, weil die Reifen von Eumenides' Jaguar-Coupé exakt zu den Abdruckspuren auf dem Rücken des Opfers passen, daß der Jaguar es überfahren hat?<
    Jawohl, Sokrates.<
    >Und daß das Opfer sich des Raubes an dem Beklagten, dem Fahrer des Jaguar-Coupés, schuldig gemacht, seine Frau vergewaltigt, seinen Ruf zerstört und seine Yacht in die Luft gesprengt hat?<
    >Das, Sokrates, ist bewiesene >Und daß diese Taten das Motiv seitens des Fahrers des Jaguar-Coupés darstellen?<
    »Herr im Himmel«, sagte Melrose, »Sie brauchen >Coupé< nicht dauernd zu wiederholen.«
    »Doch, doch. Wenn Sokrates eins war, dann absolut präzise. >Und du glaubst, daß diese Akte< blablabla, ich hab's ja eben gesagt, >das Motiv darstellen?< >Allem Anschein nach ja, Sokrates.<
    >Und du glaubst des weiteren, daß die Resultate des DNS-Tests, daß nämlich das Blut auf dem Mantel des Fahrers des Jaguar-Coupés genau zu dem Blut des Opfers passen - du glaubst also, das begründet einen unanfechtbaren Beweis der Schuld des Fahrers -<«
    »>- des Jaguar-Coupés<. Langsam klingt das ja wie The Twelve Days of Christmas.«

Trueblood hob die Hand und bat um Ruhe. Dann fuhr er fort: »>Also, Apollinaros, dann glaubst du, die Reifenspuren, der DNS-Test -<«
    »Das ist das Blöde bei Sokrates: Er resümiert immer alles. Jede zweite Aussage ist eine Zusammenfassung, als könne Apollinaros die einzelnen Punkte nicht eine Sekunde lang behalten.«
    Trueblood seufzte. »Hätten Sie die Güte, mal still zu sein? >- die Reifenspuren, der DNS-Test, die Windschutzscheibe -<«
    Melrose hörte auf, Kreise mit seinem Glas zu ziehen. »Windschutzscheibe? Wo kommt denn die Windschutzscheibe her?«
    Ungeduldig sagte Trueblood: »Ich gebe nicht Sokrates' gesamte Argumentation wieder, sonst säßen wir den ganzen Tag hier.«
    »Das Gefühl habe ich eh schon.«
    »>Spuren - DNS - Windschutzscheibe -<«, rasselte Trueblood herunter. »>Du scheinst anzunehmen, daß diese Ergebnisse darauf hinweisen, daß der Fahrer des Jaguar-Coupés und das Opfer zur gleichen Zeit an dieser Ecke der Greek Street waren.<«
    »Greek Street? Wie kommt die Greek Street in die Story? Ach, ist ja auch egal.«
    Sokrates war nicht zu stoppen. »>Ich sehe nicht, wie es anders gewesen sein kann, Sokrates<, sagte Apollinaros.
    >Hier, Apollinaros, täuschst du dich.<
    >Inwiefern, Sokrates?<
    >Apollinaros, du scheinst der Meinung zu sein, daß der Sachbeweis sowie die Tatsache, daß das Opfer und der Fahrer des Jaguar-Coupés sich in unmittelbarer Nähe zueinander befanden - diese Gründe verleiten dich zu der Annahme, daß letzterer schuldig ist?<
    Jawohl, Sokrates.<
    >Denk noch einmal nach.<«
    Flink wie ein Wiesel riß Melrose den Kopf hoch. »Waaas? >Denk noch einmal nach<

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