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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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späte Frühstückszeit recht leer war, verzehrten Plant und Jury in behaglichem Schweigen Eier und Schinken. Jurys Messer kratzte über den knusprigen Toast. Melrose schnitt seine Scheibe in schmale Streifen.
    Jury runzelte die Stirn. »Was machen Sie denn da?«
    »Reiterchen.«
    »Gütiger Gott!«
    Melrose focht das nicht an. Er hatte von seinem Dreiminutenei die Spitze abgeschlagen, und als er die Streifen zurechtgeschnitten hatte, stippte er einen hinein.
    »Sie als erwachsener Mann!« Jury schüttelte den Kopf.
    »Ich esse Eier und Toast immer so.«
    »Wir reifen Erwachsenen schneiden unseren Toast normalerweise in zwei Hälften.«
    »Ich reifer Erwachsener regrediere in Gesellschaft meiner Tante und fühle mich wieder wie beim Abendbrot mit dem Kindermädchen im Kinderzimmer.«
    »Da kann ich natürlich nicht mitreden. Zu meinen Kindheitserfahrungen gehören weder Kindermädchen noch Teegelage in Kinderzimmern.« Er hatte seinen Schinken aufgegessen und beäugte Plants. »Essen Sie den nicht?«
    Melrose schob ihm den Teller hin. »Bedienen Sie sich.«
    »Kindermädchen will noch was.« Jury spießte den Rest Schinken auf und legte ihn auf seinen Teller. »Danke.«
    Melrose schaute sich im Raum um und sah, daß mehrere Anwärter auf Lungenkrebs ihrem Laster frönten. »Wir sind im Raucherbereich. Stört Sie das nicht?«
    »Nein.« Jury häufte Johannisbeergelee auf seine Toastscheibe. »Ich habe ja darum gebeten.«
    Melrose hatte die Zigaretten schon draußen und angelte nach seinem Feuerzeug. »Das ist aber extrem großherzig von Ihnen. Und alles nur meinetwegen.«
    »Nein, nicht um mich Ihnen gegenüber großherzig zu zeigen, sondern um mich überlegen zu fühlen.« Jury lächelte mit geleeverschmiertem Mund. »Wie fanden Sie sie?«
    »Unsere emanzipierte Frau Anwältin?«
    »Chauvinist!« Jury gestattete sich, die Nase in den Rauch zu halten, der langsam von Plants Zigarette aufstieg.
    Melrose lächelte. »Verzeihung. Ich fand, sie wußte, was sie tat. Ein kluges Köpfchen.« Er rauchte.
    Jury aß den Schinken auf. »Bannen weiß etwas über Dorcas Reese' Tod, das mit Jenny zu tun hat. Ich hatte den Eindruck, er ist ziemlich sicher, daß Jenny auch Dorcas Reese umgebracht hat.«
    Verblüfft lehnte Melrose sich zurück. »Das klingt aber nicht so gut.«
    »Sie sagen es.«
    »Andererseits hat keiner der Betroffenen ein Alibi, außer Max Owen vielleicht. Alle, wie sie da sind, hätten reichlich Zeit gehabt, zum Wash zu fahren und wieder zurück.« Melrose steckte einen Finger durch einen blaßblauen Rauchring und sah zu, wie er sich im Mittagslicht auflöste. »Verna ist kurz nach zehn mit Jenny Kennington zum letztenmal gesehen worden. Weiter heißt es, daß das Auto zwischen Viertel nach zehn und halb elf gestartet ist.«
    »Ob es ein anderes Auto war? An dem Abend zum Beispiel Max Owens? Und jemand fuhr Vernas Auto später zu der Stelle, wo die Leiche gefunden wurde?«
    »Sollten wir uns nicht doch an die offenkundige Erklärung halten?« knurrte Melrose.
    »Schon gut, ich spinne rum.«
    »In Ordnung. Ab und zu dürfen Sie auch mal spinnen.«
    »Danke.« Jury schaute auf seine Uhr. »O Schreck, ich muß zurück zur Victoria Street. Was machen Sie denn jetzt? Fahren Sie wieder nach Long Pidd?«
    »Ich glaube schon. Was ist der nächste Schritt?«
    »Der nächste Schritt ist, fürchte ich, daß Chief Inspector Bannen Jenny verhaftet.«
    »Wir müssen aber noch mal über Price sprechen. Sie sagen, er war ein alter Freund von Jenny?«
    »Ich fürchte, das spricht eher gegen Jenny als gegen Price. Noch eine Lüge. Aber er hat sowieso kein Motiv.«
    »Keins, das uns bekannt ist. Wir haben gerade erst herausgefunden, daß Grace Owen eins hat. Das heißt, wenn sie dachte, Verna Dunn sei schuld am Tod ihres Sohnes.«
    »Immer wieder lasse ich mir die Ereignisse durch den Kopf gehen: der Streit, das Auto, der Fußweg, der Wash, die Leiche ... Sie fügen sich nicht zusammen. Irgendwas stimmt da nicht, paßt nicht ins Bild.« Jury schüttelte den Kopf.
    Der Speiseraum leerte sich, das letzte Paar außer Plant und Jury erhob sich und trug seine Zigaretten zwischen den Fingern, als seien es Diamanten. Jury seufzte und sehnte sich nach einer einzigen Silk Cut. Dann sagte er: »Glauben Sie nicht, daß jemand, dem Sie wirklich wichtig sind, Ihnen vertrauen würde?«
    Melrose schob Jury mit den Fingerspitzen den Brotteller zu. »Essen Sie ein Reiterchen.«
24
    Nachdem Jury es geschafft hatte, die düstere Stimmung von

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