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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ist der Gutachter. Max läßt seine Gemälde und Möbel alle naselang von irgendwelchen Experten schätzen. Er überlegt, ob er ein paar Stücke veräußern soll. Warum, weiß ich absolut nicht. Mehr Geld brauchen wir nicht. Es ist bloß ein Vorwand, um jemanden herzubestellen, mit dem er über die Sammlung reden kann. Das macht er oft. Meine rudimentären Kenntnisse sind da längst erschöpft.« Sie zeigte auf einen zerbrechlich wirkenden Schreibtisch und sagte: »Den zum Beispiel möchte Max geschätzt haben. Ich mag ihn sehr. Es ist ein Regency-Sekretär.« Er war aus Satinholz, hatte hohe, schmale Beine und kleine, mit Vögeln und Blumen bemalte Türen. »Der ist ein paar tausend wert, aber noch viel mehr, wenn der Maler berühmt gewesen ist. Max will, glaube ich, den Namen des Malers herausfinden.«
    Eigentlich hatte sie die silberne Halskette zurückhängen wollen, hielt sie aber jetzt um die Finger geschlungen und vertiefte sich, ihrer Miene nach zu urteilen, in irgendeine schwierige Überlegung. Die Kette sah aus wie ein Rosenkranz und Grace Owen in dem taubenblauen Kleid mit dem weichen weißen Spitzenkragen, dem glatten Haar und dem unerschütterlichen Gesichtsausdruck wie eine meditierende Nonne. Sie ging zu den Fenstern. »Immer wenn Max nach London fährt, ziehe ich die Gardinen auf. Deshalb bin ich hier.« Als müsse sie rechtfertigen, daß sie sich in ihren eigenen vier Wänden aufhielt. Sie zog an der Schnur des Vorhangs neben sich. »Ich finde es traurig, wenn man immer im Schatten stehen muß.« Sie ging weiter an der Wand entlang und öffnete der Reihe nach alle Gardinen. Bis sie vor Jury stehenblieb. »Ich bin Grace Owen.« Sie streckte ihm die Hand entgegen.
    Im Licht und aus der Nähe war Grace Owen noch schöner.
    »Richard Jury.« Er nahm ihre Hand, sie war kühl wie Marmor. Dann zückte er seinen Ausweis. »Scotland Yard, CID.«
    Ihr Lächeln verschwand. Was ihn seltsam traurig stimmte. »Dann untersucht Scotland Yard Vernas Tod?«
    Jury verneinte. »Ich bin nur mit Chief Inspector Bannens Erlaubnis hier. Es ist nicht mein Fall. Ich bin nur zufällig ein guter Freund der Dame, die hier bei Ihnen zu Gast war, als es passierte. Lady Kenning-ton?«
    »Jennifer Kennington, ja. Diese schreckliche Sache mit Verna hat sie - sehr mitgenommen, fürchte ich.« Nachdenklich betrachtete sie Jury, als überlege sie, auf welcher Seite er stünde. »Aber jetzt ist sie wieder in Stratford. Es ist ja schon zwei Wochen her, daß -« Sie zog ein Papiertaschentuch aus der Rocktasche und rieb an einem Flecken auf dem Arm einer Statue herum. »Der Inspector hat mit allen geredet; was gibt's da noch herauszufinden?«
    »Was passiert ist.«
    Wieder schien sie mit ihrem Blick die Situation abzutasten. »Hat Jennifer es Ihnen nicht erzählt?«
    Beinahe hätte Jury auch noch angefangen, am Arm der Statue zu reiben. »Wir haben - also, ich habe sie noch nicht gesehen, ich meine - hm, viel zu tun, Sie wissen schon.«
    Nein - besagte ihr Blick -, sie wußte es nicht. Nur, daß dieser Kripofreund sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, Jenny zu fragen, was passiert war . Nein, jetzt ging es mit ihm durch, dieses Schuldgefühl war ja wohl auf seinem eigenen Mist gewachsen.
    Grace Owen sagte nichts; sie feuchtete das Papiertaschentuch mit der Zunge an und rieb wieder an dem Arm herum. Es war auf eigenartige Weise erotisch. »Wenn Sie wollen, erzähle ich Ihnen, was ich weiß.« Sie steckte das Tuch in die Tasche und ging zum Fenster. »Sie waren beide nach draußen gegangen, zu dem Wäldchen -« Sie hielt inne. »Ist er das nicht? Der Inspector von der Kripo in Lincoln?«
    Jury stellte sich zu ihr ans Fenster. Bannen stand bei den Bäumen und redete mit dem Gärtner.
    »Warum ist er denn nun wieder hier?« fragte sie.
    Plötzlich fiel Jury ein, daß er ihr nichts von Dorcas Reese erzählt hatte. »Er ist hier, weil er leider eine schlechte Nachricht hat.« Nachdem er das gesagt hatte, mußte er wohl oder übel fortfahren.
    »Eine Frau, eine Angestellte von Ihnen namens Dorcas Reese, ist in einem Kanal auf dem Gelände des National Trust gefunden worden. Ich glaube, es heißt Wyndham Fen. Sie ist tot.«
    »Was?« Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Das arme Mädchen! Aber wie? Was ist passiert?«
    Jury zögerte. Es stand ihm nicht zu, Einzelheiten zu berichten. »Wir wissen es nicht genau. Der Pathologe ist noch nicht fertig. Chief Inspector Bannen ist hier, um mit Ihnen und Ihrem Mann zu sprechen.«
    »Na, da wird er

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