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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mir wohl wieder jede Menge Fragen stellen wollen.«
    Jury nickte, erleichtert, weil »jede Menge Fragen« sie nicht zu beunruhigen schienen.
    Sie stopfte das Tuch tiefer in ihre Tasche und sagte: »Ich gehe wohl besser und rede mit ihm.«
    Auf dem Weg zur Tür warf Jury noch einmal einen Blick auf den Regency-Schreibtisch. Er lächelte ein wenig und überlegte. »Sind die anderen Sachen, die Ihr Mann geschätzt haben möchte, auch so schön?«
    »Was?« Verwirrt riß sie sich von dem Gedanken an den Tod ihrer Angestellten los und sagte: »Oja. Ich weiß nicht, was er alles verkaufen will. In Wirklichkeit verkauft er natürlich nichts. Es geht nur um das Ritual. Das braucht er, wenn ihm langweilig wird.« An der Tür zeigte sie auf einen Sekretär. »Hier ist noch einer. Sie mögen wohl Antiquitäten? Alte Teppiche und so was? Im Wohnzimmer liegt ein Isfahan, der von zweifelhafter Herkunft ist, wie mein Mann sich ausdrücken würde.«
    »Ich kenne mich überhaupt nicht damit aus. Aber ich habe einen Freund in Northants, der ist Gutachter.«
    »Erzählen Sie das nicht meinem Mann, oder er bestellt ihn in Null Komma nichts hierher.«
    »Wirklich?«
    »Einmal hat er sogar damit gedroht, die kalten Damen zu verkaufen.«
    »Wen?«
    »Die hier.« Sie warf einen Blick zurück auf die Marmorstatuen. »Ich nenne sie >die kalten Damen<.«
4
    Der Tag war kühl und grau in grau, was Melrose Plant perfekt in den Kram paßte, denn er mußte nachgrübeln. So sehr er sich auch darauf freute, Richard Jury zu sehen, er wußte einfach nicht, wie er das Thema Jenny Kennington anschneiden sollte.
    Seit zwanzig Minuten wanderte er nun durch den Park von Ardry End und zerbrach sich den Kopf über Jurys Anruf. Überrascht stellte er fest, daß er sich weit von seinem Haus unter einer Gruppe Ahornbäumen in dem Wald befand, der teils zu Ar-dry End und teils zu Watermeadows gehörte. Schwer zu erkennen, wo das eine aufhörte und das andere begann. Er blieb stehen, schaute durch die Bäume in Richtung Watermeadows und dachte an Miss Fludd. Die letzten paar Tage war er hauptsächlich mit dieser Sache in Lincolnshire beschäftigt gewesen, doch Miss Fludd war in einem seiner Gehirnkämmerchen eingesperrt, das sie gelegentlich öffnete, um zu sehen, ob er Zeit habe. Wenn nicht, schloß sie die Tür leise wieder.
    Er ließ den Kopf hängen. Schüttelte ihn.
    Da knallte ein Schuß.
    Melrose fuhr herum. Verdammt und zugenäht, flitzte durch die Kiefern dort drüben nicht eine dunkelgekleidete Gestalt? Wer das war, wußte er nur allzugut. Mr. Momaday, Ardry Ends selbsternannter Jagdaufseher. Eigentlich war der Mann angeheuert worden, um das bißchen Gartenarbeit zu erledigen, aber er bestand darauf, sich Aufseher zu nennen. Mit dem »Sehen« war es allerdings nicht weit her, nach den unkrautüberwucherten Blumenbeeten und Staudenrabatten zu urteilen. Statt dessen patrouillierte er wie ein gottverdammter Nazi durch die Anlagen und feuerte Salven auf Waldmurmeltiere, Kaninchen und Fasane ab - was immer ihm vor die Flinte kam. Melrose hatte ihn gebeten, damit aufzuhören. Vom Schießen als Sport hielt er nichts, und die Speisekammer in Ardry End war so wohlgefüllt, daß sie es nicht nötig hatten, sich als Jäger und Sammler zu betätigen. Aber das Anwesen war so groß, und Melrose durchstreifte so selten seine weiten Fluren, daß Momaday wußte, er konnte durch die Gegend ballern, ohne daß es jemand mitbekam.
    Zum Glück für die Ardry Endsche Fauna war Momaday ein schlechter Schütze. Melrose war überzeugt, daß der Mann nur dann ein Eichhörnchen oder ein Kaninchen erlegen würde, wenn die arme Kreatur Selbstmord begehen wollte und ihm absichtlich vor die Büchse lief. »Hey, Momaday, schieß! Du tätest mir einen großen Gefallen, Mann!« Nur dann würde er, der sich offenbar in der Rolle des Killers gefiel, einen Braten erbeuten.
    Melrose seufzte und wanderte weiter. Er bezwei-felte heftig, daß man Probleme beim Wandern an der frischen Luft besser löste als bei Portwein im Sessel vor dem Kamin. Aber da das Thema schon eine Tortur war, verschonte man am besten auch den Körper nicht, und ein frostiger, sonnenloser Tag bot schließlich die geeignetste Atmosphäre für trübe Gedanken. Die dem Anlaß entsprechende Kleidung, festes Schuhwerk und Barbourjacke, waren ein Muß. Ein zusätzlicher Pluspunkt wäre das abgeknickte Gewehr über dem Arm gewesen. Aber Mr. Momaday hatte das einzige Schießeisen fleißig in Gebrauch.
    Melrose blieb stehen und

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