Fremde Federn
wollte natürlich keinesfalls Ihre Arbeit in Zweifel ziehen. Es gibt mir ja nur Rätsel auf, warum Sie so absolut sicher sind, daß die Kugel aus diesem Gewehr kommt. Ich bin nicht so überzeugt wie offenbar Sie, daß die Kugel wie ein Fingerabdruck ist und ihre eigene DNS hat.«
Ein vernichtendes Lächeln von Fachmann zu Amateur. »Ich bin aber sicher, Sir. Keine zwei Gewehrläufe haben zum Beispiel denselben Zug.«
»Ja, aber in Ihrer Aussage heute morgen haben Sie festgestellt, daß man unmöglich sagen kann, ob ein bestimmtes Geschoß aus einem bestimmten Gewehr abgefeuert worden ist.«
»Hm ja, aber damit fängt es erst -«
Apted schnitt ihm das Wort ab und sagte (als sei er vollkommen verwirrt von dem, was er da gehört hatte): »Dann müssen wir also mit folgendem arbeiten, Mr. Hatter: Erstens, Kugeln verändern sich, wenn sie mikroskopisch kleine Teilchen in dem Gewehrlauf hinterlassen, durch den sie abgefeuert werden. Zweitens, alles, was sie durchschlagen - selbst etwas so Durchlässiges wie Stoff - verändert sie ebenfalls.
Drittens, weitere Veränderungen treten hinzu, wenn sie durch Muskeln, Organe, Fleisch des Opfers gehen. Und dennoch können Sie eine Kugel, die alle diese Veränderungen erfahren hat, mit einer völlig neuen aus der verdächtigen Waffe vergleichen und mit hundertprozentiger Sicherheit behaupten, daß die Kugel aus ebendem Gewehr kam - dem einzigen, zu dem die Beklagte Zugang hatte - und daß dieses Gewehr die Mordwaffe war.«
Hatter umklammerte den Zeugenstand so fest, daß seine Fingerknöchel weiß wurden. »Wenn überhaupt ein Zweifel besteht, dann nur der Schatten -« Er sah aus, als hätte er sich am liebsten die Zunge abgebissen.
Apted lächelte. »- der Schatten eines Zweifels, wollten Sie sagen?«
Hatter warf ihm einen eiskalten Blick zu. »Drücken wir es so aus: Ich habe die fünfundneunzigprozentige Gewißheit, daß die Kugel, die am Fundort der Leiche gefunden wurde, aus der Waffe kommt, die als Beweisstück vorliegt.«
Als tue Hatter ihm leid, schüttelte Apted den Kopf. »Verdammt, immer diese vertrackten fünf Prozent, stimmt's? Ich bin fertig mit dem Zeugen, Euer Ehren.«
»Verna Dunns Porsche ebenso wie die Kleider, die die Beklagte und das Opfer getragen haben, wurden deshalb verschiedenen Tests unterworfen, um festzustellen, wo das Auto hingefahren wurde und ob
Jennifer Kennington darin gewesen ist. Ist das korrekt, Mr. Fleming?«
Arthur Fleming, ein weiterer Sachverständigenzeuge von der Kriminaltechnik, war Chef der Haar-und Fasernabteilung.
»In Verna Dunns Auto sind Fasern gefunden worden, die vom Kleid der Beklagten stammen. Von einem grünen Wollkleid, das sie am Abend des ersten Februar getragen hat.«
»Korrekt.«
»Welche Chance besteht, daß Sie sich irren?«
»Wenn überhaupt, eins zu einer Million.« Fleming war selbstbewußt, aber nicht arrogant. Er stellte nur Tatsachen fest.
»Na, das klingt ja sehr sicher, muß ich sagen. Aber wie sind Sie zu Ihren Schlußfolgerungen gekommen? Könnte es nicht eine andere Person gewesen sein, die auch ein grünes Wollkleid getragen hat?«
Fleming schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Nicht nur die Fasern sind identifizierbar, sondern auch die Farben. Jeder Hersteller hat seine eigenen Farben, und die Rezepturen sind geheim. Ist ja auch logisch, was? Keine zwei Hersteller produzieren Kleidung mit genau derselben Farbe. Mit bloßem Auge bei einer flüchtigen Prüfung erscheinen sie vielleicht identisch, aber sie sind es nicht. Darauf kann ich Ihnen mein Wort geben.« Fleming lächelte. »Darauf können Sie Gift nehmen, wie es so schön heißt.« »Mr. Fleming«, begann Pete Apted, »Sie sagen, es besteht kaum ein Zweifel, daß das Auto, der Porsche des Opfers, am Deich in der Nähe des Tatorts war. Schmutzproben, das heißt der Sand, der unter dem vorderen Kotflügel festsaß, beweisen das.«
»Ja, das ist richtig.«
»Und Matsch-, Sand- und Schmutzspuren von dort wurden auch im Wageninneren auf der Matte unter dem Steuerrad, auf der Fahrerseite also, gefunden.«
»Ja.«
»Aber an den Schuhen der Beklagten haben Sie diese Proben nicht gefunden?«
»Nein.«
»Dann haben Sie das Auto selbst sowie die Kleidung der Beklagten und des Opfers deshalb verschiedenen Tests unterworfen, um festzustellen, wo das Auto gewesen ist und ob nur eine oder beide, das Opfer und die Beklagte, am Wash gewesen sind?«
»Ja.«
»Unterscheiden sich der Schlamm und der Sand am Wash ganz allgemein von denen einer
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