Fremde Federn
nicht.« Apted beäugte ihren Teller. »Gibt's hier irgendwas Eßbares?«
»Pete! Nicht nur seine Aussage war vernichtend, sondern er selbst war auch einfach - ich weiß nicht, wie ich es sagen soll - unangreifbar. Ich habe die Geschworenen beobachtet, sie waren fasziniert, sie erstarrten geradezu vor Ehrfurcht.«
»Klar, das ist immer so, wenn es darum geht, welche Kugel aus welcher Knarre kommt. Das fasziniert selbst mich.«
»Und wo bleibt Ihr Sachverständiger, wenn ich fragen darf«, knurrte Charly. »Sie haben ja nicht mal jemanden mitgebracht, der seine Aussage widerlegt.«
Pete zuckte mit den Schultern und zog einen Apfel aus der Tasche. »Nein, weil ich Hatter nehme.«
Charly starrte ihn an. »Er ist der Zeuge der Anklage. Haben Sie das vergessen?«
»Wenn ich im Kreuzverhör nicht kriege, was ich will, schleppe ich jemanden an. Essen Sie das nicht mehr?«
Matthew Hatter war die Redlichkeit in Person, als er sagte, ja, er wisse, daß er noch unter Eid stehe. Seine Aussage an dem Morgen war besonders deshalb so vernichtend für die Verteidigung gewesen, weil er auf Grund der Untersuchungen der Kugel nicht den geringsten Zweifel hatte, welches Gewehr benutzt worden war. Es mußte das sein, das man im Abstellraum in Fengate gefunden hatte, das Suggins und Max manchmal benutzten, eben dasjenige, zu dem sich jeder Zugang verschaffen konnte.
»Aber damit können Sie doch nicht mit Sicherheit sagen, wer den tödlichen Schuß abgegeben hat.« Pete Apted kleidete es nicht mal in eine Frage.
»Nein.« Bemerkenswert an Hatter war, daß er sich nicht das geringste daraus machte, welche Verheerungen seine Untersuchungsergebnisse anrichteten. Er war Zeuge der Anklage, was nicht hieß, daß er an der Anklage per se interessiert war. Er war an seinem eigenen Ruf interessiert und natürlich gar nicht glücklich, wenn seine Ergebnisse angefochten wurden.
»Sie haben sich auf Grund der Untersuchungen der Kugel, die in Verna Dunn eingedrungen ist, für diese Waffe entschieden. Angeblich ist die Kugel aus dem hier als Beweisstück gezeigten Kleinkalibergewehr abgeschossen worden. Trifft das zu?«
Hatter gestattete sich ein winziges Lächeln. »Nicht >angeblich<, Mr. Apted. Diese Kugel stammt aus dieser Waffe.«
»Ich habe das Wort mit Absicht gewählt, Mr. Hatter. Sie haben also diesem Gericht erzählt, daß Sie Tests durchgeführt haben, um herauszufinden, ob die Kugel, die am Ort des Verbrechens gefunden worden ist, aus diesem Gewehr abgefeuert wurde.«
»Das ist korrekt. Ich habe dem Gericht die Fotos und die Ergebnisse der vergleichenden Tests vorgelegt. Waffen hinterlassen deutlich unterscheidbare Spuren. Ich habe die Kugel, die am Wash gefunden worden ist, mit einer Kugel verglichen, die in unserem Labor aus dieser Waffe abgefeuert worden ist -das sollte jeden Zweifel daran beseitigen, daß die beiden aus derselben Waffe kommen.«
»>Sollte«
Hatter nickte kurz.
»Heute morgen haben Sie ausgesagt, eine Kugel beginne sich in dem Moment, in dem sie abgefeuert wird, zu verändern.«
»So ist es. Im Gewehrlauf sind mikroskopisch kleine Teilchen abgelagert«, sagte Hatter gelassen. Bei Kugeln konnte ihm keiner was vormachen.
Apted fuhr fort: »Und sie verändert sich noch weiter. Wäre es nicht extrem schwierig geworden, wenn die getestete Kugel sich beim Aufprall verformt hätte?«
»Ja. Aber ich habe davon gesprochen, daß man an der Spitze der Kugel sehen kann, was sie durchdrungen hat. Man kann nachverfolgen, ob die Kugel Fasern, Fleisch, Knochen, Organe durchschlagen oder Erde, Stein - einerlei, was - berührt hat. Wir haben zum Beispiel Fasern gefunden -«
Pete Apted unterbrach ihn. Leider schaffte Hatter es zum zweitenmal, mit seiner Aussage die Sache der Anklage zu unterstützen. »Ja, das verstehe ich. Mich interessieren eher die Veränderungen. Man hat ja auch schon erlebt, daß Kugeln kaputtgegangen sind.«
»Ja, aber dann könnte man immer noch anhand der Fragmente eine Reihe von Dingen bestimmen. Wie dem auch sei, die betreffende Kugel hier war in gutem Zustand.«
»Gut? In anderen Worten: Der Vergleich fand nicht unter idealen Bedingungen statt?«
»Nein, ideal nicht. Aber das sind die wenigsten Dinge in unserem Gewerbe.« Hatter entbot dem Gericht ein verkrampftes kleines Lächeln.
»Es ist also immer eine schmale Gratwanderung, meinen Sie?«
Hatter zuckte zusammen. »Nein, Sir, die Arbeit unseres Labors würde ich nicht als >schmale Grat-wanderung< bezeichnen.«
»Verzeihung. Ich
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