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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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fort.«
    »Verbindlichsten Dank«, murmelte der Richter.
    »Chief Inspector, die Frage lautet: Warum glauben
    Sie, daß es bei diesem Doppelmord in der Hauptsache um Verna Dunn geht? Kann es nicht genau andersherum gewesen sein? Daß Verna Dunn ermordet wurde, weil sie etwas über Dorcas Reese wußte oder über Dorcas und eine andere Person? Daß es Verna war, die jemandem in die Quere kam?«
    »Ja, natürlich, das ist möglich«, sagte Bannen. Sein Zögern war seiner Stimme und Haltung deutlich abzulesen. Er wirkte, als werde ihm der Zeugenstand ein wenig unbequem.
    »Sie sind aber immer noch skeptisch, Chief Inspector. Wäre es wohl fair zu sagen, daß das eine ebenso leicht der Fall sein könnte wie das andere? Wie das, was Sie so gewissenhaft ermittelt haben?«
    Bannen zog die Stirn in Falten. In der Feststellung steckte allemal mehr, als er gern zugeben wollte, nämlich, daß seine gesamten Ermittlungen möglicherweise auf der falschen Basis begonnen hatten und sich komplett in Wohlgefallen auflösen könnten. »Ja, ich muß sagen, es könnte beides möglich sein.«
    Apted lächelte, breitbeinig stand er da, die Arme in die Hüften gestemmt, die Hände zu Fäusten geballt. Aber nicht aggressiv, nicht mit dem Lächeln. »Da sieht die Sache doch gleich ganz anders aus, würden Sie das nicht sagen?«
    Bannens gespannte Haltung verriet, daß er sich sehr beherrschen mußte. Zum erstenmal, dachte Melrose, sah der Mann aus, als unterdrücke er eine ungeheure Wut. Bei der Arbeit mochte seine Selbstbeherrschung unschätzbar sein, seinem Blutdruck spielte sie aber sicher übel mit. »Wenn Sie damit sagen wollen, daß ich bei den Ermittlungen zu Dorcas Reese' Tod Beweise ignoriert habe, versichere ich Ihnen, daß dem nicht so ist.«
    »Ich behaupte nichts weniger als das, Chief Inspector. Ich bin überzeugt, daß Ihre Ermittlungen in beiden Fällen sehr sorgfältig waren und daß Sie keineswegs Beweismaterial ignoriert haben, auf Grund dessen Sie anders gehandelt hätten.«
    Bannen entspannte sich ein wenig und lächelte das Gericht ziemlich kühl an. »Dann begreife ich es nicht. Ich begreife nicht, daß sich alles ändert, wenn man Dorcas Reese als das Hauptopfer annimmt.«
    Doch, doch, mein Freund, dachte Melrose.
    »Nein?« fragte Apted und tat überrascht. »Was sich ändert, und zwar signifikant, ist der Standpunkt, von dem aus man die Ereignisse betrachtet. Was sich ändert, ist auch die Schlußfolgerung, zu der Sie gelangt sind. Die Schlußfolgerung ändert sich, weil die Beklagte Jennifer Kennington«, hier hielt er reichlich dramatisch inne und schaute Jenny an, »nun kein Motiv mehr hat, jedenfalls nicht nach dem, was bisher hier im Gericht dargelegt worden ist. Jennifer Kennington hat keinen Grund, Verna Dunn zu erschießen. Wenn Verna Dunn ihrem Mörder lediglich in die Quere gekommen ist, ist sie eindeutig nicht ermordet worden, weil sie an dem Abend ihrer Ermordung mutmaßlich ein altes Zerwürfnis oder einen neuen Streit mit der Beklagten austrug. Vielleicht wurde Verna Dunn ermordet, weil sie etwas über
    Dorcas Reese erfahren hatte. Und weiter: Wenn die Beklagte kein Motiv hat, bricht das ganze Beweisgebäude meines geschätzten Kollegen zusammen. Euer Ehren«, rasch verlagerte Pete Apted seine Aufmerksamkeit von den Geschworenen zum Richter, »ich behaupte, daß keine Anklage erhoben werden kann, und beantrage, daß der Fall wegen Mangels an Beweisen abgewiesen wird.«
    Totenstille. Als sei die Szene im Standbild erstarrt. Oliver Stant konnte Apted nur noch anstieren und blinzeln. Selbst Charly Moss saß mit aufgerissenem Mund da. Baß erstaunt. Abgewiesen?
    Unglaublich! Wie hatte Pete Apted das geschafft? Mit voller Breitseite getroffen, die Schachfiguren so geschoben, daß er Turm und Springer zu Fall gebracht und den König schachmatt gesetzt hatte. Da mußte auch Oliver Stant passen.
    Außerdem hatte Apted es perfekt getimt, denn mittlerweile war es halb fünf, Zeit, hier zu verschwinden. Der Richter bat den Anwalt der Beklagten und den Staatsanwalt in sein Amtszimmer, entließ die Schöffen, sagte den Zuhörern, sie sollten nach Hause gehen, und erhob sich.
    Alle erhoben sich mit ihm.
    Außer Pete Apted. Der stand schon.
    Jennifer Kennington wurde entlassen.
    Der Richter zog sich in seine Gemächer zurück, Plant und Jury in den Lion and Snake. Sie standen wieder an einem der hohen Tische, und Charly Moss berichtete ihnen, was Apted ihr erzählt hatte. Er selbst war nach London

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