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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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unendlich traurig, wie sie jetzt ein wenig die Schultern zuckte, als sei das doch völlig selbstverständlich.
    »Sie hat zu mir gesagt, ich wäre eine Waise. Da hab ich gesagt, das stimmt nicht, weil ich Onkel Peter hätte. Da hat sie gesagt, Onkels zählen nicht. Und sie hat mich ausgelacht, weil ich das nicht wußte. Sie hat gesagt, wenn mein Onkel stirbt, muß ich ins Waisenhaus.« Das kam alles in einem einzigen raschen Atemzug heraus. Dann weniger sicher: »Das Sozi kann nicht über mich bestimmen, oder?«
    »Nein. Und wieso soll deinem Onkel was passieren?«
    Ein tiefes Schweigen entstand.
    »Ich war Waise«, sagte Jury.
    Diese Antwort vernahm sie offenbar hocherfreut, denn sie richtete sich auf. Wenn es ihm, einem Mann von Scotland Yard, passierte, dann konnte es jedem passieren. Und schau an, aus ihm war ja auch was geworden. Sogar Bob mochte ihn, er döste zu seinen Füßen. Trotzdem schien sie nicht restlos überzeugt.
    »Das Sozi könnte bestimmen, daß ich bei Leuten wohnen muß, die ich nicht mal kenne.«
    »Zel, auf keinen Fall.«
    »Woher wollen Sie das denn wissen? Vielleicht muß Onkel Peter als Zeuge hin.«
    »Das glaube ich nicht, Zel. Das Gericht vernimmt die Leute als Zeugen, die an dem Abend im Haus waren.« Jury hatte nicht das Gefühl, daß er ihre Angst sehr besänftigen konnte.
    »Ist ja auch egal«, sagte sie, in Gedanken immer noch bei den gefährlichen Machenschaften des »Sozi«. »Das Sozi kriegt mich nicht, weil Mr. Parker mich weiter hier wohnen läßt. Das weiß ich ganz genau.« Aber so sicher klang sie nicht.
    »Du hast Mr. Plant erzählt, du hättest gesehen, daß Dorcas mehrere Male in Major Parkers Haus war.«
    »Ja, kann sein.« Nun setzte sie sich richtig hin und warf ein durchgekautes Papierkügelchen in die Luft. Sofort sprang Bob auf und jagte hinterher.
    »Warum wohl, was meinst du? Hat sie auch für ihn gekocht und saubergemacht?«
    »Für Mr. Parker? Seien Sie nicht albern!«
    Jury lächelte. »Was ist daran albern?«
    »Ich hab doch gerade gesagt, daß sie überhaupt nicht kochen konnte. Glauben Sie, Mr. Parker hätte sie kochen lassen? Für ihn? Sie hätte nie im Leben Pflaumeneis gekonnt.«
    »Was war mit Saubermachen?«
    »Mr. Parker hat eine Putzfrau, Dorcas' Tante. Warum hätte er da Dorcas gebraucht?«
    Ja, warum, überlegte Jury.
    Sie schwiegen beide und betrachteten den Himmel. Dann fragte sie: »Müssen Sie schon mal auf Leute schießen?«
    »Was? Nein, ich trage keine Waffe. Tut mir leid.«
    Das fand sie unglaublich. »Aber Sie sind doch Polizist.«
    »Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muß, aber wir tragen nur eine Waffe, wenn wir wissen, daß wir in eine gefährliche Situation kommen. Und dann müssen wir ein Papier unterschreiben. Außerdem sind nur einige von uns ausgebildet, eine Waffe zu gebrauchen. Ich bin bei der Abteilung für Verbrechensbekämpfung. Es gibt eine bewaffnete Abteilung, und das sind die einzigen, die eine Waffe tragen dürfen. Und selbst die müssen sich von ihren Chefs die Erlaubnis holen, wenn sie sie gebrauchen wollen.« Bekümmert überlegte Jury, wie lange es noch dauern würde, bis alle Kollegen bis hinunter zum Streifenpolizisten gezwungen waren, ständig eine Waffe zu tragen. Er schaute Zel an. Das waren ja schrecklich enttäuschende Neuigkeiten von der Polizei. »Ich glaube, du hast zu viele amerikanische Krimis im Fernsehen gesehen.«
    Zel legte sich wieder über den Baumstamm, und Bob, der sich wunderte, daß die Jagd schon zu Ende war, ließ sich erneut zu Jurys Füßen nieder.
    Zel schaute in den Himmel und deutete auf die Sterne. »Wie heißen die?«
    »Plejaden, glaube ich.«
    »Was sind das für welche?«
    Jury durchforstete seine mageren astronomischen Kenntnisse und antwortete: »Die Töchter irgendeines Gottes. Sie wurden in Sterne verwandelt.«
    Schweigend überdachte Zel ein solches Schicksal und starrte weiter in den Himmel. Nach einer Weile fragte sie: »Und wo ist Ihr Freund?«
    Als sei auch Melrose Plant ein Sternbild. »Er mußte in Lincoln bleiben.«
    Wieder schwieg sie. Dann sagte sie: »Er hat die ganze Zeit versucht herauszufinden, wie ich heiße. Er dachte, es sei ein Spitzname. Das glauben Sie vielleicht auch.« Sie drehte sich zu ihm um. »Sie glauben bestimmt, Zel ist ein Spitzname.« Ganz offensichtlich erwartete sie, daß Scotland Yard pfiffiger war als ihr neuer Freund Mr. Plant.
    Nachdem Jury zwei, drei auf der Hand liegende Erklärungen angeboten hatte, entstand Schweigen. Dann sagte er:

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