Fremde Federn
noch eine letzte Runde für seine neuen Freunde auszugeben.) Weil er befürchtete, sie würden wieder in Streit geraten, wenn er sie nach dem Weg nach Fen-gate House fragte, wandte er sich an Dave.
Dave rief einen hochgewachsenen Mann, der am anderen Ende des Raums seine Zeit damit vertrödelte, mit Dartpfeilen auf die Scheibe zu zielen. »Jack, hier will jemand wissen, wie man nach Fengate kommt!«
Melrose sah zu, wie Jack herbeischlenderte. Als er an dem Tisch vorbeikam, an dem er offenbar gesessen hatte, nahm er sein Glas und trank es aus. »Sie sind fast da, es ist am anderen Ende von Algarkirk.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung Westen. »Fahren Sie einen guten Kilometer, und Sie sind da.«
»Stimmt das? Ich meine, daß es so leicht zu finden ist? Ich habe einen miserablen Ortssinn.«
Jack lachte. »Na, ich muß es ja wissen, schließlich wohne ich dort. Es ist da draußen auf der anderen Seite des Windy Fen. Hier, ich zeichne es Ihnen auf.« Er holte einen Bleistiftstummel aus der Tasche, nahm eine Papierserviette aus einem Ständer, und in Blitzesschnelle hatte er eine Straße gezeichnet mit Bäumen, Kreisverkehr und einem winzigen Haus am Ende, sogar mit Säulen versehen. Dann nahm er sein leeres Glas und ließ es in seinen langen Fingern baumeln.
Elegante Finger, dachte Melrose. Ob er Maler war oder Pianist?
»Müssen Sie geschäftlich nach Fengate?« Sein Ton war nicht sonderlich neugierig.
»Ja, ich habe eine Lieferung für die Owens. Einen antiken Burgundertisch.« Mittlerweile genoß es Melrose regelrecht, sich den Namen von der Zunge rollen zu lassen.
»Mir können Sie alles erzählen, ich bin von keiner Sachkenntnis getrübt, was Max' Zeugs betrifft.« Lächelnd streckte er Melrose die Hand entgegen. »Ich heiße übrigens Jack Price.«
Auch Melrose streckte die Hand aus. »Melrose Plant.«
Price schüttelte den Kopf und fragte: »Sind Sie Händler? Oder bloß Spediteur?«
»Weder noch. Ich werde manchmal gebeten, ein Stück zu begutachten.« Das hätte er so nicht sagen sollen, es klang ja, als habe er immer das letzte Wort. Er räusperte sich, nur allzu bewußt, daß er beim Schätzen nicht mal das erste Wort hatte. »Ich meine, ich bin kein Profi, mitnichten. Ich interessiere mich für diese Dinge als Laie.«
»Was haben Sie noch gleich mitgebracht?«
»Einen Burgundertisch. Ziemlich selten.« Zu spät fiel ihm ein, daß er sich jeder Meinung enthalten sollte. Einerlei, denn wenn das Ding nicht selten war, würde Jack Price seinen Irrtum nicht bemerken, sein Interesse war reine Höflichkeit.
»Klingt eindrucksvoll. Klingt, als wenn Max dafür über Leichen gehen würde.«
Da horchte Melrose dann doch auf. Einen solchen Kommentar über jemanden abzugeben, der in einem Haus wohnte, das mit zwei Morden in Verbindung stand, fand er ziemlich gedankenlos.
»Max Owen ist mein Onkel.« Price ließ das leere Glas weiter in seiner Hand baumeln.
Als Melrose den Wirt durch eine Handbewegung gebeten hatte, es mitzunehmen, bedankte sich Price bei Melrose und bot ihm ein Zigarillo an.
Der dünne Zigarillo paßte perfekt zu dem Mann. Er hätte eine Gestalt aus einem Goya-Gemälde sein können mit den Augen, die so dunkelbraun waren, daß sie fast schwarz wirkten, dem halblangen dunklen Haar, das ihm seitlich ins Gesicht fiel, als er den Zigarillo über ein Streichholz hielt. Im Schein der Flamme funkelten Punkte in seiner Iris auf. Wenn er doch bloß noch ein bißchen was ausplaudern würde! Aber er setzte sich nur hin und rauchte sein Zigarillo.
»Die Owens lassen den Tisch zur Ansicht kommen. Da sie sowieso Sachen in ihrem Haus geschätzt haben wollen, habe ich mich als Lieferant erboten.«
»Max, Grace nicht.«
»Wie bitte?«
»Grace Owen hat nichts damit zu tun. Max begeistert sich für den alten Kram, Grace nicht.« Price klopfte die Asche ab. »Von den Mordfällen hier haben Sie ja wahrscheinlich gehört. Es ging durch die Presse. War auch in den Londoner Zeitungen. Max ist in Antiquitäten- und Kunstkreisen ziemlich bekannt.«
»Nein, ich kann mich nicht erinnern, daß ich davon gelesen habe.« Melrose deutete mit dem Kopf in Richtung Tresen. »Aber die Herrschaften dort drüben haben gerade darüber geredet.«
»Es ist ein paar Wochen her. Bei einer Wochenendparty wurde eine Frau, die zu Gast war, tot aufgefunden. Lag erschossen draußen am Wash, wissen Sie, an der Küste, nicht sehr weit von hier. Die Kripo hat uns alle gründlich in die Mangel genommen.«
»Haben sie den
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