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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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räusperte sich, legte die zur Faust geballte Hand an den Mund und sagte: »Sie müssen Owens Gast sein, der Antiquitätengutachter.«
    Melrose wünschte, die Leute würden endlich aufhören, ihn als solchen zu bezeichnen, und ihn einfach beim Namen nennen. Aber er lächelte und streckte die Hand aus: »Ja, ich heiße Melrose Plant.«
    »Bannen. Kriminalpolizei Lincolnshire, CID.«
    Er wirkte sehr sanft, was wahrscheinlich seine Wirkung auf Zeugen nicht verfehlte. Aber diese Fassade täuschte Melrose nach seiner langen Bekanntschaft mit Scotland Yard CID nicht mehr. Auch Jury konnte sanft auftreten, manchmal sogar so sehr, daß er selbst dahinter verschwand. Dann vermochte er Zeugen, einerlei welcher Couleur, ein Spiegelbild ihrer selbst zu geben. Und Melrose war überzeugt, daß dieser Chief Inspector auch zu dieser Sorte Kripobeamten gehörte. Als wolle Bannen jedweden Eindruck von Cleverneß gleich unterlaufen, hob er den Kopf und rieb sich unbeholfen den Nacken. Es war eine schwerfällige Geste, als mache ein Bauer Pause, um sich die Mütze zurechtzuschieben oder den Schweiß von der Stirn zu wischen.
    Bannens dünne Lippen verzogen sich zu einem halben Lächeln. Für Melrose nur ein halbes. »Sie wissen sicher Bescheid, Mr. Plant. Schreckliche Sache.« Er schob die Hände tief in die Hosentaschen.
    Dieser Meinung war auch Melrose. Er fand es irritierend, daß Bannen ganz allein hier war. Als sei es das Normalste der Welt, daß man einen hochrangigen Kriminalbeamten im Wohnzimmer stehenließ. »Aber Sie klären es sicher ganz fix auf«, sagte Melrose. Wie banal. Ihm war aber auch zu unbehaglich, hier herumzustehen.
    »Das will ich hoffen.«
    »Eine der Beteiligten kenne ich flüchtig. Jennifer Kennington.« Das wollte er gleich zu Protokoll geben. Der Mann sollte gar nicht erst auf die Idee kommen, er wolle etwas verbergen. »Schwer vorstellbar, daß sie mit all dem hier was zu tun hat.«
    »Ja«, nickte Bannen. Natürlich wußte der Chief Inspector bereits, daß Melrose mit Jenny Kennington bekannt war. Ob er dem irgendwelche Bedeutung beimaß, war allerdings nicht ersichtlich. »Und kannten Sie auch eines der Opfer, Mr. Plant?«
    »Nein. Nein. Glauben Sie denn, daß die beiden Morde miteinander in Verbindung stehen?« Noch eine banale Frage.
    »Ja, würde ich doch sagen.« Er stieß die Luft aus.
    »Der Tod Verna Dunns hat in den Klatschgazetten ganz schöne Wellen geschlagen. Da sie früher Schauspielerin war, hat sich die Presse natürlich begierig darauf gestürzt. Ich glaube, sie war ziemlich bekannt, in der Londoner Gesellschaft sogar prominent.« Er rieb sich mit dem Daumennagel über die Stirn, als wolle er die Furchen wegstreichen.
    Melrose wartete darauf, daß er weitersprach. Vergeblich. Weil er die angespannte Situation entkrampfen und zudem etwas erfahren wollte, sagte er: »Aber es ist doch schwer, in dem Ganzen ein Motiv zu entdecken. Ich meine, offenbar hat keiner eins.« Als Bannen ihn nur mit diesem sanften, aber beunruhigenden Blick anschaute, fuhr Melrose aus reiner Nervosität fort: »Zumindest niemand in diesem Haus. Sie haben sich anscheinend alle so gut verstanden.«
    Bannen lächelte. »Aber Sie kennen sie doch gar nicht. Außer ... Jennifer Kennington, meine ich.«
    Melrose schüttelte den Kopf. Die Pause vor dem Namen mißfiel ihm ungemein. Er wußte, hier lief etwas gewaltig falsch, aber er fühlte sich völlig außerstande, etwas dagegen zu tun.
    Die beiden Räume, das Wohnzimmer und die Galerie, hatten Erker, deren Seitenfenster schräg zueinander standen, so daß man vom einen Raum in den anderen schauen konnte. Bannen hatte im Wohnzimmer gestanden und gewartet - worauf? Melrose hatte das merkwürdige Gefühl, wenn er jetzt in die Galerie ging, würde er sehen, wie der Beamte und Grace Owen sich aus ihren jeweiligen Fenstern gegenseitig anstarrten. Der Winkel, in dem Grace den Kopf hielt, verriet ihm, daß sie nicht geradeaus, sondern nach rechts - hierher - blickte.
    Sie hörte nicht, wie er eintrat, so konzentriert sah sie hinaus. Sie hatte nur den Vorhang dieses Seitenfensters geöffnet, auf ihren Rock und die Statue dahinter ergoß sich blasses, kaltes Licht. Ansonsten lag der Raum wie üblich in tiefer Dunkelheit. Die Galerie, ohnehin immer kühler als die anderen Räume, war der reinste Eiskeller. Auch Melrose' Hände waren klamm.
    Eigentlich wollte er etwas sagen, er öffnete auch den Mund, aber dann schwieg er und zog sich in die Ecke zurück, wo seltsam anonym das Bild von

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