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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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auf einmal eine Schar Vögel aus einem fernen Gebüsch oder aus dem Wasser. Ihm war, als begebe er sich auf eine Reise, deren Ziel keine Küste mit funkelnden Lichtern, sondern der Rand eines in Nebel gehüllten Kontinents war. Er konnte die bange Ahnung nicht abschütteln, daß unheilvolle Ereignisse drohten. Beim Anblick des leeren, weißen Himmels und der grenzenlosen Felder wurde dieses Gefühl noch beklemmender.
    Der Pfad war schnurgerade. Ob es einmal ein schmaler Wasserweg gewesen war, den die Fenmän-ner zum Schneiden des Riedgrases benutzt hatten? Nach etwa zweihundertfünfzig Metern breitete sich links von ihm das Wyndham Fen aus. Flach und weit, wie es war, und so plötzlich und unerklärlich auftauchend, sah es aus wie eine Landschaft in einem Traum.
    Er dachte über Jack Price nach. Und insbesondere darüber, ob seine Beziehung zu Jenny intensiver war, als beide zugaben. Stärker als alles andere sprach gegen Jenny, daß sie der Kripo in Lincolnshire (und ihm) weder erzählt hatte, in welcher Beziehung sie zu Verna Dunn stand, noch daß sie Jack Price kannte. Vor Pete Apted konnte sie so etwas gewiß nicht geheimhalten. Gut, es waren alles nur Indizien, die sie belasteten, aber sie wäre nicht die erste, die in einem Indizienprozeß verurteilt würde.
    Er verließ den Weg und bog in den Pfad ein, der um das Besucherzentrum führte. Dann ging er über die Promenade zu dem Kanal, der dem Gebäude am nächsten war. Dort hatte man Dorcas Reese' Leiche gefunden. Er hatte die Stelle ja schon einmal gesehen, aber nun verharrte er in fast ehrfürchtigem Schweigen. Nicht nur das tragische Ende des Mädchens, auch der Ort selbst berührte ihn. Was für ein ergreifender Schauplatz für einen Mord, dachte er, als er auf das ruhige Wasser hinunterschaute, die Besengräser und den gelben Wasserschlauch, das Schilfgras und den Schildfarn. Nicht weit entfernt hörte er Halme klicken und beobachtete, wie ein Fischreiher, den er aufgescheucht haben mußte, hochflatterte. Dann ging er über die Promenade zurück.
    Wie ein versteinertes prähistorisches Untier, das mit dem Abschwellen der Flut gestrandet ist, parkte der weiße Polizeibus unweit des Besucherzentrums. Der Tatortbus, das provisorische Büro. Aus den kleinen, quadratischen Fenstern strömte grünliches Licht. Durch das Schilf und das Gras, an einem Weidengehölz vorbei, wo eine Stockente bei seinem Näherkommen losknarrte, ging er darauf zu. Irgendwo schrie eine Eule. Das Wasser in den Kanälen lag grau und reglos wie Blei. Die leuchtendgelbe Flatterleine, die sich um diesen Teil des Fens wand, schmerzte beinahe in den Augen. Heute waren natürlich keine Touristen da. Etwaige Besucher wurden von der Polizei vermutlich schon an der A17 zurückgeschickt.
    Der grünliche Schimmer kam von den Computermonitoren, es wurde also gearbeitet. Der Bus war blau vom Rauch. Bannen rauchte gern Zigarren. Er war allein und hämmerte Daten auf seinen Bildschirm.
    »Aha. Ich hatte doch so eine Ahnung, daß ich Sie bald wiedersehe.«
    Jury wußte nicht, was das Lächeln bedeutete, jetzt genausowenig wie zuvor. Bannen hätte einen exzellenten Pokerspieler abgegeben, es wirkte immer so, als habe er noch ein As im Ärmel.
    Diesmal sogar mehrere, oder war es nur wieder ein Bluff a la Bannen? Jury nickte, lächelte ein wenig und zog sich einen Klappstuhl heran. »Sam Lasko hat mir gesagt, Sie nehmen bald eine Verhaftung vor.«
    »Ganz so habe ich mich zwar nicht ausgedrückt, aber -« Bannen nahm die Zigarre aus dem Mund, musterte sie, zündete sie wieder an und widmete sich dann Jury.
    »Nein? Na, was soll das nun wieder bedeuten?« Bannens direktem Blick entnahm Jury, daß er sich darüber den Kopf bis ans Ende aller Tage zerbrechen konnte und es dennoch nicht herausfinden würde. Er kippelte mit dem Stuhl und versuchte, seine Aufregung zu zügeln. »Sie müssen mir verzeihen, wenn ich naseweis bin«, ach, bei diesem Polizisten sollte er auf kindische Ironie verzichten, »aber sie ist eine Freundin von mir.«
    »Ja, das haben Sie mir gesagt. Jetzt klingt es so, als seien Sie sogar sehr mit ihr befreundet.« Bei diesem Satz zerfielen alle Schlußfolgerungen, die Jury bisher geäußert hatte oder noch äußern würde, zu einem armseligen Häuflein.
    »Doch, schon. Aber ganz einerlei, wie sehr - Sie haben nicht die Bohne, um Sie festzunehmen.«
    Bannen seufzte. »Na ja, das sollten wir lieber der Staatsanwaltschaft Ihrer Majestät überlassen.« Bannen fuhr mit der Hand über etliche

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