Fremde Gäste
erleichterte die Sache für den armen Tom, der von Tony und David zur Teilnahme gedrängt worden war. Zur allgemeinen Überraschung und gegen jegliche Erwartung waren doch einige von den älteren Herrschaften erschienen. Offensichtlich hatten sich manche Papas und Mamas den jungen Mann einmal betrachten wollen.
Was sie sahen, erschreckte die einen und erheiterte die anderen. Paul und ich waren nicht hingegangen, aber David berichtete uns in einem seltenen Anfall von Mitteilungsbedürfnis. »Natürlich mußten so ein paar Greise auftauchen, um festzustellen, wie Tom sich benimmt und ob er auch kein Auto klaut. Sie waren sehr diskret, sie schnitten ihn nicht geradezu — sie begrüßten ihn eher betrübt als zornig, und die Damen rafften gleichsam ihre altmodischen Kleider hoch, um nur ja nicht einen Kerl zu berühren, der in einer Besserungsanstalt gewesen war. Einige Mädchen schwammen im Geleitzug ihrer Mutter und mieden Tom recht auffallend, aber die meisten jungen Burschen verhielten sich sehr anständig. Sie machten kein Getue, sondern ignorierten einfach Toms Vergangenheit. Tatsächlich hätte es eine ganz normale ländliche Party sein können, soweit ich das als Neuling beurteilen kann, wenn eure Mädchen nicht gewesen wären.«
»Warum? Was haben sie denn getan?«
»Nichts Besonderes. Sie gaben nur zu erkennen, daß Tom ihr liebster, ehrlichster Freund sei, und wehe dem, der ihn zu kritisieren wagte. Sie tanzten ununterbrochen mit ihm, außer wenn Beth oder Trix sie ablösten. Und zum Schluß jedes Tanzes gaben sie ihn nur betont ungern frei. Das Lustige ist, daß der Kerl ein guter Tänzer ist. Als ich nach dem Grund fragte, erzählte er, daß die Burschen, die sich einwandfrei aufführten, gelegentlich unter Aufsicht ein wenig tanzen durften. Jedenfalls war das Ergebnis ausgezeichnet, und er und Tony konnten sich schon sehen lassen. Zum Schluß lachte das Publikum und applaudierte. Natürlich wußten die meisten, was wir im Sinn hatten, und waren auf unserer Seite. Allerdings hörte ich Mrs. Elder sagen: >Ein hübsches Bild, diese beiden, wenn man nicht wüßte... < Aber ich benahm mich sehr fein und versuchte nicht, sie zu erwürgen. Zum Schluß hat sie sich dazu aufgerafft, anständig mit Tom zu reden.«
»Und wie nahm Tom es auf, das alles?«
»Na ja, Sie kennen ihn ja. Er nimmt eben alles, wie es kommt. Er ist froh, wenn die Leute nett sind, wie er das bezeichnet. Und er meidet die Unruhestifter. Es schien ihn nicht zu interessieren, welchen Eindruck er machte; jedenfalls benahm er sich so natürlich wie immer.«
Zum Glück war Tom viel zu einfach und anspruchslos, um seine neue Popularität auszunützen. Er drängte sich nicht ins Licht der Öffentlichkeit, weder als heimgekehrter verlorener Sohn noch als Bösewicht mit düsterer Vergangenheit — er war einfach der Tom, der große Fehler gemacht und dafür gebüßt hatte. Er hatte sich in Larrys Haushalt eingefügt, anfangs mit leichter Nervosität, die mich beunruhigte, aber allmählich gewann er eine heitere Selbstverständlichkeit und die wohl erste Sicherheit seines Lebens. Mit Larrys Sohn Mark und meiner Tochter Patience hatte er sich sehr angefreundet, und diese Tatsache zusammen mit der herzlichen Freundschaft zu David schien ihn glücklich zu machen.
Inzwischen ging der neue gesellige Wirbel in Tiri weiter. Alle vierzehn Tage gab es Partys in der Stadthalle und freitagsabends ein Treffen im Supermarkt. »Um neun Uhr ist Schluß, und dann gehen noch ein paar von uns hinüber zu Tantchen auf eine Tasse Kaffee.«
»Das ist aber eine ziemliche Belastung für sie nach all der Arbeit in der Woche«, sagte ich.
»Aber sie kümmert sich nicht viel um uns. Sie geht zu Bett, wenn sie Lust hat, und Miranda bleibt, bis einer von den Burschen sie um zehn Uhr heimbringt. Meistens tut das Joe, aber letzthin war es manchmal Graham. Ich koche Kaffee — nicht aus dem Laden, meine Gute, sondern einen, den ich brav aus meiner eigenen Tasche bezahlt habe. Dann sitzen wir vergnügt noch ein wenig beisammen und reden über die letzten Neuigkeiten. Manchmal kommen auch Tom und David dazu. Aber meistens gehen sie in Toms Häuschen und hören Platten. So fades, hochgestochenes Zeug scheint ihnen am besten zu gefallen, doch besitzen sie auch ein paar lustige moderne Platten.«
Das alles hörte sich vergnügt und normal an. Ich konnte nur hoffen, daß es für Tantchen nicht zuviel würde. Als ich das zu ihr zu sagen wagte, wehrte sie ab. »Nein, nein, Susan.
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