Fremde Gäste
wäre das beste«, sagte Larry, »mit allen Freunden, dem Colonel, mit Justin und Peter und jedem, der Tom Arbeit geben würde, darüber zu sprechen. Außerdem wollen wir die Sache herunterspielen.«
Impulsiv und ohne daran zu denken, daß man seinen Freunden keine indiskreten Fragen stellen soll, sagte ich: »Larry, ging es wirklich immer nur um Autos? Meistens führt das zu schlimmeren Sachen — zu Diebstahl. War das hier auch so?«
Larry zögerte und sagte dann langsam: »Susan, wenn ein Junge einmal so was anfängt, kommt er mit anderen in Berührung, die dasselbe tun oder Ärgeres. Tom war ein rechter Dummkopf, und er hat dafür gezahlt. Ist das nicht genug?«
»Mehr als genug!« rief ich. »Ich hätte das nicht fragen dürfen! Hoffentlich fragt das auch kein anderer. Ich glaube nicht, daß einer von den Männern sich danach erkundigen wird. In dieser Hinsicht sind sie uns über. Es tut mir leid.«
»Schon gut. Wenn Leute darüber reden, dann sag ihnen, sie sollten nur einmal an ihre eigene Jugend denken und an die vermutlich noch dümmeren Streiche, die sie vielleicht an ihren Kindern erleben. In der Bibel gefällt mir am besten die Stelle, wo es heißt: >Zeigt mir den unter euch, der ohne Sünde ist<, du weißt schon, welche ich meine.«
»Die Stelle gefällt mir auch; ebenso die, wo es heißt: >Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet!< — Jetzt sind wir ja auf einmal mächtig fromm und feierlich, aber es schadet nie, die Bibel zu zitieren. Trotzdem: Könntest du dir vorstellen, daß wir so etwas zu Mrs. Knight sagten?« Wir lachten.
Es war so leicht, über die Angelegenheit gemeinsam zu lachen. Aber die ganze Geschichte, die für Larry keine Überraschung war, war für mich doch ein arger Schock. Immer wieder mußte ich an Toms düstere Kindheit und Jugendzeit denken. Ich wünschte, daß weder ich noch irgend jemand anderes diese Geschichte je erfahren hätten.
7
Unsere düsteren Vorahnungen waren nur allzu berechtigt. Von Florence Knight und ihrer Freundin Maureen Elder konnte man wohl kaum erwarten, daß sie solch eine aufregende Neuigkeit für sich behielten. Sie taten das auch nicht, und binnen vierundzwanzig Stunden mußten wir, ebenso wie Sam und Larry, sehr bedauern, daß jene wohlmeinende Frau im Laden mit ihm gesprochen hatte.
Für die ganze Gegend war das eine große Aufregung. Nie zuvor hatten wir hier einen ehemaligen »Sträfling« gehabt, und »den hat Mrs. Lee auf der Straße mitgenommen und behandelt, als ob er zur Familie gehörte!« So drückte sich einer aus.
Ein Mensch, der soviel Charakter und Zivilcourage hat wie Larry und sowenig Neigung zu Klatsch und Äußerlichkeiten, konnte in unserem kleinen ländlichen Kreis allgemeine Anerkennung erhoffen. So hatte Larry, ebenso wie wir übrigen, ergebene Anhänger, aber auch scharfe Kritiker.
Die Reaktionen auf die ganze Angelegenheit waren verschieden, aber im ganzen doch so, wie wir erwartet hatten. Die drei Freunde, Paul, Sam und Tim, hielten wie stets fest zusammen und spielten die unseligen Vorkommnisse in Toms Vergangenheit herunter. Sie sprachen als »alte Soldaten«, womit sie die anderen Männer, die nicht im Feld gewesen waren, mundtot machten. »So eine verrückte Fahrerei mit dem Auto anderer Leute ist albern, aber es hat nicht viel zu sagen.« Paul erinnerte sich, wie er sich in Ägypten ein Militärfahrzeug ausgeliehen und eine famose Zeit damit verbracht hatte. Sam hatte für längere Zeit keinen Urlaub bekommen, weil er einen großen Fehler gegangen hatte: Er hatte sich ein Fahrzeug ausgeliehen, das seinem Vorgesetzten gehörte. Tim behauptete, er habe einmal einen ganzen Panzer samt Besatzung »für eine Gaudi« ausgeliehen. Ob all diese Geschichten buchstäblich wahr oder nur Übertreibungen waren, das wußten die Ehefrauen nicht, aber sie brachten die Männer, die nicht am Krieg teilgenommen hatten, zum Schweigen.
Anne, Tims nette junge Frau und Tochter des Colonels, verhielt sich, wie ich es erwartet hatte. »Der arme Tom! Ohne Eltern ist er aufgewachsen in so einem gräßlichen Heim! Kein Wunder, daß er es mit fremden Autos nicht so genau genommen hat. Wir wollen lieber versuchen, das alles zu vergessen, Susan.«
Tony und Miranda reagierten ebenso, nur mit noch mehr Eifer und weniger Einsicht. »Soviel Trara wegen ein paar Autos. Man könnte meinen, Tom hätte ihre Kinder entführt. Aber ich glaube, über ihre Kinder hätten sie sich nicht so aufgeregt!« sagte Tony ungerecht.
»Aber die
Weitere Kostenlose Bücher