Fremde Gäste
Sie sind mir nicht im Wege. Die beiden Mädchen sorgen für sich selbst und für die beiden jungen Männer, die sie manchmal mitbringen. >Mit heimbringen< nennen sie das, und es gefällt mir, daß sie es so auffassen. Richtig daheim ist Tony natürlich bei euch auf dem Hügel, aber ihr Werktag hier macht ihr auch Freude. Und Miranda blüht und gedeiht. Man kann sich das schüchterne, hilflose Mädchen kaum mehr vorstellen, das vor einem Jahr hierherkam, um Tony zu entlasten. Sie ist noch so ruhig wie eh und je, aber sehr anstellig und völlig gelassen in allen Situationen. Wenn Tony verheiratet ist, werden wir gut miteinander weiterarbeiten, obwohl wir sie vermissen werden. Ihr übrigens auch.«
»Ich nehme an, daß sie einen Großteil ihrer Freizeit daheim verbringen wird oder auf der Farm. Peter ist fleißig, aber, vielleicht unter dem schlimmen Eindruck seiner Mutter, überhaupt nicht anspruchsvoll. Wovor ich Angst habe, ist die Hochzeit.«
»Das kann ich Ihnen nicht verdenken. Muß es denn eine so große Feier werden?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es eine große Hochzeit werden kann, wenn die Zeremonie in unserer kleinen Kirche und die Party in unserem Haus stattfinden soll. Man kann es schließlich nicht vergrößern. Und wenn ich mir noch solche Mühe gebe. Aber trotzdem wird es eine große Sache werden. Meine Liste ist ellenlang.«
»Ach, arme Susan! So habe ich Sie noch nie reden hören!«
»Ich sollte auch jetzt nicht klagen. Schließlich sind Hochzeiten ja eine fröhliche Sache. Nur nehmen sie heutzutage immer gleich so gewaltige Formen an. Ich habe schon versucht, die Zahl der Gäste herunterzudrücken. Aber unter dreihundert komme ich einfach nicht. Stellen Sie sich bitte dreihundert Leute in unserem Haus vor! Selbst wenn wir noch zwei große Zelte im Garten aufstellen, reicht der Platz nicht.«
»Das ist freilich ein Problem. Und weshalb wollen Sie die Party nicht in der Stadthalle abhalten? Das wäre doch auch für die Gäste einfacher, weil sie nach der kirchlichen Zeremonie nicht die zwölf Kilometer zu Ihrer Farm herauffahren müßten. Für Sie wäre es auch leichter, denn Sie könnten aus dem Haus gehen, ohne erst groß aufräumen zu müssen. Und wenn Sie heimkommen, können Sie gleich ins Bett gehen.
»Bitte reden Sie nicht so! Das klingt alles so einfach und verlockend. Aber Tony möchte von ihrem richtigen Zuhause, wie sie es immer nennt, in den Ehestand treten, und ich möchte sie um alles in der Welt nicht merken lassen, wie schwierig das für mich ist. Nicht einmal Larry gegenüber war ich so offen, aber es ist sehr tröstlich, sich einmal alles von der Seele reden zu können, Tantchen.«
»Warum auch nicht? Ich hätte nicht zwanzig Jahre hier verbringen können, wenn ich anderer Leute Angelegenheiten, die mir anvertraut wurden, ausgeplaudert hätte. Reden Sie nur offen mit mir, Susan! Und jetzt erklären Sie mir bitte, warum es so eine riesige Veranstaltung sein muß.«
»Nun, zum ersten müssen wir alle Leute aus unserem Distrikt einladen. Auf gar keinen Fall möchte ich jemanden auslassen, obwohl ich Florence Knight und ihre Freundin, Mrs. Elder, nicht besonders gut leiden kann. Das sind schon mal fast fünfzig Personen, ausgenommen die Verpflichtungen, die wir in Tiri auch nicht übergehen dürfen. Weiterhin gibt es einige Leute in Te Rimu, die Tony gern und mit ihr verkehrt haben. Übrigens waren sie auch sehr nett zu mir. Folglich müssen wir sie auch einladen. Das sind schon eine ganze Menge; dazu kommen noch Alistairs Freunde — er ist ringsum genauso beliebt wie Tony. Da sind die Geschäftsleute, die mit ihm und Tony auf Reisen zusammen waren, ebenso ihre Frauen und oft auch ihre Schwestern. Und die vielen, die Tony zu Weihnachten Grüße und Geschenke schicken, können wir auch nicht auslassen. Alistair rechnet damit.«
Tantchen war ernst geworden. »Das ist ja schrecklich. Da wundert es mich nicht, wenn Sie auf dreihundert Personen kommen. Schade, daß Tony nicht heimlich davongelaufen ist. Das hätte das alles hinfällig gemacht.«
»Tony möchte wie die meisten modernen Mädchen eine große Hochzeit haben. Natürlich hat sie keine Ahnung, wie groß sie sein wird und welche Riesenarbeit das für mich bedeutet. Zwar werden Larry, Miranda und Anne und die anderen hiesigen Freundinnen mir helfen, doch an mir bleibt das meiste hängen, und ich kriege das Händeflattern, wenn ich nur daran denke.«
»Und wie steht’s mit Paul? Für ihn ist das doch auch nicht so
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