Fremde Gäste
übernehmen. Ich war darüber froh und keineswegs beleidigt, daß man mich dabei übergangen hatte. Sie sagten, ich dürfe alles begutachten und auch Vorschläge machen, aber selbst, wie Tony sich ausdrückte, keinen Finger rühren. Das würde auch gewiß nicht nötig sein. Alison und Anne hatten beide viel Geschmack und gärtnerische Erfahrung. Anfang September gab es eine Unmenge Blumen, und bei den beiden lag alles in den besten Händen.
Da bei der Trauung nur sechs Personen anwesend waren, gab es kein Gedränge. Zum erstenmal in ihrem Leben war Tony pünktlich, nachdem Paul sie schon an ihrer Zimmertür gemahnt hatte. Einige Passanten blieben am Kirchenportal stehen, aber kein ungebetener Gast störte die Zeremonie. Bei dem anschließenden kleinen Mahl war nur der Pfarrer anwesend. Das Ganze verlief sehr feierlich und in gehobener Stimmung. Und wenn ich während der kirchlichen Handlung einige törichte Tränen vergoß, so war daran der unvermeidliche Eindruck der Feierlichkeit auf die weibliche Psyche schuld.
Aber das war doch nicht der einzige Grund. Tony sah so jung und hübsch aus, und meine Gedanken schweiften zurück zu den zahlreichen Aufregungen, die dieser guten Lösung vorangegangen waren. Wie anders wären meine Gefühle, wenn jetzt nicht Peter an ihrer Seite stünde! Deshalb waren es Tränen des Glücks: Meine Tony war gut aufgehoben; sie würde in meiner Nähe leben, und — was das Wichtigste war — sie heiratete den Mann, der sie in allen Mißlichkeiten, in die sie hineinschlittern konnte, lieben und beschützen würde. Einen Mann, der stets ein Lächeln und eine Entschuldigung für sie haben würde und doch stark genug war, um ihre besonders ausgefallenen Ideen zu zügeln. Kurzum, er würde für Tony sein, was Sam vor vierzehn Jahren für Larry gewesen war. Konnte man noch mehr wünschen?
Nach der Abreise des Brautpaars hielten wir noch kurz in Tiri, um Tantchen und Miranda zu berichten. Bei der etwas wehmütigen Heimkehr auf unsere Farm verspürte ich eine eigentümliche Leere. Paul merkte das, wie er fast immer alles versteht, was mich angeht, und sagte: »Du solltest Larry besuchen und ihr von der Hochzeit erzählen. Ich hole dir dein Pferd; du könntest zur Abwechslung einmal reiten. Du bist zu sehr gewöhnt, überall mit dem Auto hinzufahren. So ein Ritt wird dir guttun.«
Dieser empörende Vorwurf — denn ich ritt mindestens einmal in der Woche zur Schafweide hinaus! — brachte mich gleich mächtig in Harnisch, und damit war dann alles wieder in Ordnung.
Larry war noch neugieriger auf alle Einzelheiten der Trauung als Tantchen und spendete begeistert Beifall. »Gerade wie bei mir! Du weißt doch, Onkel Richard war so gegen Sam. Er wollte einen reichen Makler für mich haben. Ich habe dir doch erzählt, wie ich ihn mürbe machte durch meine Drohung, davonzulaufen und mich auch ohne Hochzeit an Sam zu hängen. Er mußte schließlich nachgeben, weil er wußte, ich meinte es ernst. Aber es war ein solcher Kampf, daß ich von so einer herkömmlichen Trauung nichts wissen wollte. Es ist auch alles anders, wenn man keine Mutter mehr hat — niemand macht sich solche Sorgen, wie du es in letzter Zeit getan hast, Susan; gib’s nur zu! Jedenfalls waren nur vier Personen bei unserer Hochzeit, und das gefiel uns sehr. Natürlich waren Paul und Tim dabei als Trauzeugen für Sam. Seine Mutter freilich nicht, denn sie hatte alles versucht, die Heirat zu verhindern. Von meiner Seite war Onkel Richard anwesend; der war richtig rührselig und ließ einige Tränchen fließen. Außerdem war da noch unsere liebe alte Haushälterin als Tischdame für ihn. Es war alles ganz prima, obgleich Onkel Richard immer wieder sagte, er hätte schon immer sein kleines Mädchen so gern als Braut gesehen — nämlich als Braut des reichen Grundstücksmaklers!«
»Das kommt mir ganz unwahrscheinlich vor, denn Onkel Richard hat Sam doch so gern!«
»Na, und ob! Das einzige Problem ist Sams Mutter. Aber irgendein Kreuz gibt’s schließlich in jeder Ehe. In Tonys Ehe kann ich allerdings noch keines entdecken. Bei dir war es Claudia, und die wird anläßlich der Party nächstens zu euch kommen. Aber bei Tony gibt’s meiner Meinung nach nur Rosen auf dem Weg.«
»Sag doch so was nicht!« rief ich erschrocken. »Das zieht das Unheil herbei!« Doch Larry lachte über meinen Aberglauben und wollte noch einmal ganz genau wissen, wie Tony am Altar ausgesehen hatte.
Nach drei Wochen war das junge Paar zurück. Nachdem Tony
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