Fremde Gäste
Paul sagte, recht anziehend war. Sie war verständig, stand mit beiden Füßen auf der Erde und war sofort bereit, aus der Hütte das beste zu machen, während ihr Fertighaus aufgestellt wurde. Zu Tony faßte sie gleich Zutrauen und erzählte ihr, daß es nicht die große Liebe auf den ersten Blick gewesen sei. Sie und Jock hatten einander schon vor seiner Auswanderung gekannt, aber damals habe er halt »den Mund nicht aufgetan«. So hatte Jean versucht, ihn zu vergessen. Das war ihr nicht gelungen. Das Wiedersehen hatte alsbald dazu geführt, daß Jock nun wohl »den Mund aufmachte« und sich deutlich aussprach. Sie war bereit, in ihrer neuen Heimat alles anzuerkennen, und gehörte zu dem Typ der Einwanderer, der hier stets willkommen ist. Ja, sie wollte gern an zwei oder drei Vormittagen pro Woche in dem »großen Haus« nach dem Rechten sehen, damit die junge Lady Zeit für die Beschäftigungen hatte, die ihr Spaß machten. So konnte sie sich etwas nebenher verdienen; Jean hatte schon immer Hausarbeit gemacht und wollte ihren Jock nicht um jeden Pfennig bitten müssen. Uns war, als habe sich ein schöner Traum verwirklicht, und wir konnten uns nur gratulieren.
Als wir uns später über die Pläne für das kommende große Fest unterhielten, fragte Tony: »Fändest du es komisch, wenn ich Mrs. Hepburn auch eine Einladung schickte? Ich hätte sie gern an diesem Tag dabeigehabt. Sie hätte so auch Gelegenheit, David zu sehen. Ich weiß, eigentlich sollte ich nicht einmal dir etwas von der Post erzählen; aber sie schreibt ihm jede Woche, und er antwortet höchstens einmal im Monat, und nach dem Gewicht des Briefes zu urteilen, nur sehr kurz. Tantchen hat sie auf ein paar Tage eingeladen, damit sie David sehen kann. Aber sie wollte lieber nicht kommen, denn in seiner jetzigen Gemütsverfassung könnte er glauben, sie wolle ihn überwachen. Das wäre ihm bestimmt unerträglich.«
»Der dumme Junge! Ich weiß schon: >Ich will mein eigenes Leben leben. Die anderen kümmern mich nicht, am wenigsten meine Familie.<«
»Wenn ich sie aber einlade, kann er nichts dagegen haben. Ich werde ihm sagen, daß ich sie einlade, weil ich sie gut leiden mag und weil sie Tantchens Cousine ist. Dann wird er sich bestimmt anständig benehmen.«
»Ja, das sollte er wirklich! Erzähl’ mir später, wie es ausgegangen ist.«
Wie sie dann berichtete, hatte David die Einladung zwar betont gleichgültig, jedoch widerspruchslos vernommen. »Er meinte, es wäre wohl ganz nett für seine Mutter, ihre längst verlorene Cousine und ihren kürzlich verlorenen Sohn wiederzusehen. Für seine Verhältnisse war er noch ganz liebenswürdig.«
So wurde also eine formelle Einladung zugleich mit einigen kurzen Zeilen von Tantchen abgeschickt. Mrs. Hepburn nahm mit Vergnügen an. Auch ihr Mann wäre gern gekommen, schrieb sie, könne jedoch beruflich nicht abkommen. Sie richtete eine nette, sehr persönliche Karte an Tony und einen längeren Brief an Tantchen. Sie war gewiß froh um jeden Vorwand für ein Wiedersehen mit ihrem eigensinnigen Sohn. Es war aber doch lächerlich, daß man dafür einen Vorwand brauchte.
Hier stockte ich und murmelte seufzend: »In zehn Jahren wird es anders sein.« Dann verdrängte ich diese Angelegenheit aus meinen Gedanken. Es gab noch anderes zu überlegen als die Probleme der Familie Hepburn.
Zuerst kam die Hochzeit, genau drei Wochen nachdem Tony ihren Entschluß gefaßt hatte. Es war eine stimmungsvolle Trauung, die vielleicht gerade dadurch gewann, daß nur die vier Menschen zugegen waren, die dem Brautpaar wirklich innig verbunden waren. Einer solchen Hochzeit hatte ich noch nie beigewohnt. Ein einziges Mal war ich gegen meinen Willen Zeuge bei einer Blitztrauung auf dem Standesamt.
Tonys Hochzeit aber war ganz anders. Sie war sehr schön und feierlich.
Die Braut sah bildhübsch aus, wie sie da langsam den Mittelgang heraufkam und uns im Vorübergehen zulächelte. Paul befand sich im Vollgefühl seiner väterlichen Würde mit Tony an seiner Seite. Heimlich dachte ich: Er fühlt sich ganz in seinem Element, denn er brauchte keinen piekfeinen Anzug anzuziehen; die Blume in seinem Knopfloch genügte.
Tony hatte herrliche Blumen, auch ich; denn Peter hat sowohl Geschmack wie Geld, und Alison hatte ihn wohl auch beraten. Sie hatte darauf bestanden, für den Blumenschmuck bei dem kleinen Festmahl nach der Trauung zu sorgen. Sie wollte auch, unterstützt von Anne und Larry, die Dekoration von Peters Haus und der Zelte
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