Fremde Gäste
Jean begrüßt hatte, holte sie das Pony, das Paul ihr vor fünf Jahren geschenkt hatte, von der Koppel und ritt damit zu mir, um mir zu berichten, wie glücklich sie sei. Dann telefonierte sie mit Tantchen und Larry, und schließlich besprachen wir gemeinsam alle Vorbereitungen für die sonderbare Hochzeitsfeier. Die sollte ja drei Tage nach ihrer Rückkehr stattfinden.
»Du, Susan, Jean ist unbezahlbar! Das Haus ist zwar noch ziemlich karg möbliert, aber es ist blitzsauber. Die Fenster glänzen richtig. Darüber brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen. Alle werden finden, daß es richtig raffiniert von mir ist, gleich eine Party zu veranstalten.«
Wirklich gab es weder für die Braut noch für einen von uns viel zu tun; nur für die treuen Freundinnen, die darauf bestanden hatten, den Blumenschmuck anzubringen. Larry stieg auf die Leiter, und die anderen befolgten ihre Anweisungen. Die kalten Platten waren vorbereitet, und Peter hatte für genügend Getränke gesorgt, um auch den größten Durst zu stillen. Meine Aufgabe war es, Claudia und ihren zweiten Mann bei guter Laune zu erhalten. Von diesem mühsamen Geschäft hielt Tony sich lieber fern; sie behauptete, das sei mein Teil an der Arbeit für das große Fest.
Paul holte das Ehepaar vom Flugzeug ab und hielt zum Glück in Tiri, um noch etwas für mich zu besorgen. Der unmögliche Alistair hatte mich natürlich gerade zu dieser Zeit aufgesucht; er mußte irgendwie abgeschoben werden. Das tat mir leid, denn in seiner Gegenwart fühle ich mich stets sicher und vergnügt. Im Umgang mit Claudia komme ich mir dumm und minderwertig vor — eben nur wie eine Landfrau und nichts weiter. In meinen Augen ist das zwar ein großes Lob, nicht so für Claudia. Doch schließlich hatte sie mich vor vielen Jahren akzeptiert, und ich hatte mich mit ihrer Gönnerhaftigkeit abgefunden und bewunderte ihr gutes Aussehen und ihre Tüchtigkeit.
Das Problem bestand darin, daß Alistair zu unvorhergesehenen Taten neigte. Ich befürchtete, er würde gerade jetzt seiner Ehemaligen eine Versöhnung vorschlagen. Später erzählte mir Tony, daß er genau das hatte tun wollen. Eine Hochzeit sei eine prima Gelegenheit, seinen guten Willen zu zeigen; außerdem gehöre es sich doch, seine frühere Frau zu besuchen und ihren jetzigen Gemahl zu beglückwünschen. »Ich sagte, daß ihr das sehr unangenehm wäre und es außerdem keinen Zweck hätte. Er solle nur bei der Party einen großen Bogen um Mutter machen. Ich glaube nicht, daß ihn das überzeugen konnte. Zum Glück fand Peter eine andere Beschäftigung für Daddy; er zeigte ihm unsere schönen Stuten. Dadurch vergaß Daddy all seine schrecklichen Pläne... Susan, du kannst dir nicht vorstellen, wie mich das aufregt, daß die beiden Stuten in einem guten Monat ihre Fohlen zur Welt bringen! Es war doch schon immer mein Traum, solche Rassepferde zu besitzen und ihre goldigen Fohlen aufzuziehen!«
Sie strahlte förmlich, und die Pferde schienen sie viel mehr zu beschäftigen als alles andere. Sie hatte von Anfang an erklärt, sie würde sich doch nicht wegen so einer dämlichen Party umbringen. Bei diesem Entschluß blieb sie auch, und Jean unterstützte sie kräftig darin. Diese war sehr darauf bedacht, Tony selbst die kleinste Mühe abzunehmen. Ich konnte den Beginn eines sehr herzlichen Verhältnisses zwischen den beiden erkennen, und wenn ich selbst beim Staubsaugen war, überlegte ich, wie gut Tony dran sei, für solche Arbeiten eine willige Helferin zu haben.
Um ihre Mutter und ihren Stiefvater bald nach deren Ankunft zu begrüßen, kam sie zu uns; sie benahm sich recht liebenswürdig, was mir sehr gefiel. Sie brachte es sogar über sich, auch von anderen Dingen als den trächtigen Stuten zu reden. Im ganzen schien sie mit Claudia besser auszukommen als je zuvor. Ich stellte fest, daß ein so großes Glück wie das ihre auch gute Umgangsformen mit sich brachte.
»Ja, Daddy ist auch da — er kam gestern«, hörte ich, wie sie das in genau dem richtigen beiläufigen Ton sagte. »Bei der Party werdet ihr ihn ja sehen. Ja, es geht ihm offenbar gut. Er ist ganz der Alte.«
Das war vermutlich in Claudias Augen ein vernichtendes Urteil. Trotzdem lief — dank unserer vereinten Anstrengungen, die Peter taktvoll unterstützte — alles gut ab. Das geschiedene Paar traf sich nur zu einer flüchtigen Begrüßung in einem Zelt. Zu dieser Zeit war ich gerade mitten in einer Unterhaltung mit Alistair. Daß Claudia hereinkam, konnte ich
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