Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
entschlossenen Tony vorn.
    Annes Haus ist bezaubernd. Es
ist nicht groß, aber der Colonel hatte seinen unabhängigen Schwiegersohn
allmählich dazu gebracht, ein paar kleine Räume anzubauen; das gab der ganzen
Wohnung mehr Freizügigkeit. Anne kam aus dem Haus, um uns zu begrüßen. Sie sah
so jung und liebreizend aus wie immer. An jeder Hand hielt sie einen der
Zwillinge. Im Hintergrund sah man den kleinen Gerald, der jede hilfreiche Hand
abgelehnt hatte, sich an Großvaters Hosenbein festhielt und so auf uns
zustapfte. Es sah entzückend aus. Anne hatte das Glück, das jeder Zwilling
einem Elternteil glich. Die kleine Elizabeth hatte das runde Gesicht und die
blauen Augen der Mutter, während Charles seinem hochgewachsenen, gutaussehenden
Vater ähnelte. Gerald, der Kleine, versprach jetzt schon eines Tages das
Ebenbild seines imponierenden Großvaters zu werden.
    »Gerade als ob Anne es darauf
angelegt hätte«, meinte Larry einmal. »Elizabeth ist süß, hat aber ein
Bubengesicht; und Charles würde ein himmellanges, charakteristisches Mädchen
abgeben. Von Gerald hingegen erwarte ich, gelegentlich einen der Ausdrücke
seines Großvaters zu hören. Sie sind einfach eine Idealfamilie. Hoffentlich
beläßt es Anne auch dabei .«
    Wie ich wußte, hatte sie die
feste Absicht, und ich fand das sehr vernünftig von ihr. Ganz abgesehen von dem
Gerede, daß man aus Patriotismus nur zwei Kinder haben sollte, gibt es
wahrhaftig genug Schwierigkeiten bei der Niederkunft, wenn der Arzt fünfzig
Kilometer weit entfernt wohnt und es wenig Aussicht auf gute Hilfe gibt. Ich
beruhigte mich bei dem Gedanken, daß schließlich Tim dafür die Verantwortung
trug und er mit dem jetzigen Stand seiner Familie zufrieden schien.
    In ihrer gewinnenden Art ging
Tony bei dem Colonel sofort zum Angriff über. Sie tat so, als sei sie sehr
müde, und sagte mit einem tiefen Seufzer, Peter habe so schrecklich viel
Arbeit, daß sie ihm an ihren Wochenenden unbedingt zur Hand gehen müsse. Der
Colonel billigte das keineswegs. »Der Platz einer Frau ist nicht draußen auf
der Farm«, sagte er streng. »Ich muß sagen, das überrascht mich an Peter .«
    »Ach, das ist nicht seine
Schuld. Er kann es nicht ausstehen, wenn ich draußen arbeite. Er denkt genau
wie Sie und findet, der Platz der Frau sei im Haus .«
    Ich blickte starr zum Fenster
hinaus. Wenn Peter so dachte, was ich allerdings bezweifelte, dann würde es für
ihn nach seiner Heirat ein herbes Erwachen geben. Ich konnte mir Tony nicht
allzulang in den vier Wänden der hübschen modernen Küche vorstellen, die seiner
Mutter Stolz und Freude gewesen war.
    Sehr diplomatisch verfolgte
Tony weiter ihr Ziel. Sie trauere den Zeiten nach, als die Löhne in der Stadt
noch nicht so hoch waren, so daß man für die Landarbeit leichter Leute bekommen
konnte. »Aber heutzutage ist das natürlich aussichtslos«, schloß sie mit einem
tiefen Aufseufzen.
    Der Colonel war anderer
Meinung. Er beschäftigte ständig drei Arbeiter auf der Farm und bezahlte sie so
gut, daß sie keine Lust hatten, in die Stadt abzuwandern. Außerdem war ja auch
noch David da. »Den kann man doch wohl als typischen Großstädter bezeichnen,
und dennoch ist er auf dem Land glücklich«, meinte er triumphierend. »Er ist
ein braver Kerl, ganz abgesehen von seinem Geschick im Umgang mit den Pferden.
Ein bißchen zu selbstbewußt ist er vielleicht, aber er weiß, wie man mit
Älteren umzugehen hat .«
    »Davon bin ich überzeugt«, gab
Tony zu. Sie vermied es dabei, mich anzusehen. Wahrscheinlich erinnerte sie
sich an Davids letzten Besuch, wo er eine Unterhaltung mit dem Colonel genau
nachgeahmt hatte, mit all den hochtrabenden Gemeinplätzen in der Redeweise des
alten Herrn und seinen ergebenen Antworten. »Ich überlege mir oft«, fuhr Tony
schmeichlerisch fort, »ob er überhaupt noch einwilligt, zu Peter zu kommen und
auf einer ganz gewöhnlichen Farm zu arbeiten, nach dem Leben, das er bei Ihnen
hatte. Aber wir haben da die beiden Mutterstuten, und ich wünsche mir immer,
David wäre da, um sie zu versorgen«, schloß sie sinnend.
    Auf einmal fiel der Groschen.
Ich hörte ihn direkt klimpern und erkannte einen schuldbewußten Ausdruck in den
Augen des Colonels. »David? Ach herrje, das hatte ich ja ganz vergessen. Als er
in unsere Gegend kam, wurde ausgemacht, daß er erst einige Zeit für mich
arbeiten und dann zu Peter gehen sollte. Der Junge gehört schon so zu uns, daß
mir das ganz entfallen war .«
    »Sicherlich ist er

Weitere Kostenlose Bücher