Fremde Schiffe
durchdrang seine Angst und ließ seine Klugheit die Oberhand gewinnen.
»Du hast also Pläne geschmiedet, für die du Gewissheit haben musst?«
»Wenn dem so wäre, würde ich sie sicher nicht mit einem einfachen Piraten besprechen. Halte dich nur an meine Anweisungen.«
Er lehnte sich zurück und fühlte sich seit einigen Tagen erstmals wieder besser. »Meine Königin, seien wir vernünftig. Wir alle sind Menschen, die auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Du möchtest Informationen. Ich soll ein großes Risiko auf mich nehmen, um sie dir zu beschaffen.«
Sie schnaubte verächtlich. »Du unternimmst bei bestem Segelwetter nur eine Reise zum Festland. Du wirst höchstens ein paar Tage im Süden unterwegs sein. Kehre in dem Augenblick zurück, in dem du von der Seuche erfährst. Wenn sie dort wütet, grassiert sie auch überall sonst.«
»Ich habe aber nur noch eine kleine Mannschaft und vielleicht fällt ein Teil der Männer der Krankheit zum Opfer, ehe wir das Festland erreichen. Vielleicht erkranke ich auch selbst.«
»Wenn das passiert, hast du keine Sorgen mehr.« Sie tat so, als müsse sie nachdenken. »Also gut. Ich besitze viel Gold. Such dir eine Belohnung aus. Aber du wirst sie erst erhalten, wenn du mit zuverlässigen Neuigkeiten zurückkehrst.«
»Ich bin bereit, mich noch länger zu gedulden.« Jetzt wurde es kritisch und sein Herz klopfte heftig vor Aufregung. Allerdings ließ die Angst vor der tödlichen Seuche alles andere weniger gefährlich erscheinen.
Sie warf ihm einen durchdringenden Blick zu. »Wie meinst du das?«
»Deine Pläne sind nicht schwer zu durchschauen, Majestät. Du willst zum Festland zurückkehren, um die verlorenen Gebiete wieder an dich zu reißen. Deshalb willst du wissen, ob sie durch die Seuche geschwächt wurden.«
»Wenn das so ist, möchtest du davon profitieren?«
»Ja, meine Königin. Eine solche Gelegenheit bietet sich nicht sehr oft.«
»Und welche Belohnung stellst du dir vor?« Sie lehnte sich in den gepolsterten Stuhl zurück und genoss das kleine Spiel aus Willenskraft und Gier.
»Wenn du wieder die ganze Welt beherrschst, stehen dir riesige Ländereien zur Verfügung, um sie unter deinen Getreuen aufzuteilen. Krieger sind nur selten gute Großgrundbesitzer. Sie sind immer unterwegs, um für ihren König neue Länder zu erobern. Wenn dir Neva gehört, teile mir eigenes Land, Sklaven und den entsprechenden Adelstitel zu.«
Sie lachte. »Das ist eine hohe Belohnung für eine kurze Reise bei bestem Wetter und wenig Informationen.«
Er breitete die Hände aus. »In meinem Leben habe ich eines gelernt: Es kommt immer auf den richtigen Zeitpunkt an. Ein paar beiläufige Worte, die zu gewöhnlichen Zeiten kaum Bedeutung haben, können zur rechten Zeit entscheidend sein.«
»Die Nachricht über eine Seuche ist weder Land noch Titel wert.«
»Wer will das beurteilen? Doch was kümmern dich und den göttergleichen Gasam solche Dinge? Die Welt ist euer Spielzeug und jemand muss sie verwalten, denn dazu habt ihr keine Lust. Außerdem sind meine Dienste damit nicht beendet. Als dein Gefolgsmann stehe ich dir lebenslänglich zur Verfügung.«
»Zweifellos.« Wieder lächelte sie. »Ich mag dich beinahe, Pirat. Leider traue ich dir noch nicht.«
Das würde sie niemals, dachte er. »Würde Majestät sich durch zusätzliche Informationen erweichen lassen, die wahrscheinlich von größtem Interesse für deine Vorbereitungen wären?«
»Vielleicht.«
Er holte tief Luft und wusste, dass es jetzt keine Umkehr mehr gab. »Dann sollst du wissen, dass Königin Shazad in diesem Augenblick die Flotte und die Armee zum Krieg rüstet. Bestimmt hat sie auch ihre ausländischen Verbündeten um Unterstützung ersucht.«
Ein berechnender Blick traf ihn. »Sie will die Inseln angreifen?«
»Ganz bestimmt. Die offizielle Geschichte lautet, dass sie sich nach Süden begibt, um Chiwa alte nevanische Häfen und Ländereien zu entreißen, aber nur ein Narr würde das glauben. Was außer diesen Inseln reizt sie? Wo liegen die Schätze der ganzen Welt gehortet? Wo sonst …« Er brach ab und ließ die gefährlichsten Worte unausgesprochen.
»Wo sonst halte ich mich auf?«, fuhr die Königin fort. »Wo sonst findet sie meinen Gemahl? Wo sonst sollte sie sich rächen?«
»Genau das wollte ich sagen, Majestät.« Er hatte seine Karten offen auf den Tisch gelegt. Jetzt blieb abzuwarten, ob ihn eine reiche Belohnung oder der Tod erwartete.
»Du hast damit lange hinter dem Berg
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