Fremde Schiffe
gehalten«, sagte sie ärgerlich. Ihr Tonfall ließ die Leibwächter Haltung annehmen und die Speere fester umfassen.
Er zuckte die Achseln und wusste, dass er sich nur um Haaresbreite vom Tod entfernt befand. »Vorher hätte ich nichts davon gehabt. Jetzt hat sich alles geändert.«
Sie schwieg geraume Zeit, während ihre schlanken Finger über die Seide strichen, die ihre Schenkel bedeckte. Dann sagte sie: »Geh. Finde alles heraus, was ich wissen muss. Wenn du mir gute Dienste leistest, bekommst du, was du begehrst.«
Er stand auf, verneigte sich und ging den Abhang zu seinem Schiff hinab. Ilas spürte den Sand unter seinen Füßen kaum. Er hatte um den höchsten Einsatz gespielt und gewonnen. Nein, nicht gewonnen, ermahnte er sich, sondern das Glück wieder auf seine Seite gebracht. Bis zu der Unterhaltung mit Königin Larissa hatte er nicht beabsichtigt, die Seiten zu wechseln. Vorher hatte er auch nichts als Einsatz anzubieten. Außerdem hatte ihn die Erkrankung der Mannschaft stark erschüttert. Als die Königin ihren Auftrag erklärte, hatte er die Gelegenheit gewittert, einen Vorteil zu erringen. Sein Leben war verwirkt, aber was machte das schon? Er hatte sich schwerster Verbrechen schuldig gemacht und konnte nur einmal hingerichtet werden.
Er sah sich nicht als Verräter. Shazad war keine bessere Königin als Larissa. Shazad hatte ihn ebenfalls benutzen wollen und nicht auf seine Treue und sein Wort vertraut, sondern auf ihre Macht, ihn zu bestrafen. So war es immer in seinem Leben gewesen. Er, ein Adliger, war die Marionette der Mächtigen. Er war genauso wenig ein Nevaner wie ein Insulaner. Seine Unterstützung gehörte den Gewinnern, und am Ende stand ihm reiche Belohnung zu. So musste es sein. Jede vornehme Familie hatte einen Ahnen, der einem Eroberer gute Dienste leistete und mit Land belohnt wurde. Danach wurde dieses Land weitervererbt, bis ein neuer Eroberer auftauchte, die alten Gesetze umstieß und das Land unter seinen Anhängern neu verteilte.
Als er den Schuppen erreichte, in dem der Rest seiner Mannschaft trübselig herumlungerte, scheuchte er die Männer hoch. »Aufstehen, ihr Faulpelze! Wir gehen auf die Reise!«
»Eine Reise?«, fragte Tagas. »Wohin?« Der Steuermann war tagelang krank gewesen und hatte hohes Fieber und Ausschlag gehabt, von dem er sich jedoch schnell wieder erholte. Anderen war es ähnlich ergangen. Außer Ilas waren nur zwei Männer von der Krankheit verschont geblieben.
»Zum Festland. Wir sind genug Leute, um das Schiff zu segeln, und es wird uns gut tun, diese Barbaren und Sterbenden zu verlassen.«
»Was ist mit unseren Kameraden?«, erkundigte sich ein Matrose.
»Man wird sich um sie kümmern«, antwortete Ilas. »Entweder erholen sie sich oder sie sterben. Im Augenblick können wir nichts für sie tun. Kommt schon, diesmal ist das Wagnis klein, die Belohnung aber groß. Keine Kämpfe, keine Überfälle, nur ein wenig Neuigkeiten erfahren.«
Sie murrten, suchten aber ihre Habe zusammen. In Wirklichkeit freuten sie sich, dass es etwas zu tun gab. Da sie hier nur herumgelegen und an den Tod gedacht hatten, waren sie von Tag zu Tag missmutiger geworden. Während sie das Schiff auf die Reise vorbereiteten, besserte sich ihre Laune zusehends. Als der Anker gelichtet wurde, herrschte eine beinahe ausgelassene Stimmung und sie sangen aus voller Kehle, als sie zum Hafenausgang ruderten. Schließlich blähte der Wind das Segel auf und das Schiff stach in See.
Königin Larissa stand auf der Veranda und sah ihm nach, ehe sie sich wieder den Männern zuwandte, die vor ihr standen.
»Oh, Graf Sachu«, sagte sie mit strahlendem Lächeln. »Es tut mir leid, dass ihr uns verlassen wollt, aber ich verstehe, dass ihr die Reise fortsetzen möchtet, um den Auftrag eurer Königin auszuführen. Ich hoffe, es hat euch bei uns gefallen?«
»Du warst zu gütig, Majestät. Ich bedauere sehr, dass ich nicht die Bekanntschaft deines Gemahls machen konnte.« Er war so höflich wie immer, aber seine Finger spielten nervös mit dem Schwertknauf. Der Anblick der Kriegerhorde mit den Kanus hatte ihn erschreckt und er wollte die Insel so schnell wie möglich verlassen.
»Dann will ich dich nicht länger aufhalten. Du hast die Briefe und Geschenke für deine Königin erhalten?«
»Sie sind sicher verstaut, Majestät. Königin Isel wird begeistert sein – wie wir alle.« Er trat von einem Bein aufs andere. »Majestät, diese Krankheit …«
Sie gab sich Mühe, besorgt auszusehen.
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