Fremde Schiffe
Königin.«
»Guten Abend, Graf Goss. Ich hoffe, du machst dich nicht über mich lustig.«
»Natürlich nicht, Majestät! Schon bei unserem ersten Treffen wusste ich, dass ich eine wahrhaft mächtige Herrscherin vor mir hatte.«
»Und jetzt, mit diesem sonderbaren Schmuck?« Sie klirrte mit den Ketten.
»Du bist auch gefesselt tausend Mal schöner als Königin Shazad in Samt und Seide. Deine jetzige Lage ist nur ein kleiner Rückschlag. Wie ich hörte, haben du und dein Gemahl, der mächtige Gasam, in der Vergangenheit mehrere Niederlagen erlitten, sich aber jedes Mal davon erholt.«
Sie lächelte. »Das haben wir. Und so wird es auch diesmal sein.«
»Vor kurzer Zeit redete Majestät mit Graf Sachu darüber.« Er sprach mit leiser, eindringlicher Stimme. »Ich hörte es zufällig. Er war sehr eigensinnig.«
»Du hast feine Ohren. Ich habe dich nirgendwo an Deck gesehen.«
»Du hast nicht nach unten gesehen, oder?« Er deutete auf ein Gitter im Boden, durch das der schwache Schein einer Kerze drang.
»Dort befindet sich die Lüftung der Kombüse, damit der Rauch des Kochfeuers entweicht. Zufällig stand ich am Herd und schaute nach oben, genau auf die Sohle deines entzückenden Fußes.«
»Wie praktisch Zufälle doch sind. Sicherlich führen dich wichtige Pflichten oft in die Kombüse. Und während du den Herd und meinen Fuß mustertest, hörtest du alles, was zwischen mir und Graf Sachu gesprochen wurde?«
»Jedes Wort. Ich hoffe, du hältst mich nicht für treulos, aber ich halte Graf Sachu für wenig unternehmungslustig.«
»Da darf ich dir nicht zustimmen. Schließlich ist er mein Gastgeber.«
»Ich dagegen bin ein Visionär. Ich bewundere tapfere Herrscher und wagemutige Menschen. Menschen wie dich und deinen Gemahl. Es wird mir eine Ehre sein, dir zu helfen, deine rechtmäßige Stellung wieder einzunehmen.«
Sie drehte sich um und lächelte. Die perfekten Zähne schimmerten im Mondlicht. »Das glaube ich dir.«
König Gasam stand auf seinen Speer gestützt im Bug der Seeschlange und betrachtete das Spektakel an Land. Die Küste war schwarz von Menschen, obwohl die Menge aufgrund der vielen Flüchtlinge weniger dicht war als erwartet. Soldaten drängten sich an der Reling der Kriegsschiffe und Frachter im Hafen. Sie warteten neugierig darauf, dass ihre Königin den Barbarenherrscher begrüßte, der seit langer Zeit ihr Erzfeind war.
Ein kleines, aber vornehmes Empfangskomitee wartete an dem Kai, der für Gasams Schiff bestimmt war. Der Hofstaat trug die steifen Zeremoniengewänder, die selbst auf einen Feldzug mitgenommen wurden, und Offiziere hatten ihre glänzenden Galauniformen angelegt. Die Diener trugen bunte Livreen. Schweigend beobachteten sie, wie das kleine Kriegsschiff zum Kai gerudert wurde. Ilas hatte neue Ruderer eingearbeitet und sie zeigten hervorragende Leistungen.
Auf ein Kommando des Steuermanns hin rissen sie die Ruder aus dem Wasser und hielten sie kerzengerade in die Luft, bis das Schiff sanft gegen die nasse Kaimauer stieß. Ein fülliger Beamter, der eine schwere Amtskette trug, trat vor.
»Willkommen, König Gasam. Willkommen, ihr Gesandten der Inseln.«
Gasam nickte einem jungen Krieger zu, der über die Laufplanke eilte und an Land sprang. Seine Speerspitze war mit einem Büschel weißer Federn geschmückt.
»Unter diesem Zeichen stelle ich mich unter den Schutz der Königin Shazad von Neva«, sagte er mit dröhnender Stimme.
»Wir versprechen dir sicheres Geleit, König Gasam«, antwortete der Beamte. »Königin Shazad hält ihren Schild über dich und die Götter Nevas stehen dir schützend zur Seite.«
»Jetzt sehen wir, ob diese Schnepfe ihre Untertanen im Griff hat«, murmelte Pendu. »Sie sehen uns an, als wollten sie unser Blut trinken.«
»Wenn nicht, haben wir wenig Zeit, uns Sorgen zu machen«, sagte Gasam gelassen. »Gehen wir an Land.«
Er schlenderte mit dem Gehabe eines Mannes über die Laufplanke, der keinerlei Sorgen hat, und baute sich vor dem Beamten auf. Der Mann musste zu ihm aufsehen. Gasam beachtete ihn nicht weiter und schaute sich um.
»Warum ist Königin Shazad nicht zu meiner Begrüßung erschienen?«
»König Gasam«, antwortete der Beamte, »es handelt sich nicht um einen Staatsbesuch, sondern um eine Gesandtschaft. Du führst deine Gesandten persönlich an, aber von einer Königin wird nicht erwartet, Botschafter bei ihrem Eintreffen zu empfangen. Man führt die Gesandten zur Königin.«
Gasam lächelte. Es sah furchterregend
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