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Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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aus. »Wie schön, dass du mich an die Pflichten eines Herrschers erinnerst. Dann lass uns zur Königin von Neva gehen.«
    »Einen Augenblick«, mischte sich ein Mann in Generalsuniform ein. »König Gasam, einige deiner Männer sind bewaffnet. Das gehört sich nicht für eine Gesandtschaft.«
    »Das sind Shasinnkrieger und sie geben ihre Waffen nur im Tod aus der Hand. Aber du musst keine Angst haben. Sie werden niemandem etwas tun, wenn ihr keinen Hinterhalt plant. Außerdem seid ihr in solcher Überzahl, dass unser Widerstand zwecklos wäre. Ihr würdet höchstens zehn eurer Männer für jeden der meinen verlieren.«
    »Für mich zwanzig«, warf Pendu ein. »Ich habe an etlichen Nachmittagen zwanzig Nevaner umgebracht und für meinen König wären es fünfzig. Er ist kein gewöhnlicher Krieger.«
    Das Gesicht des Generals lief zwischen den Wangenplatten seines Helms rot an. »Meine Befehle gestatten nicht, dass ich bewaffnete Krieger zu meiner Königin vorlasse!«
    »Meine Herren, meine Herren!«, beschwichtigte der Beamte. »Das schickt sich nicht. Ich bin sicher, die Königin berücksichtigt die Gebräuche ihrer verehrten Gäste. Lasst uns gehen.« Der General umklammerte den Schwertgriff, schwieg aber.
    Die Prozession schritt vom Hafen aus eine breite Straße entlang, die steil zu ein paar prunkvollen Gebäuden emporführte, die hoch über der Stadt aufragten. Die Menschen jenseits des Weges starrten ihnen nach. Weder Jubelrufe noch Beleidigungen wurden laut. Die Mienen der Zuschauer wirkten versonnen, als befänden sie sich in einem Traum.
    Von einem Fenster des Hauses aus, das sie als Hauptquartier beanspruchte, beobachtete Shazad das Spektakel. Sie hatte freien Blick über den Hafen und erkannte die Seeschlange sofort. Beiläufig überlegte sie, ob Ilas von Nar der Kapitän war. Wenn ja, musste sie ihn hängen. Dann fiel ihr das sichere Geleit für die Besatzung ein. Vielleicht ein anderes Mal.
    Ihr Herz klopfte schneller, als die Gruppe immer näher kam. Es war schwer zu glauben, dass diese Handvoll eingebildeter Männer die halbe Welt in Schutt und Asche gelegt hatte. Wie konnte das nur geschehen?
    »Majestät«, sagte ihre Zofe, »sie werden in Kürze hier sein. Wir müssen dich auf den Besuch des Wilden vorbereiten.«
    »Nein, er soll warten. Diesmal bin ich am längeren Hebel. Das Kleid gefällt mir nicht. Bringe das schwarze.«
    Während ihr die Frauen in das festliche Gewand halfen, versuchte Shazad, sich zu beruhigen. Sie sehnte sich danach, Gasam wieder zu sehen, aber es war schön, das Treffen ein wenig zu verzögern.
    Das Haus gehörte seit Jahrhunderten einer wohlhabenden, alteingesessenen Familie. Die Männer hatten einen erblichen Sitz im Magistrat inne und ein Stockwerk bestand fast völlig aus einem großen Saal, der für Feste oder Ratsversammlungen benutzt wurde. Er war nicht viel kleiner als der schlichtere von Shazads Thronräumen in ihrem Palast und eignete sich gut für den heutigen Empfang. Sie saß auf ihrem Thronsessel unter einem Baldachin und musterte die anwesenden Höflinge und Wachen. Mit ihrem Aussehen zufrieden, nickte sie ihrem Herold zu, der den schweren Bronzestab auf den polierten Marmorboden stieß. Umständlich öffneten zwei Wächter die doppelflügelige Tür.
    »Tretet ein, ehrenwerte Gesandte der Inseln!«, rief der Herold mit schallender Stimme.
    Shazad hielt den Atem an, als die Insulaner gemächlich hereinschlenderten, die Speere lässig über die Schulter gelegt, und sich neugierig umsahen. Außer Gasam. Er war ernst und sah nur auf Shazad, als er über den schmalen Teppich bis zu ihrem Thron schritt.
    Sie atmete weiter und zwang sich, ihn nüchtern zu betrachten. In seiner einfachen roten Hose wirkte er bedeutend beeindruckender als ihr Hofstaat in Gold und Seide. Sie sah die frisch verheilte Wunde auf seiner Brust. Das muss die Wunde von Haels Speer sein, dachte sie. Gasam war ungefähr so alt wie sie, sah aber mindestens zehn Jahre jünger aus. Das rotgoldene Haar war seit seiner Jugend kaum verblasst. Die große Narbe im Gesicht fiel bedeutend mehr auf als die wenigen kleinen Falten. Die Narbe hat er von Ansa, dachte Shazad. Anscheinend war nur eine einzige -Familie auf der ganzen Welt in der Lage, ihm Schaden zuzufügen. Für jemanden, der sein Leben dem Krieg widmete, hatte er überraschend wenige Narben. Sein Volk bemalte die Narben, um sie hervorzuheben.
    Er blieb am Fuß des Throns stehen und sie erhob sich. »Willkommen, verehrte Gesandtschaft der

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