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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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habe noch drei Fragen zu dem Tod der Bundestagsabgeordneten Schöllkopf.«
    »Ich glaube nicht, dass ich Ihnen etwas Neues erzählen kann. Alles, was ich weiß, habe ich bereits Ihren Kollegen erzählt.
     Mehrfach.«
    Sie hatte eine angenehme helle Stimme mit norddeutschem Akzent. Sie klingt wie eine Hamburger Pastorin, dachte Dengler.
    »Haben Sie den Tod der Abgeordneten festgestellt?«
    »Ja. Als ich in den Plenarsaal kam, war die Abgeordnete tot.«
    »Den Totenschein? Haben Sie den Totenschein ausgefüllt?«
    »Nein, ich denke, das haben die Kollegen drüben in der Charité gemacht.«
    »Die Leiche wurde in die Charité gebracht?«
    »Das wissen Sie doch?«
    Plötzlich ein Hauch von Misstrauen in ihrer Stimme.
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Krämer, Hauptkommissar. Ich habe zu entscheiden, ob die Akte geschlossen wird oder nicht.«
    Sie lachte kurz.
    »Schließen Sie die Akte. Wenn Frau Schöllkopf eine halbe Stunde vorher zu mir gekommen wäre, würde sie noch leben. Sie hat
     den Fehler vieler Herzinfarktpatienten gemacht: zu lange gewartet.«
    »Keine Anhaltspunkte für Fremdeinwirkungen?«
    Sie lachte noch einmal, aber es klang genervt.
    »Nein, es war ein klassischer Herzinfarkt. Manchmal erwischt es eben auch eine Bundestagsabgeordnete.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Dengler und legte auf.
    * * *
    »Charité. Guten Tag. Kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    Diesmal wurde er fünfmal verbunden, ehe er die richtige Zeugin am Apparat hatte. Eine Ärztin namens Kerstin Müller.
    »Krämer. Hauptkommissar Krämer. Ich rufe Sie noch einmal an im Fall Schöllkopf. Sie haben Frau Schöllkopf doch behandelt?«
    Die Stimme der Ärztin klang müde.
    »Behandelt ist übertrieben«, sagte sie.
    »Haben Sie den Totenschein ausgefüllt?«, fragte Dengler.
    »Ich kann Ihnen darüber keine Auskünfte am Telefon geben, das wissen Sie doch.«
    »Nun, es sind nur ein paar kurze Fragen ...«
    »Nicht am Telefon. Wenn Sie wüssten, was wir hier alles erleben.«
    Sie verabredeten sich für den nächsten Nachmittag im Krankenhaus.

[ Menü ]
    Durchbruch in einem minder schweren Fall
    Nach dem Gespräch mit der Ärztin stieg Dengler die Treppe hoch zu Olgas Wohnung und klopfte an ihre Tür. Keine Antwort. Er
     klopfte noch einmal. Etwas lauter. Wieder keine Reaktion. Er blieb stehen, hielt die Luft an und horchte, ob irgendein Lebenszeichen
     von ihr zu hören war. Nichts. Sie war nicht da. Beunruhigt ging er wieder in sein Büro. Er hatte sie seit dem seltsamen Abend
     im Basta nicht mehr gesehen.
    Er setzte den Kopfhörer auf und wählte sich in die Nebenstelle von Günther Doll. Auch heute diktierte der Anwalt Schriftstücke.
     Dengler schloss die Augen und dachte an Olga.
    Irgendwann musste er eingenickt sein, denn als er erwachte, telefonierte Doll. Offensichtlich mit einem Architekten. Sie redeten
     über Zahlen, über den geplanten Baubeginn und über Restbeträge, die die Bank finanzieren müsse. Dengler griff nach der Maus
     und drückte den Mitschneiden-Button auf dem Bildschirm-Menü. Der Rechner würde das Gespräch von nun an aufnehmen.
    Er hörte sich die Unterhaltung später dreimal hintereinander an und notierte sich die wichtigsten Fakten:
    Doll wollte einen Neubau auf dem Parkgelände der elterlichen Villa errichten. Ein Mehrfamilienhaus. Mit dem Erlös der Mieteinnahmen
     wollte er seine Geschwister auszahlen.
    Georg konnte diesen Fall also abschließen. Bericht und Rechnung schreiben. Aber er fühlte sich schwach und antriebslos. Seine
     Gedanken kehrten zu Olga zurück. Er kramte in seinem Gedächtnis, spielte den Abend im Basta noch einmal durch, konnte aber
     in seinem Verhalten ihr gegenüber keinen Anlass oder eine Ursache für ihren Rückzug finden. Warum meldete sie sich nicht?
    Er wählte ihre Handynummer. Es meldete sich die Mailbox. Er bat sie um einen Rückruf.
    Dengler öffnete ein neues Dokument und begann den Bericht an seine Auftraggeberin zu schreiben. Aber schon nach zwei Sätzen
     glitt seine Aufmerksamkeit ab, er landete wieder bei dem Abend im Basta, wiederholte in Gedanken die Szene noch einmal, noch einmal und noch einmal.

[ Menü ]
    Auf der Fahrt
    Am nächsten Morgen stand er um sechs Uhr auf, absolvierte dreißig Liegestützen, frühstückte nicht. Ein doppelter Espresso
     reichte. Die Milch in seinem Kühlschrank war in einem Schwebezustand zwischen nicht mehr frisch und noch nicht schlecht. Aber
     ohne Milch mochte er den Kaffee nun mal nicht. Also goss er nur die Hälfte des sonst üblichen

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